Bundesrat

Hitze in Städten: Gibt Bundesrat Rösti den Klimaseniorinnen recht?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Bundesrat Rösti bestätigt: Klimawandel kann die Gesundheit gefährden. Das sei aber nur die halbe Miete, finden die Klimaseniorinnen.

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Bundesrat Albert Rösti im Nau.ch-Interview auf dem Moléson zu den US-Zöllen, den Klimafolgen und was das für die Städte heisst. - Nau.ch/Matthias Bärlocher

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrat Rösti bezeichnet die Hitze in Städten als grösstes Klima-Problem.
  • Dies habe gesundheitliche Gefahren für die ältere Bevölkerung zur Folge.
  • Die Klimaseniorinnen hören aufmerksam zu. Gibt es etwa ein Entgegenkommen?

Nicht etwa die mal austrocknende, mal überschwemmte Landwirtschaft ist Umweltminister Albert Röstis grösste Klimasorge. Auch nicht die bereits geschehenen und noch kommenden Bergstürze wie in Blatten VS oder Bondo GR. Oder die im Winter fehlenden Niederschläge in Stauseen und auf Skipisten. Nein.

«Die grösste Veränderung, die grösste Auswirkung, hat eigentlich die Hitzeentwicklung in den Städten», sagt Albert Rösti im kürzlichen Nau.ch-Interview. «Das kann gerade für ältere Leute vom Kreislauf her problematisch sein.» Der SVP-Bundesrat proklamiert hier nicht etwa seine eigenen Lebensweisheiten. Sondern er zitiert aus dem neusten Bericht des Bundesamts für Umwelt zu den wichtigsten Klimarisiken für die Schweiz.

Der Bundesrat als Klima-Aktivist?

Der Klimawandel, der älteren Leuten gesundheitlich zu schaffen macht – war da nicht mal was? Genau, die Klage der Klimaseniorinnen. Diese führte zu einem umstrittenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Schweiz.

Pia Holenstein Klimaseniorinnen
Pia Holenstein ist im Vorstand der Klimaseniorinnen. - Screenshot piahollenstein.ch

Ist das jetzt eine 180°-Kehrtwende im Bundeshaus? Pia Holenstein vom Vorstand der Klimaseniorinnen mag nicht daran glauben: «Zu schön, um wahr zu sein, dass der Bundesrat den Klimaseniorinnen recht gibt.» Beziehungsweise das Urteil akzeptiere und die nötigen Folgerungen ableite.

Greenpeace: «Die Schweiz tut etwas»

Denn die Klage der Klimaseniorinnen beim EGMR betraf ja nicht alleine die Gefahr für die Gesundheit. Sondern dass die Schweiz etwas dagegen tun müsse, weil sie sonst eine Menschenrechtsverletzung begehe.

Das weiss auch Bundesrat Albert Rösti: «Wir sind aufgefordert, die nötigen Anpassungsmassnahmen zu machen», hält er klipp und klar fest. Nämlich: «Dass man insbesondere mehr Grünflächen macht, Bäume pflanzt, Parkanlagen hat, nicht riesige Plätze, die verbetoniert sind.»

Münsterplatz
Grüne Insel in der Stadt: Der Berner Künstler Heinrich Gartentor begrünte letztes Jahr für einige Wochen den Zürcher Münsterplatz. Und kam damit der optimalen Kühlungsmöglichkeit gegen Hitze - sda - Keystone/WALTER BIERI

Das ist ja immerhin ein Zugeständnis des Umweltministers. Ihm folgt sogleich dasjenige des Klimaexperten Georg Klingler von Greenpeace: «Die Schweiz tut etwas, einverstanden.» Aber eben nicht genug.

Insbesondere aus Sicht von älteren Frauen habe der Bundesrat die Vorgaben nicht erfüllt, betont Pia Holenstein: «Mit dem, was Bundesrat und Parlament zu tun gedenken, wird die übermässige Betroffenheit während Hitzewellen nicht gelöst.» Denn, rechnet Klingler vor, die Schweiz müsse genug tun, um die Klimaerwärmung auf maximal 1,5°C zu beschränken. Wenn alle Länder wie die Schweiz handelten, käme man aber auf drei Grad.

Wenig Lob und viel Kritik für Albert Rösti

Nicht, dass Bundesrat Rösti etwa falsch läge. «Wenn man die Stadtbegrünung herausgreift: Das ist etwas sehr Gutes und wichtig für die Linderung der unerträglichen Hitze in den Städten», attestiert Klimaexperte Klingler. Nur geschehe selbst diese Anpassung viel zu langsam und unentschlossen.

Georg Klingler Greenpeace
Georg Klingler ist Klima-Experte bei Greenpeace Schweiz. - Screenshot greenpeace.ch

Kommt dazu: Anpassung – also Symptombekämpfung – behebt noch nicht die Ursachen. «Es nützt wenig, die Stadt zu begrünen, wenn gleichzeitig die Emissionen des Autoverkehrs hoch bleiben», klagt darum Klingler. Diesbezüglich gibt es keine guten Noten für Albert Rösti, Stichwort Tempo-30-Beschränkungen.

«Weiss man seit Jahrzehnten»

Der Bundesrat ist also doch nicht auf die Linie der Klimaseniorinnen eingeschwenkt. Deren Klage am EGMR und das Urteil gegen den Bundesrat sehen die älteren Damen darum weiterhin als berechtigt an.

Denn, gibt die Anwältin der Klimaseniorinnen, Cordelia Bähr, zu bedenken: Das ist alles nicht wirklich neu.

Cordelia Bähr Klimaseniorinnen EGMR
Cordelia Bähr, Anwältin der Klimaseniorinnen, reagiert im Gerichtssaal während der Anhörung vor der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), am 29. März 2023, - keystone

«Dass es immer mehr und immer stärkere Hitzewellen geben wird, und dass es dabei zu zahlreichen Todesfällen kommen wird: Das weiss man seit Jahrzehnten.» Nämlich spätestens seit dem Hitzesommer 2003.

«Die Schweiz hat hier zu wenig getan», hält Bähr fest. Dies gelte sowohl hinsichtlich Anpassungsmassnahmen als auch bei den Klimaschutzbemühungen.

Bundesrat bestätigt EGMR-Urteil – teilweise

«Der Bundesrat verhält sich widersprüchlich», findet Greenpeace-Experte Georg Klingler. Denn einerseits zeigten die Bundes-Analysen, dass der Klimawandel drastische Folgen für die Bevölkerung habe. «Insofern bestätigt er das Urteil des EGMR», so Klingler.

Sollte mehr gegen den Klimawandel getan werden?

Andererseits aber eben auch nicht: «Anderseits ist er nicht bereit, den Klimaschutz entsprechend dem EGMR-Urteil zum Schutz der Menschenrechte zu verstärken.» Für Klingler nimmt der Bundesrat so seine Vorbildfunktion nicht wahr und macht sich gegenüber der Bevölkerung unglaubwürdig.

So illustrieren für Klimaseniorin Holenstein die Aussagen von Bundesrat Rösti viel eher, warum der EGMR die Schweiz zurecht verurteilte: Weil er zu wenig tue, um die Gesundheit der älteren Bevölkerung zu schützen. Die Ursachen und das Ausmass der Klimaerwärmung müsse man global beachten. «Diese sind so enorm, dass etwas weniger Zubetonieren keine Klimakatastrophe verhindert.»

Kommentare

User #2883 (nicht angemeldet)

Das ist doch Quatsch! Da wird mit Modellzahlen eine Gefährdung herbei geredet um Dinge durchzubringen die demokratisch nicht zu erreichen sind. Eine Erwärmung würde sowieso eine Verbesserung bringen da an kälte mehr Menschen sterben als an Hitze.

Tackle

Schon die Umfrage ist eindeutig die Schweiz kann das Klima nicht ändern, daran kann auch die UNO nicht ändern. Das Klima wird von der Sonne bestimmt.

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