Kinder, Jugendliche und Menschen mit psychischen Problemen sollen versicherungstechnisch bessergestellt werden. Das Parlament verabschiedete im Sommer die IV-Revision. Am Freitag hat der Bundesrat die Umsetzungsbestimmungen in die Vernehmlassung geschickt.
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Die Bundeskanzlei ist die älteste Bundesbehörde der Schweiz und fungiert als Stabsstelle des Bundesrats. Sie wurde 1803 gegründet, also 45 Jahre vor dem Bundesstaat. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen sollen 2022 in Kraft gesetzt werden, wie die Landesregierung mitteilte.
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Die Vernehmlassung zu den Ausführungsbestimmungen dauert demnach bis zum 19. März 2021.

Mit dem revidierten Gesetz über die Invalidenversicherung (IV) wird für Rentnerinnen und Rentner mit einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 69 Prozent ein stufenloses Rentensystem eingeführt. Das neue System soll dazu führen, dass sich Arbeit für IV-Bezüger in jedem Fall lohnt. Mit dem heutigen System ist das wegen Schwelleneffekten nicht immer der Fall. Eine Vollrente wird wie heute ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent zugesprochen.

Neu kommt es für die Rentenhöhe auf jedes Prozent IV-Grad an, wie der Bundesrat schreibt. Um die Rechtssicherheit und Einheitlichkeit zu erhöhen, würden die wichtigsten Grundsätze zur Bemessung des Invaliditätsgrades neu auf Verordnungs- statt auf Weisungsstufe geregelt. Die Regeln stellen laut dem Bundesrat Teilerwerbstätige, Niedrigqualifizierte sowie Personen mit Geburts- und Frühinvalidität besser.

Ein weiterer Fokus der Reform liegt auf Jugendlichen und psychisch Kranken. Die Zahl der Neurenten in der IV ist nach den letzten Reformen gesunken. Bei Jugendlichen und psychisch Kranken konnten die Ziele aber noch nicht erreicht werden. Daher soll nun früher eingegriffen werden, um die Betroffenen besser zu begleiten.

Im Zentrum stehe eine intensivere Unterstützung der Betroffenen, um der Invalidisierung vorzubeugen und die Eingliederung zu verstärken, schreibt der Bundesrat. Unter anderem intensiviere die IV dazu die Zusammenarbeit insbesondere mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie den Arbeitgebenden als beteiligten Akteuren.

Die Liste der Geburtsgebrechen wird aktualisiert. Leiden, die heute einfach respektive mit geringem Aufwand behandelt werden können, werden künftig von der Krankenversicherung übernommen. Umgekehrt werden Leiden aufgenommen, namentlich seltene Krankheiten, deren Behandlungskosten neu durch die IV getragen werden.

Bei anerkannten Geburtsgebrechen übernimmt die IV auch die Kosten für Arzneimittel. Die von der IV vergüteten Arzneimittel werden, nachdem die versicherte Person das 20. Altersjahr vollendet hat, im gleichen Umfang von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen.

Neue Regeln gelten auch für Gutachten. So sollen Interviews in Form von Tonaufnahmen zu den Akten aufgenommen werden. Ziel sind bessere Grundlagen für beide Seiten bei Streitigkeiten.

Zudem sollen neu auch die bidisziplinären Gutachten nur noch an zugelassene Gutachterstellen und nach dem Zufallsprinzip vergeben werden, was heute nur für die polydisziplinären Begutachtungen gilt. Um die Qualität der Begutachtungen zu sichern, wird eine unabhängige, ausserparlamentarische Kommission geschaffen.

Mehrere dieser Massnahmen entsprechen den Empfehlungen des im Oktober 2020 veröffentlichten Expertenberichts zur medizinischen Begutachtung in der Invalidenversicherung.

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