Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat Städte und Landkreise zu einem konsequenten Vorgehen gegenüber Protesten gegen Corona-Massnahmen in Form von unangemeldeten Versammlungen und sogenannten Spaziergängen aufgefordert.
Corona-Demonstranten und Polizei in Frankfurt am Main
Corona-Demonstranten und Polizei in Frankfurt am Main - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Herrmann: Kommunen haben rechtliche Möglichkeiten für Verbot von Protesten.

«Inzwischen herrscht Klarheit, dass Behörden und Polizei sich durch spitzfindige Leute, die eine Demonstration kurzerhand als 'Spaziergang' deklarieren, nicht auf der Nase herumtanzen lassen müssen», sagte der neue Vorsitzende der Innenministerkonferenz der «Augsburger Allgemeinen» vom Mittwoch. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigte sich besorgt angesichts der wachsenden Zahl sogenannter Spaziergänge.

«Eine Demonstration ist kein Spaziergang», betonte Herrmann. Der Umgang mit unangemeldeten Versammlungen sei ein komplexes juristisches Feld. «Genau deshalb haben wir den Kommunen auch Handlungsanweisungen zur Verfügung gestellt», sagte Herrmann. «Sie müssen es jedenfalls nicht dulden, wenn sogenannte Querdenker mit 'Spaziergängen' anstelle angezeigter Versammlungen versuchen, sich dem Versammlungsrecht zu entziehen», sagte der Minister.

Wenn die Kommunen aus Erfahrung wüssten, dass bestimmte Veranstalter gegen geltendes Recht verstossen, könne auch eine nicht angezeigte Versammlung verboten werden. Dies sei aber nicht grundlos möglich. «Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts kann eine nicht angezeigte Versammlung nicht per se verboten und vor allem nicht einfach aufgelöst werden», erklärte der Minister.

Allerdings könnten Behörden auch hier klare Vorgaben machen: «Die betroffene Stadt kann zum Beispiel anordnen, dass auf einem bestimmten Platz oder auf bestimmten Strassen nicht demonstriert werden oder dass nur eine begrenzte Zahl von Menschen teilnehmen darf oder dass Abstände eingehalten werden und Masken getragen werden müssen», sagte Herrmann der «Augsburger Allgemeinen».

Für die Polizei stelle sich zudem die Frage, wie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleistet werden könne. «Die Behörden müssen bei Versammlungen auch darauf achten, dass die Vorschriften zum Infektionsschutz wie das Abstandsgebot oder die im Einzelfall angeordnete Maskenpflicht eingehalten werden», betonte Herrmann.

Es handle sich um «zwei Seiten derselben Medaille». Der rechtliche Rahmen einer Versammlung müsse respektiert werden ? von der Polizei im Hinblick auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und von den Teilnehmern im Hinblick auf die Vorschriften, die für die jeweilige Versammlung gelten.

Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Herrmann, dass Gewalttaten in jedweder Form bei Corona-Protesten «völlig inakzeptabel» seien und «mit aller Konsequenz durch die Polizei verfolgt» würden. Klar sei: Wer sich an die infektionsschutzrechtlichen und versammlungsrechtlichen Vorgaben halte, könne «uneingeschränkt» demonstrieren. «Wer dagegen verstösst, muss mit Konsequenzen rechnen.»

Reul sagte der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung», in Nordrhein-Westfalen sei seit einigen Wochen zu beobachten, «dass die Zahl der Corona-Demos und die der Demonstranten zunimmt». Neu sei, «dass häufig mehr Menschen teilnehmen, als die Organisatoren vorher angeben». «Immer mehr Demos passieren unangemeldet und werden verharmlosend als Spaziergänge deklariert», sagte Reul.

Zwar verliefen die meisten Proteste in seinem Land bisher noch friedlich, aber die Radikalisierung nehme zu, und die Stimmung werde aggressiver. «Polizei und Verfassungsschutz sind daher hellwach und beobachten die Entwicklung aufmerksam», sagte Reul. Zur Wahrheit gehöre «aber auch, dass die Versammlungsfreiheit ein hohes Schutzgut ist».

Der SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler forderte ein abgestimmtes Vorgehen der Länder im Fall von unangemeldeten Demonstrationen von Coronaleugnern. Die Innenministerkonferenz (IMK) müsse sich zeitnah mit dem Thema befassen, sagte der Bundestagsabgeordnete am Mittwoch dem Sender Phoenix. Die Konferenz müsse deutlich machen, dass «hier konsequent und einheitlich vorgegangen wird».

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