SPD-Manifest spaltet die Partei: Richtungsstreit um Russland
Teile der deutschen Sozialdemokraten fordern einen Kurswechsel im Umgang mit Russland. Die Parteispitze lehnt das sogenannte SPD-Manifest kategorisch ab.

Ein Grundsatzpapier, bekannt als SPD-Manifest, fordert eine Abkehr vom aktuellen Kurs der Partei gegenüber Russland. Über 100 SPD-nahe Personen verlangen darin neue Gespräche mit Russland und kritisieren die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Das SPD-Manifest fordert eine Rückkehr zu einer Politik der gemeinsamen Sicherheit und mehr diplomatische Anstrengungen. Die Initiatoren sehen in der aktuellen Aufrüstungspolitik eine Gefahr für den Frieden in Europa.
Die Initiatoren des SPD-Manifestes kritisieren nicht nur die Verteidigungspolitik der Bundesregierung, sondern auch den Kurs des Parteivorstands. Sie fordern eine stärkere Verknüpfung von Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Abrüstung, so die «Berliner Zeitung».
Scharfe Kritik und innerparteiliche Spannungen
Viele führende SPD-Politiker distanzieren sich jedoch scharf von dem Papier, wie die «Tagesschau» meldet. SPD-Chef Lars Klingbeil lehnt einen Kurswechsel, wie ihn die Unterzeichner fordern, entschieden ab.

Er betonte laut «Tagesschau», dass Russland für grosses Leid in der Ukraine verantwortlich sei und eine Kehrtwende ausgeschlossen sei. Verteidigungsminister Boris Pistorius warf den Verfassern Realitätsverweigerung vor und betonte, dass Putin auf keine diplomatischen Angebote eingehe.
Die SPD-Linke, darunter Ralf Stegner, verteidigt das Manifest und fordert mehr diplomatische Bemühungen. Stegner sagt laut ZDF, dass Russland militärisch nicht besiegt werden könne.
Veröffentlichung vor wichtigen Treffen
Das SPD-Manifest sorgt kurz vor dem Bundesparteitag für Unruhe in der Partei. Auch die Veröffentlichung kurz vor einem Nato-Gipfel, bei dem es auch um die Ukraine gehen soll, begeistert nicht jeden.
Beobachter sehen in dem Vorstoss ein deutliches Zeichen eines parteiinternen Machtkampfes. Die Diskussionen zeigen die tiefen Gräben zwischen den verschiedenen Flügeln der SPD.
Wollen Unterzeichner zurück in die Vergangenheit?
Die SPD pflegte in den vergangenen Jahrzehnten traditionell einen eher dialogorientierten Kurs gegenüber Russland. Die Ostpolitik von Willy Brandt setzte auf Annäherung und Entspannung.

Auch nach dem Ende des Kalten Krieges blieb der Dialog ein zentrales Element. Unter anderem der ehemalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder pflegte lange ein freundschaftliches Verhältnis mit Wladimir Putin.
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 änderte sich die Haltung der Parteiführung deutlich. Die Unterstützung der Ukraine und die Distanz zu Russland wurden zur neuen Leitlinie. Dennoch gibt es weiterhin Stimmen in der SPD, die einen Kurs der Verständigung fordern.