So viele Lehrkräfte fehlen für das neue Schuljahr
Seit längerem herrscht in der Schweiz ein Mangel an Lehrpersonen. Nau.ch hat in mehreren Kantonen nachgefragt, wie die Situation fürs neue Schuljahr aussieht.

Das Wichtigste in Kürze
- In den ersten Kantonen beginnt das neue Schuljahr schon in fünf Wochen.
- In vielen Kantonen sind noch längst nicht alle offenen Lehrer-Stellen besetzt.
- In Bern & Zürich sind es aber deutlich weniger unbesetzte Stellen als vor einem Jahr.
Alle Jahre wieder scheinen die Schulen mit unbesetzten Stellen zu kämpfen. Denn seit längerem herrscht in der Schweiz ein Lehrkräftemangel.
Ende letzter Woche haben in den ersten Kantonen die Sommerferien begonnen. Das heisst aber auch, dass dort bereits in fünf Wochen das neue Schuljahr beginnt.
Doch haben die Schulen genügend Personal dafür? Nau.ch hat bei mehreren Deutschschweizer Kantonen nachgefragt.
«Wesentlich weniger unbesetzte Stellen» im Kanton Bern
«Aktuell sind im Kanton Bern 55 unbefristete Stellen mit Stellenantritt im August 2025 in der Volksschule ausgeschrieben. Es sind wesentlich weniger unbesetzte Stellen als vor einem Jahr». Das sagt Christoph Schelhammer, Mediensprecher der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern (BKD).
Falls Schulen Schwierigkeiten hätten, offene Stelle zu besetzen, würden ihnen verschiedene Unterstützungsmassnahmen zur Verfügung stehen. Diese seien von der BKD, den Berufsverbänden und der PH Bern gemeinsam entwickelt worden.
60 Prozent weniger offene Klassenlehrer-Stellen in Zürich
Auch im Kanton Zürich sieht die Situation im Vergleich zur Vorjahresperiode deutlich besser aus, wie Myriam Ziegler vom Volksschulamt erklärt: «Im Vergleich zum Vorjahr zum selben Zeitpunkt (8 Wochen vor Schulstart), sind 60 Prozent weniger offene Klassenlehrer-Stellen ausgeschrieben.»
Ausgeschrieben seien derzeit 36, vor einem Jahr waren es noch 88. «Und 45 Prozent weniger offene Stellen insgesamt (191 statt 344).» Im zu Ende gehenden Schuljahr 2024/25 gebe es an der Volksschule im Kanton rund 19'500 kantonale Anstellungen von Lehrpersonen und Schulleitenden.
Ziegler ergänzt: «Wir gehen davon aus, dass es mit grossem Engagement aller Beteiligten auch dieses Jahr wieder gelingen wird, dass nach den Sommerferien vor jeder Klasse eine Lehrperson steht.»
Weniger Stellen für mehr Lektionen in St. Gallen
Weniger Stellen sind eigentlich auch im Kanton St. Gallen ausgeschrieben: Laut Amtsleiter Alexander Kummer vom Bildungsdepartement waren es Ende Juni noch 33 Stellen mit 596 Lektionen, was 21,3 Vollzeitäquivalenten entspreche.
«Davon sind 20 Stellen im Bereich ‹Unterricht› zu besetzen und 13 Stellen im Bereich ‹Sonderpädagogik›.» Im Vorjahr gab es zum gleichen Zeitpunkt zwar mehr offene Stellen (40). Doch insgesamt waren diese für 438 Lektionen ausgeschrieben, was 16 Vollzeitäquivalenten entspreche.

In den vergangenen Jahren hätte sich die Situation ähnlich präsentiert. Aus dieser Erfahrung «lässt sich sagen, dass mit wenigen Ausnahmen diese Stellen noch besetzt werden. Meist handelt es sich dabei um ergänzende Pensen und nicht um Klassenlehrpersonen.»
Die Schulen würden verschiedene Massnahmen treffen. Dazu gehörten etwa der Einsatz von pensionierten Lehrpersonen oder von Studierenden der Pädagogischen Hochschule.
Zudem der Verzicht auf Klassenteilung (weniger Teamteaching oder Halbklassenunterricht), das Zusammenlegen von Klassen. Ausserdem könne man auf ergänzende Pensen oder Arbeit in grösseren Gruppen verzichten. Weitere Optionen seien auch die Reduktion von Freifächern oder das Schuljahr mit Stellvertretungslösungen beginnen.
«Gewohnte Fluktuationen» in Basel
Im Kanton Basel-Stadt ist die aktuelle Situation mit jener vor einem Jahr vergleichbar. Rebecca Küster vom Erziehungsdepartement spricht von «gewohnten Fluktuationen».
«Im Bereich Kindergarten, Primarschule und Sekundarschule sind aktuell im kantonalen Stellenportal rund 4 Stellen für Fachpersonen aus den Bereichen Sozialpädagogik, Heilpädagogik, Logopädie und Psychomotorik ausgeschrieben. Bei den Lehrpersonen sind rund 3 Stellen vakant», so Küster.
Das seien aber alles keine Vollzeitpensen, sondern zum Teil sehr niederprozentige Teilzeitanstellungen.
«Wir sind zuversichtlich, die offenen Stellen grösstenteils vor Beginn des neuen Schuljahres besetzen zu können. Dank moderner Arbeitsbedingungen und einem attraktiven Standort des Arbeitgebers Kanton Basel-Stadt gelingt es den Schulen in der Regel, offene Stellen zu besetzen.»
Deutlich mehr Stellen unter 50 Prozent in Luzern offen
Im Kanton Luzern gibt es vor allem noch offene Teilzeitstellen mit Pensen unter 50 Prozent: «Bei unserer letzten Zählung am 26. Juni waren noch 20 Lehrpersonenstellen für Pensen über 50 Prozent ausgeschrieben sowie 44 Stellen unter 50 Prozent.» Das sagt Romy Villiger, Mediensprecherin der Dienststelle Volksschulbildung.
In der Zwischenzeit könnten einige weitere Klassenlehrpersonen-Stellen besetzt worden sein. Per Ende Juni seien im Vergleich zu 2024 weniger Stellen für Pensen ab 50 Prozent offen, jedoch deutlich mehr Stellen mit Pensen unter 50 Prozent.
«Gründe dafür sind wahrscheinlich die Zunahme der Lernendenzahlen sowie viele Pensionierungen der Baby-Boomer-Jahrgänge. Womit auf das neue Schuljahr hin zusätzlich 50 Lehr- und Fachpersonen mehr als im Vorjahr benötigt werden.»
Man glaube, dass die offenen Stellen noch bis Schuljahresende besetzt werden könnten. «Auch wenn das für die Schulleitungen sehr aufwändig und herausfordernd ist. Schulleitende werden nun ihre Suche ausweiten, zum Beispiel auf das benachbarte Ausland», sagt Villiger.
Aargau: «Am meisten offene Stellen auf Primarstufe»
Das Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau verfügt laut Mediensprecherin Simone Strub Larcher über keine genauen Zahlen. Man könne lediglich die Stelleninserate auswerten und als Anhaltspunkt nehmen.
«Stand 27. Juni 2025 sind gemäss unserer Auswertung insgesamt Pensen im Umfang von 85,7 Vollzeitäquivalenten noch zu besetzen.» Im Vorjahr seien es zum selben Zeitpunkt 82.4 gewesen.
«Am meisten offene Stellen gibt es auf der Primarstufe, da diese als einzige sechs Jahre dauert und somit den grössten Bedarf hat. Die Situation ist also in etwa vergleichbar mit dem Vorjahr zum selben Zeitpunkt, aber besser als vor zwei Jahren.»

Möglicherweise sei dies eine Folge verschiedener Massnahmen, die in den vergangenen Jahren ergriffen worden seien. So etwa verschiedene Angebote an der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz mit begleitetem Berufseinstieg und Möglichkeiten für Quereinsteigende.
«Aufgrund der Tatsache, dass die Schüler-Zahlen aus demografischen Gründen fortwährend steigen, braucht es weiterhin intensive Bemühungen, um den Lehrberuf attraktiv zu gestalten. Und möglichst viele dafür zu gewinnen sowie teilqualifizierte Lehrerinnen und Lehrer zu motivieren, die notwendigen Qualifikationen nachzuholen.»
Lehrpersonen ohne Diplom werden weiter angestellt
Anstellungen von Personen ohne Lehrdiplom werden von den Kantonen nicht ausgeschlossen: «Aktuell ist die Stellenbesetzung noch in vollem Gang. Die Gemeinden setzen alles daran, um genügend qualifizierte Lehrpersonen zu engagieren», erklärt Ziegler zur Situation in Zürich.
«Personen ohne Lehrdiplom werden erst angestellt, wenn sich keine andere Lösung abzeichnet. Dies geschieht entsprechend oft sehr kurzfristig.» Der Anteil von Personen ohne Lehrdiplom werde aber im Verhältnis zu den rund 19’500 kantonal angestellten Lehrpersonen und Schulleitungen nach wie vor gering sein.
Im Kanton St. Gallen wurden Ende Juni «120 Stellen mit Lehrpersonen ohne adäquates Lehrdiplom für insgesamt 1465 Lektionen besetzt». Dies entspreche 52 Vollzeitstellen, erklärt Kummer.
«Ebenso wurden 155 Stellen mit Personen ohne gültiges Lehrdiplom für insgesamt 1567 Lektionen besetzt.» Dies entspreche knapp 55,6 Vollzeitstellen.
«Besteht ein Bedarfsüberschuss, haben die Schulen im Kanton Bern bereits seit vielen Jahren die Möglichkeit, quereinsteigende Lehrpersonen einzustellen.
Die Schulleitung vereinbart mit ihnen – wie gesetzlich vorgesehen – individuell Auflagen betreffend Nachqualifikation», sagt Schelhammer.
Villiger vom Kanton Luzern sagt dazu: «Ja, auch hier werden, wie in den letzten Jahren, Stellen mit Personen ohne Lehrdiplom für die entsprechende Funktion besetzt. Insbesondere im Bereich der integrativen Förderung beziehungsweise Sonderschulung.»