Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP, ruft auf Twitter dazu auf, bei der Sabotage russischer Internetseiten mitzumachen. Der Haken: Diese Attacken sind illegal.
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SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ruft zur Sabotage von Internetseiten der russischen Regierung auf. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Ukraine-Krieg fordert täglich neue Todesopfer, Millionen Menschen müssen flüchten.
  • SP-Co-Präsident Cédric Wermuth will nicht tatenlos zusehen müssen.
  • Auf Twitter ruft er nun zu einem strafbaren Cyber-Angriff auf.

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine beherrscht das Thema die sozialen Medien. Millionen Menschen wollen sich über die neueste Entwicklung informieren, ihre Gefühle teilen oder sich mit den Opfern solidarisieren.

Da kann einem schon mal das Gefühl der Hilflosigkeit überwältigen. Oder in den Worten des SP-Co-Präsidenten Cédric Wermuth: «Als Einzelperson fühlt man sich oft ohnmächtig gegenüber dem Horror des Kriegs.»

Doch er sorgt auch gleich für Abhilfe: «Es gibt Dinge, die man tun kann. Zum Beispiel mithelfen die kremelsche Desinformation zu sabotieren. Link anklicken, zuschauen», schreibt Wermuth weiter.

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Cédric Wermuth teilt auf Twitter Link zur Sabotage russischer Seiten. (Link von Nau.ch unkenntlich gemacht, da DDoS-Attacken strafbar sind) - Twitter

Auf Anfrage präzisiert Wermuth seine Beweggründe. «Wie viele Menschen fühle ich mich angesichts des Angriffskriegs von Putin auf die Menschen in der Ukraine hilflos und ohnmächtig. Ich bin mit einem ukrainischen Freund in Kontakt. Er und seine Familie müssen mehrmals täglich im Bunker Schutz suchen vor Luftangriffen.»

«Ich bin überzeugt, dass wir die Verbreitung von Kriegslügen zusammen verhindern müssen. Es gehört zum wenigen, was wir tun können», so Wermuth weiter.

Behörde für Cybersicherheit: «DDoS-Angriff ist strafbar»

Auch wenn eine gute Absicht dahinter stecken mag, ist das angepriesene Hilfsmittel hierzulande illegal. Wer nämlich den Link anklickt, hilft – häufig wohl ahnungslos – bei einer sogenannten DDoS-Attacke mit. Auf der aufgerufenen Internetseite wird ein Skript ausgeführt, das russische Seiten mit Anfragen überladen und sie so zum Absturz bringen soll.

«In der Schweiz ist ein DDoS-Angriff als das Unbrauchbarmachen von Daten und Datenbeschädigung nach Art. 144bis StGB strafbar», schreibt das Nationale Zentrum für Cybersicherheit NCSC auf Anfrage. In diesem Artikel steht unter anderem auch: Wer solche Programme anpreist oder sonst wie zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Martin Steiger
Rechtsanwalt Martin Steiger bei einer Pressekonferenz. - Keystone

«Es handelt sich um die sogenannte Computervirus-Strafnorm. Ob der Tweet von Herrn Wermuth den Straftatbestand erfüllt, müsste eine Staatsanwaltschaft und allenfalls ein Gericht entscheiden», erklärt Martin Steiger, Anwalt und Experte für Recht im digitalen Raum.

Anwalt rät von Aufruf der Webseite ab

«Ja, ich habe in einem Tweet dazu aufgerufen, die Propagandaoffensive des Kremls zu stören und seine Fakenews-Webseiten lahm zu legen», sagt Cédric Wermuth dazu. «Ich weiss nicht, ob das strafbar ist, das müssen Juristinnen und Juristen beurteilen.»

Cédric Wermuth
Cédric Wermuth spricht im Nationalrat (Archivbild).
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Anonymous hat Russland den Cyber-Krieg erklärt. (Symbolbild)

Anwalt Steiger jedenfalls rät davon ab, dem Weblink zu folgen oder den Tweet zu teilen. «Das gilt allein deshalb schon, weil man nicht sinnvoll beurteilen kann, ob die verlinkte Website vertrauenswürdig ist. Wenn man Pech hat, protestiert man nicht gegen die russische Invasion der Ukraine, sondern beteiligt sich beispielsweise an Bitcoin-Mining.»

Politische Dimension grösser als rechtlicher Aspekt

Doch Steiger relativiert: «Ich sehe im Tweet eher eine Prüfungsaufgabe für fortgeschrittene Studentinnen und Studenten als einen Fall, für den staatliche Ressourcen eingesetzt werden sollten. Bei einer solchen Prüfung würde ich erwarten, dass in den Antworten unter anderem die politische Dimension der ganzen Angelegenheit diskutiert würde.»

Damit wird auch die Problematik auf politischer Ebene ersichtlich. Hier ruft ein gewählter Parlamentarier und Präsident einer Bundesratspartei dazu auf, die Regierungsseiten Russlands anzugreifen. Zeitgleich bemüht sich der Bundesrat und Nationalräte, die Neutralität der Schweiz zu verteidigen, trotz Übernahme der EU-Sanktionen.

Was halten Sie von Wermuths Aufruf, russische Webseiten lahmzulegen?

Problematisch sind diese Attacken auch auf anderen Ebenen. Denn die Sabotage zielt zwar auf Desinformation – trifft aber nicht nur diese. Auch auf russischen Regierungsseiten finden Menschen allerlei wichtige Information, die im Extremfall Leben retten kann. Ausserdem zielen die Attacken auch auf Gasunternehmen und Banken – darunter leiden nicht zuletzt auch Zivilisten.

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