Heute Samstag geht in Chur die Delegiertenversammlung der SVP über die Bühne. Unter anderem wurden Parolen für die Abstimmungen vom 15. Mai gefasst.
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Abstimmung an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, am Samstag, 9. April 2022, in der Stadthalle in Chur. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die SVP lehnt die Änderung des Transplatationsgesetzes deutlich ab.
  • Ebenfalls klar wurde zur Frontex-Vorlage eine Ja-Parole gefasst.
  • Keine einzige Stimme erhielt «Lex Netflix».
  • Des Weiteren hat die Partei eine Resolution zur Neutralität verabschiedet.

Die Delegierten der SVP haben heute Samstag in Chur ihre Parole zur bevorstehenden Abstimmung über die Änderung des Transplatationsgesetzes gefasst. Mit 248 Nein zu 72 Ja-Stimmen und 12 Enthaltungen fiel der Entscheid sehr deutlich aus.

Die Änderung des Transplantationgesetzes sieht vor, dass künftig jede Person automatisch zum Organspender, wenn sie sich nicht zu Lebzeiten schriftlich dagegen entschieden hat oder die Hinterbliebenen es ablehnen.

SVP
Parteipräsident Marco Chiesa mit den Bundesräten Ueli Maurer und Guy Parmelin, von links, an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz. - keystone

Dies mache unsere Körper zu einem Selbstbedienungsladen für Organe, sagte Nationalrätin Verena Herzog (TG) vor den Delegierten. Während der Diskussion kamen auch Gegenstimmen aus der Partei. Nationalrat Franz Grüter (LU) erzählte von seiner Tochter, die längerfristig auf ein Spenderherz angewiesen sein könnte und appellierte an seine Parteikollegen, die Vorlage anzunehmen.

Schliesslich entschieden sich die Delegierten deutlich für eine Nein-Parole. Es sei utopisch zu glauben, dass alle Bürgerinnen und Bürger wüssten, dass sie hätten widersprechen müssen, ihre Organe zu spenden, so Herzog.

Ja-Parole zur Frontex-Vorlage

Nach langen Diskussionen haben sich die Delegierten zu einem Ja zur Frontex-Vorlage durchgerungen. Bundesrat Ueli Maurer weibelte für die Übernahme der EU-Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache: «Es geht um unsere Sicherheit».

Maurer machte klar, dass ein Nein zu dieser Vorlage einen Ausschluss aus Schengen/Dublin bedeute. Dies würde mit sich bringen, dass die Schweiz auch aus dem Sicherheitsverbund SIS ausgeschlossen würde. SIS sei heute das wichtigste Fahndungssystem, um Kriminelle aufzuspüren. Die Schweizer Behörden würden täglich 300'000 Abfragen darin tätigen.

Ueli Maurer
Bundesrat Ueli Maurer spricht über die Frontex-Verordnung. - keystone

Die Delegierten folgten mit 204 Ja zu 104 Nein Stimmen und vier Enthaltungen schliesslich den Pro-Argumenten, den Schutz der Schengen-Aussengrenzen mit Frontex zu stärken.

Zuvor hatten diverse Delegierte in Wortmeldungen dafür gekämpft, die Vorlage abzulehnen und das Geld für den Ausbau von Frontex besser für den Schutz der Schweizer Grenze einzusetzen.

Deutlich höhere Kosten

Die EU rüstet seit 2016 die Grenz- und Küstenwache Frontex mit mehr Personal und technischer Ausrüstung auf. An diesem Ausbau muss sich auch die Schweiz beteiligen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt.

Der finanzielle Beitrag der Schweiz steigt dabei von ursprünglich 14 Millionen Franken pro Jahr auf rund 61 Millionen Franken pro Jahr bis 2027. Zudem soll die Schweiz Frontex auch mehr Personal zur Verfügung stellen.

Frontex
Die Schweiz arbeitet seit 2011 mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex zusammen. (Symbolbild) - dpa

Für die Befürworter steht fest: Frontex ist wichtig für die Kontrolle der Aussengrenzen und die Sicherheit im Schengen-Raum. Das liege auch im Interesse der Schweiz. Mit ihrer Teilnahme an Frontex übernehme sie Verantwortung und gestalte mit. Bei einem Nein riskiere die Schweiz ihren Ausschluss aus Schengen/Dublin, warnt der Bundesrat - es sei denn, die EU-Staaten und die EU-Kommission kommen der Schweiz entgegen.

Eine Allianz von Basiskollektiven, linken Organisationen, Parteien und Kirchen warnt vor dem höheren Beitrag an Frontex. Sie befürchten, dass mit dem zusätzlichen Geld die europäischen Aussengrenzen noch stärker abgeschottet und europaweit Sonderflüge für Zwangsausschaffungen beschleunigt würden. Frontex spiele eine zentrale Rolle bei der «Entwürdigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen», halten sie fest.

SVP sagt Nein zu «Lex Netflix»

Die Delegierten haben zudem die Nein-Parole zur Änderung des Filmgesetzes gefasst. Mit 271 Nein-Stimmen zu einer Enthaltung fiel der Entscheid sehr deutlich aus.

Der Referent und Leiter des Referendumskomitees Samuel Hasler überzeugte die Anwesenden davon, dass bei einem Nein die Komsumentinnen und Konsumenten selber entscheiden könnten, welche Filme sie sehen möchten. Ausserdem wolle man mit der Änderung des Filmgesetzes nur Brüssel gefallen.

SVP verabschiedet Resolution zur Neutralität

Des Weiteren verabschiedet die SVP eine Resolution zur Neutralität. Sie fordert darin, dass der Bundesrat die bewaffnete Neutralität wahre und die guten Dienste der Schweiz allen Kriegsparteien anbiete.

303 Delegierte stimmten für die Resolution, bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Sie verlangen vom Bundesrat, Russland und der Ukraine aktiv die Guten Dienste anzubieten und dabei die Schweiz als Verhandlungsort vorzuschlagen. Alle diplomatischen Möglichkeiten sollen dabei ausgeschöpft werden.

Weiter soll die bewaffnete Neutralität konsequent gewahrt und dafür die Verteidigungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Ausserdem geht es der SVP darum, dass die Schweiz keinen Beitritt zur Nato oder zur gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU anstreben soll.

Applaus für Köppel

Vor der Verabschiedung erhielt Nationalrat Roger Köppel (ZH) Standing Ovations, tosenden Applaus und Zurufe für sein Referat zur Neutralität. Er sagte, dass der Bundesrat mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland die Neutralität aufgegeben habe.

Roger Köppel
Nationalrat Roger Köppel spricht über die Resolution zur Neutralität an der Delegiertenversammlung der SVP. - keystone

Die SVP sei die einzige Partei, die sich strikt für die Wahrung der Schweizer Neutralität einsetze und alle Kriegsparteien gleich behandle. «Wir stehen auf der Seite der Schweiz», sagte Köppel.

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