Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr verzögert sich weiter
Die vollständige Barrierefreiheit für Gehbehinderte im öffentlichen Verkehr verzögert sich.

In manchen Fällen wird sich die Umsetzung laut Bundesamt für Verkehr bis über das Jahr 2030 verzögern, betroffen davon sind auch grössere Bahnhöfe. Per Gesetz hätten die Umbauten bis Ende 2023 erfolgen sollen.
Per Ende 2024 schlossen die Bahnen bei weiteren 43 Bahnhöfen die baulichen Anpassungen ab und 82 Prozent der Reisenden konnten von behindertengerechten Umbauten profitieren. Das zeigt der neue Standbericht des Bundesamts für Verkehr (BAV), der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Bei rund 28 Prozent aller Bahnhöfe und Haltestellen haben die Infrastrukturbetreiber die Sanierung jedoch trotz mehrfacher Intervention des BAV auch ein Jahr nach der gesetzlichen Anpassungsfrist von Ende 2023 noch nicht umgesetzt.
In manchen Fällen werde sich die Umsetzung bis über das Jahr 2030 verzögern. Von der verspäteten Umsetzung seien auch grosse Bahnhöfe betroffen. Bei diesen stünden zeitgleich zur nötigen Anpassung an das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) sehr grosse Bahnhofsausbauprojekte an, die mit diesen koordiniert werden müssten (zum Beispiel Bern, Lenzburg, Zürich HB SZU, Wädenswil).
Ende 2024 entsprachen 1132 der rund 1800 Stationen den gesetzlichen Vorgaben und konnten damit von Personen mit Gehbeeinträchtigung autonom und spontan benutzt werden, wie das BAV weiter schrieb. Weil die grossen Bahnhöfe prioritär angepasst werden, konnten per Ende letztes Jahr 82 Prozent aller Reisenden, darunter auch Senioren und Personen mit Kinderwagen oder viel Gepäck, von den behindertengerechten Umbauten profitieren.
Von den 1132 nach Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) konformen Bahnhöfen und Haltestellen seien bei 126 noch nicht alle Nebenzugänge saniert oder kleinere Nachbesserungen stünden noch an. Für die Benutzung von zu kleinen Liften oder anderen kleineren Hindernissen können Betroffene seit Januar 2024 Hilfestellung vor Ort anfordern.
Bis Ende 2028 werden weitere 186 Bahnhöfe baulich angepasst
Bei rund 150 Bahnhöfen respektive Eisenbahn-Haltestellen (8 Prozent) sei eine bauliche Anpassung unverhältnismässig, weil unter anderem das Passagieraufkommen im Verhältnis zu den Kosten nur sehr klein sei, hiess es. Hier müssten dauerhaft Ersatzmassnahmen angeboten werden wie zum Beispiel Hilfe durch Bahnpersonal.
Gemäss aktueller Planung der Bahnen werden bis Ende 2028 weitere 186 Bahnhöfe baulich angepasst sein. Damit werde sich der Anteil der Passagiere, die grösstenteils autonom und spontan reisen können, auf 86 Prozent erhöhen. Bei 312 Bahnhöfen verzögerten sich die Anpassungen trotz wiederholter Intervention des BAV. Die Bahnen geben als Grund für die Verzögerungen unter anderem Personalmangel sowie fehlende Zeitfenster für die Bauarbeiten an.
Bis Ende 2023 waren die Bahnen verpflichtet, ihre Bahnhöfe und Eisenbahn-Haltestellen an die Vorgaben des BehiG anzupassen, sofern diese Umbauten als verhältnismässig galten. Dafür hatten sie eine 20-jährige Anpassungsfrist.
Das BAV begleite die Bahnunternehmen weiter bei der Planung und Realisierung, um die Verzögerungen bei der Umsetzung des Gesetzes möglichst gering zu halten, hiess es. Zudem hat der Bund in den Leistungsvereinbarungen zum Substanzerhalt der Bahninfrastruktur für die Jahre 2025 bis 2028 die finanziellen Mittel für die Umsetzung des BehiG aufgestockt, wie es weiter hiess.
Bei den rund 25'000 Bushaltestellen in der Schweiz liegt die BehiG-Umsetzung in der Verantwortung der Kantone und Gemeinden. Informationen zu den Haltestellen seien in den Kundeninformationssystemen des öffentlichen Verkehrs abrufbar. Im nächsten BAV-Standbericht werde auch die weitere Planung zur Umsetzung des BehiG bei den Bushaltestellen dargestellt.