Gesetz

EuGH: Strittiges ungarisches NGO-Gesetz verstösst gegen grundlegende EU-Rechte

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Luxemburg,

Ungarn verstösst mit seinem NGO-Gesetz gegen EU-Recht.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Richter sehen «diskriminierende» Vorschriften - Budapest will Urteil «respektieren».

Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Das 2017 von der Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban eingeführte Gesetz legt fest, dass sich Nichtregierungsorganisationen (NGO) bei den Behörden registrieren müssen, wenn sie Auslandsspenden von mehr als 24.000 Euro im Jahr erhalten. Die Regierung in Budapest kündigte an, das Urteil zu «respektieren». Sie wolle andere Möglichkeiten finden, um die Transparenz von NGOs zu erhöhen, erklärte ein Regierungsmitlied.

Das Gesetz schreibt neben der Meldepflicht für ausländische Spenden vor, dass die Informationen von den Behörden im Internet veröffentlicht werden und sich betroffene Organisationen in ihrer Selbstdarstellung als «aus dem Ausland unterstützt» beschreiben müssen. Zudem müssen sie die Namen der Spender veröffentlichen. Bei Verstössen drohen Sanktionen bis hin zur Auflösung. Nach Auffassung des EuGH verstossen diese Vorgaben allerdings gegen die Rechte auf freien Kapitalverkehr in der EU, Vereinigungsfreiheit sowie Privatsphäre und Datenschutz.

Die Melde- und Offenlegungsverpflichtungen des Gesetzes stellten eine «diskriminierende beschränkende Massnahme» im Kapitalverkehr dar und seien geeignet, «ein Klima des Misstrauens» gegenüber den betroffenen Organisationen zu schaffen, hiess es in der Begründung des höchsten EU-Gerichts. Diese führten zur «Ungleichbehandlung» bei Kapitalbewegungen aus dem In- und Ausland, ohne dass dies dabei durch einen «objektiven Unterschied» zu begründen wäre.

Der EuGH erklärte weiter, die ungarische Regierung habe in dem Verfahren nicht darlegen können, dass die von ihr verhängten Massnahmen durch die in EU-Verträgen vorgesehen Ausnahmeregeln gedeckt seien. Diese liessen Transparenzvorschriften bei konkreten Gefahren durchaus zu, so etwa im Kampf gegen Terrorfinanzierung.

Das strittige Gesetz beruhe aber «auf einer grundsätzlichen und pauschalen Vermutung, dass jede ausländische Finanzierung von Organisationen der Zivilgesellschaft ihrem Wesen nach verdächtig ist», urteilten die Richter. Die Vorgaben der Regierung seien mit EU-Recht nicht vereinbar. Das gelte umso mehr, als das Recht auf Vereinigungsfreiheit «eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft» sei. Dazu kämen Verstösse gegen grundlegende Rechte zum Schutz der Privatsphäre.

Budapest erklärte, die Entscheidung des Gerichtshofes zu respektieren - wie es das in der Vergangenheit immer getan hätte. «Die Regierung muss das Urteil noch im Detail prüfen», sagte Regierungsminister Gergely Gulyas ungarischen Medien. Es sei jedoch ermutigend, dass «das Gericht dem Ziel der Regierung zustimmte, die Transparenz von NGOs zu erhöhen», sagte Gulyas weiter. Demnach müssten «nur die Instrumente geändert werden, mit denen dies erreicht werden soll».

Ein Bündnis von mehr als 200 ungarischen Nichtregierungsorganisationen begrüsste das Urteil als «sehr wichtig für die gesamte ungarische Gesellschaft». Die Regierung versuche seit Jahren, NGOs zu ruinieren, hiess es in einer Erklärung. Das Bündnis forderte die Regierung auf, das Gesetz aufzuheben.

Das Gesetz war das erste von zwei heftig umstrittenen ungarischen NGO-Gesetzen, mit denen die Regierung unter Orban die Kontrolle über Organisationen verschärfte, die Geldspenden aus dem Ausland erhalten. Die EU-Kommission reichte wegen des Gesetzes vor rund zwei Jahren eine Vertragsverletzungsklage beim EuGH ein. Die ungarische Regierung hatte das Verfahren dem Gericht zufolge als unzulässig abgelehnt und darin unter anderem argumentiert, die EU-Kommission habe keine Beweise für praktische Auswirkungen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer «sehr klaren Botschaft an die ungarische Regierung». Diese müsse nun «jeden Versuch der Stigmatisierung und Diskreditierung kritischer zivilgesellschaftlicher Organisationen unterbinden», erklärte der Direktor der ungarischen Amnesty-Sektion David Vig in Berlin.

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