Erste Schweizer Grosskonzerne legen Lohn in Jobinserat offen
Ab 2026 sind Lohnbänder in der EU Pflicht – und Schweizer Konzerne müssen nachziehen. Einige machen schon heute mit, andere mauern noch.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU führt eine Lohntransparenzpflicht ein.
- Ab Mitte 2026 müssen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden ihre Löhne offenlegen.
- Die neue Regelung betrifft auch Schweizer Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland.
Über den eigenen Lohn sprechen und offenlegen, wie viel man verdient: «Lieber nicht», so die Antwort vieler Schweizer. Diskussionen über das eigene Gehalt sind privat — und werden äusserst vertraulich behandelt.
Anders sieht es bald in der EU aus. Ab Mitte 2026 müssen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden ihre Lohnspannen offenlegen, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Später soll die Pflicht auch für Betriebe ab 100 Beschäftigten greifen.
Die EU etabliert damit ein neues Transparenz-System. Das hat auch Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen, die im Ausland Niederlassungen haben.
Transparenzpflicht vorerst nur in der EU
In der Schweiz nennen bisher nur wenige Betriebe die Gehaltsspannen in Stelleninseraten. Gesetzlich vorgeschrieben ist seit 2020 lediglich eine regelmässige Lohngleichheitsanalyse, eine Offenlegungspflicht gibt es nicht.
Schrittmacher der Transparenz-Bewegung ist die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft Swiss Re. Der Konzern hatte die neue Regelung bereits 2024 an sämtlichen EU-Standorten umgesetzt. Dieses Jahr sollen nun auch noch die Standorte in der Schweiz und ausserhalb der EU folgen.
Auch die Pharmakonzerne Roche und Novartis wollen das Lohnband künftig transparent teilen. Novartis hatte sich bereits 2023 dazu verpflichtet, die neue Transparenzpflicht global bis 2027 einzuführen.
Nestlé zieht ebenfalls mit, so ein Sprecher gegenüber dem «Tagesanzeiger». Man wolle nebst den EU-Vorgaben auch Schweizer Optionen prüfen. Auch die SBB und Die Post, veröffentlichen bereits seit geraumer Zeit konkrete Lohnbänder.
Andere Unternehmen halten sich noch zurück. Sie wollen sich auf die Pflicht im EU-Raum beschränken, Pläne für die Lohntransparenz im Schweizer Stellenmarkt seien nicht vorgesehen.
Swisscom wiederum hat ein Pilotprojekt zur Lohntransparenz wieder eingestellt. Der Konzern befürchtet, dass sich Kandidaten wegen der Gehaltsangaben gar nicht erst bewerben. Zudem könnten weite Lohnbänder zu unrealistischen Erwartungen führen.
Kritiker befürchten einen Wettbewerb
Kritische Stimmen warnen vor unerwünschten Nebenwirkungen. Am oberen Ende des Lohnbandes könne man einfach Fantasiezahlen verwenden, heisst es aus dem Umfeld der Zurich-Versicherung gegenüber dem «Tagesanzeiger».
Breite Lohnbänder könnten die Erwartungen der Bewerber nach oben treiben oder in einem Wettbewerb enden. Zugleich steigt der Druck, weil Löhne international vergleichbarer werden.
Befürworter sehen in der Transparenz einen Weg, das Vertrauen zu stärken und Ungleichheiten abzubauen. Auch Bewerber profitierten von der Offenlegung und Klarheit.
Für Schweizer Konzerne gilt künftig: Wer international tätig ist, wird an mehr Offenheit kaum vorbeikommen. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Lohntransparenz auch hierzulande früher oder später Schule macht.