Das Ticket gibt's am Automaten, das Popcorn zahlt man an Self-Checkout-Kassen. Grosse Kinos setzen vermehrt auf Automatisierung. Die kleineren wollen das nicht.
Kino Self-Checkout Kasse Automatisiert
Das Popcorn kaufen sich die Kinogäste im Pathé Westside am Self-Checkout. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Grosse Kinos setzen immer mehr auf Automatisierung.
  • So kauft man sich das Popcorn etwa an der Self-Checkout-Kasse.
  • Für kleinere Kinos kommt das nicht infrage, zu wichtig sei der «Mensch-zu-Mensch-Kontakt».
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«Ich fühlte mich ein bisschen wie an der Coop-Kasse ...» Nau.ch-Leser Marco F.* staunt nicht schlecht, als er sich letzte Woche den Film «Wonka» im Berner «Pathé Westside» anschauen will.

Die Kasse, die einmal beim Eingang stand, wurde durch Automaten ersetzt. Das Film-Billet gibt es jetzt zum Selber-Ausdrucken.

«Das ist schon praktisch, weil man nicht lange anstehen musste. Aber ich habe es jeweils genossen, wenn ich unentschlossen war. Und mir bei der Kino-Expertin an der Kasse noch einen entscheidenden Tipp abholen konnte ...», erzählt Marco.

Kino
Tickets werden im Pathé Westside in Bern jetzt via Automaten gelöst – die «blue»-Kinos setzen auf das gleiche Konzept.
Kino Self-Checkout Kasse Automatisiert
Wer das Ticket gelöst hat, kann ...
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... dann den «Checkpoint» passieren, wo es zum Popcorn geht.
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Die Kassen sind auch beim Popcorn oft nicht bedient, das Personal steht zur Unterstützung aber bereit.
Kino Self-Checkout Kasse Automatisiert
Das Popcorn kaufen sich die Kinogäste im Pathé Westside am Self-Checkout.

Doch nicht nur die Kassen haben sich verändert. Auch beim Popcorn ist das Personal verschwunden. «Ob gross, mittel oder klein – das Popcorn wird nun an Self-Checkouts gekauft.»

Grosse Kinos schwören auf Self-Checkouts: Kunden «gelangen schneller an Snacks und Tickets»

Pathé setzt erst seit ein paar Wochen auf die neuen Ticket-Automaten. Die Self-Checkouts gibt es schon länger, heisst es auf Anfrage. «Sie sind dazu da, den Kinobesuch zu erleichtern. Und helfen, schneller an Tickets und Snacks zu gelangen», heisst es auf Anfrage.

Zusätzlich habe man aber noch eine Kasse an der alten Ticketbox und später am Checkpoint. «Unser Personal ist dafür da, Kunden bei Unannehmlichkeiten und Fragen Hilfe zu stehen und bei Buchung und Einkauf zu unterstützen.»

Kino Self-Checkout Coop
Die grossen Kinos setzen neuerdings auf Supermarkt-ähnliche Konzepte beim Popcorn-Verkaufen. - Keystone

Nicht nur Pathé setzt auf den Automatisierungsprozess, bei grossen Kinos geht die Entwicklung klar in diese Richtung. Schon vor eineinhalb Jahren haben die «blue»-Kinos ein neues Ticketingsystem eingeführt. Auch Self-Checkouts gehören zum Alltag.

Man sei zufrieden mit dem System – dem «Coop-Konzept», wie es Nau.ch-Leser Marco nennt. «Die Resonanz ist durchwegs positiv.» Zudem würden die Automaten und Self-Checkouts das Personal entlasten, versichert Olivia Willi.

Kino «Quinnie» setzt auf «Mensch-zu-Mensch-Kontakt» und «frisches Popcorn»

In kleineren Kinos setzt man weiterhin auf Personal. Man habe einen Versuch mit Ticket-Automaten gemacht. Aber schnell wieder aufgehört, sagt Lejla Potur von der Geschäftsführung vom Berner Kino «Quinnie».

«Zurzeit geht es uns darum, dass wir wohl im Vergleich zu Pathé nicht die gleichen Geschäftspraktiken oder Kundenbeziehungen verfolgen. Für uns ist der Mensch-zu-Mensch-Kontakt immer noch wichtig.»

Self-Checkout-Kassen im Kino: Was halten Sie davon?

Ähnlich, wie es sich auch Nau.ch-Leser Marco wünschte, sei es bei «Quinnie»: «Viele Kunden schätzen es sehr, wenn sie mit unserem Kinopersonal ein kurzes Gespräch über einen Film führen. Oder aber auch ein Feedback danach geben können. Wir haben viele Stammkunden, die sich über Filme als Kulturgut gerne mit anderen unterhalten.»

So etwa, wie man es auch in einem Museum bei einem Gemälde tun würde.

Kleinere Kinos halten an «Urvorstellung» fest

Potur fügt hinzu, dass man heute vielerorts Menschen durch Maschinen ersetzen könnte.

«Die Frage ist hier, ob man das überhaupt will. Wir produzieren auch immer noch frisches Popcorn und setzen auf den Geruch von Popcorn im Foyer. Wir halten an gewissen Traditionen und in gewissem Masse auch an der Urvorstellung eines Kinos fest.» Für Neuheiten, wie zum Beispiel 4K-Projektoren, sei man aber stets offen.

Die Mitarbeitenden wähle man hier nicht nach Lebenslauf aus, sondern nach Leidenschaft und Loyalität. «Wir schreiben keine Inserate in Zeitungen und im Internet aus, sondern nur auf unseren Leinwänden, Foyers und Social-Media-Plattformen. Bei uns wird man sozusagen vom Kunden zum Teammitglied.»

Stadt-Land-Graben bei den Kinos

Auch Res Kessler, Geschäftsführer vom Zürcher Neugasskino (Riffraff, Bourbaki, Houdini) stellt klar: «In unseren Kinos sind weder Self-Checkouts noch Ticket-Automaten geplant. Wir sind überzeugt, dass die persönliche Bedienung vor Ort von unserer Kundschaft gewünscht und geschätzt wird.»

Der Schweizerische Kino-Verband fasst zusammen: «Ein Kino auf dem Land wird wahrscheinlich der Meinung sein, dass ein persönlicher Kontakt zu den Kunden wichtig ist. Ein Multiplexkino wie Pathé Westside setzt vielleicht lieber auf andere Stärken, die einer anderen Kundschaft wichtig ist», so Cédric Bourquard.

*Name geändert

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