Die Menschenrechtsorganisation Amnesty Schweiz kritisiert die Asyl-Forderungen der SVP als billige Polemik. Sie seien ein Verstoss gegen das Völkerrecht.
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Amnesty Sprecher Beat Gerber kritisiert das Asyl-Positionspapier der SVP scharf. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die SVP will die Asylverfahren ins Ausland auslagern.
  • Amnesty Schweiz spricht von billiger Polemik im Wahljahr auf Kosten der Schutzsuchenden.
  • Mit der Auslagerung der Verfahren seien schwere Menschenrechtsverletzungen garantiert.

Die SVP startet das Wahljahr 2023 mit einem neuen Parteiprogramm. Zwar haben es auch neue Punkte wie etwa der Kampf gegen die «Gender- und Woke-Kultur» oder die Energiesicherheit in das neue Papier geschafft. Doch hauptsächlich bedient die «Sünneli-Partei» auch in diesem Jahr ihr Kernthema: die Migrations- und Asylpolitik.

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Die SVP stellt in Bern ein neues Positionspapier zur Migrationspolitik vor am 31. Januar 2023. Für die Volkspartei steht fest: «Die derzeitige Migrationspolitik der Schweiz ist ein Fiasko.» - Keystone

Lösungen gegen ihr Ausländer-Problem sucht die SVP im Ausland. Analog zu den Plänen in Grossbritannien, Dänemark und Österreich soll die Schweiz die Asylverfahren ins Ausland verlagern. Ausserdem sollen alle Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung ausgeschafft werden – «ohne Wenn und Aber».

Amnesty: Forderung der SVP verstösst gegen das Völkerrecht

Beat Gerber von Amnesty International reagiert entsetzt auf das Positionspapier: «Die Vorschläge sind haarsträubend und eine billige Polemik auf dem Rücken von Asylsuchenden im Wahljahr. Menschen kategorisch das Recht zu verweigern, Asyl zu beantragen, verstösst gegen Völkerrecht.» Das Non-Refoulement-Gebot verbietet die Auslieferung, Ausweisung oder Rückschiebung einer Person in ein Land, in dem ihr schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Beat Gerber Amnesty Schweiz
Beat Gerber, Sprecher von Amnesty Schweiz - zvg

Die SVP argumentiert in ihrem Positionspapier, die Auslagerung der Asylverfahren sei auch im Sinne der Schutzsuchenden. Die Hilfe vor Ort würde die gefährlichen Reisen verhindern und so den Menschenhandel und das Schlepperwesen unterbinden. Ein Argument, das Gerber so nicht gelten lässt: «‹Hilfe vor Ort› anstelle von Asylverfahren ist in Ländern wie Afghanistan oder Eritrea eine Illusion, wo die Menschen vor Gewalt und Unterdrückung fliehen.»

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Die Unterkünfte im Flüchtlingslager auf der Pazifikinsel Nauru. - dpa

Die kollektive Ausschaffung von Schutzsuchenden und Auslagerung der Asylverfahren ist für Amnesty eine Garantie für schwere Menschenrechtsverletzungen. Die Beispiele aus Libyen sowie Australien und Nauru zeigten exemplarisch, wohin die Abschottung führe. Tausende von Menschen auf der Flucht würden grundlegender Rechte beraubt und seien in Haftlagern unmenschlicher Behandlung oder Folter ausgesetzt.

Nicht «nur Wirtschaftsmigranten» in der Schweiz

«Kriegsvertriebene und Flüchtlinge bleiben oft in ihrem Heimatland oder in einem benachbarten Land. Wirtschaftsmigranten dagegen durchqueren oft ganze Kontinente», lautet ein weiteres Argument der SVP.

Was halten Sie von der SVP-Forderung, Asylverfahren ins Ausland auszulagern?

«Die Schutzquote von ca. 60 Prozent für Asylsuchende in der Schweiz zeigt genau das Gegenteil», widerspricht Amnesty-Sprecher Beat Gerber. «Trotz der vergleichsweise restriktiven Schweizer Asylpolitik hat eine Mehrheit der Menschen, die in der Schweiz ein Asylgesuch stellen, Anrecht auf Schutz.»

Die Reisen der Schutzsuchenden liessen sich mit der Abschaffung der Asylverfahren nicht unterbinden. Die rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht würden dann versuchen, über illegale Wege in Länder wie die Schweiz zu kommen. Dann müssten sie hier untertauchen. Dadurch liefen sie grosse Gefahr, misshandelt und ausgenutzt zu werden.

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Flüchtlinge aus Afrika rufen auf dem Mittelmeer in einem Boot um Hilfe. - dpa

Amnesty International setzt sich dafür ein, dass sichere Fluchtrouten für Schutzsuchende geschaffen werden. So müssten die Menschen die gefährliche Reise nicht auf sich und wären nicht auf Schlepper angewiesen sind. «Gerade die SVP sträubt sich aber gegen eine Wiederaufnahme des Botschaftsasyls, das genau dies ermöglichen würde», kritisiert Gerber.

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