Nach dem Lockdown aufgrund des Coronavirus kehrt die Schweiz zur Normalität zurück: Ab 11. Mai öffnen Restaurants und Läden wieder. Wie gross wird der Ansturm?
Coronavirus
Ein Mann betritt ein Genfer Restaurant wenige Tage vor dem Lockdown Mitte März. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 11. Mai dürfen Restaurants, Museen oder Fitnessstudios wieder öffnen.
  • Ein Wirtschaftsexperte glaubt: Nach einem kurzen Anfangsboom kehrt wieder Ruhe ein.
  • Die Leute seien «völlig verängstigt».

Bei einer Pressekonferenz zum Coronavirus vergangenen Mittwoch informierte der Bundesrat über die anstehenden Lockerungen zum Lockdown. Konkret: Am 11. Mai dürfen unter anderem Läden, Restaurants, Märkte, Museen und Bibliotheken wieder öffnen.

Führt die aufgestaute Konsumlust von Herr und Frau Schweizer jetzt also zu einem massiven Run auf die Geschäfte und Gastrobetriebe? Das lasse sich so nicht sagen, erklärt Reiner Eichenberger, Wirtschaftsprofessor an der Universität Freiburg gegenüber Nau.ch. Denn viele seien auch «völlig verängstigt» wegen des Coronavirus und dem drohenden Wirtschaftseinbruch mit hoher Arbeitslosigkeit.

Geringer Andrang – weil Shopping kein Spass macht?

Eichenberger meint: «Es macht wenig Spass, zum Coiffeur mit Maske zu gehen und kaum mit ihm sprechen zu dürfen.» Vielerorts würden ausserdem Warteschlangen drohen, weil die Zwangsmassnahmen die Kapazitäten der Geschäfte minderten. «Kurz: Heute bietet Konsum weniger Vor- und mehr Nachteile als noch im Februar. Deshalb wirds nach einem kleinen Anfangsboom wohl nicht gut laufen.»

Bern
Leute stehen Ende März Schlange vor einer Gelateria in Zürich. Lange Wartezeiten könnten den Konsumenten die Lust auf Shopping verderben. - Keystone

Ins gleiche Horn bläst Marc Höglinger, Versorgungsforscher an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

«Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es am Anfang einen erhöhten Andrang geben. Es besteht ja ein gewisser Nachholbedarf», sagt er zu Nau.ch. Dann, so glaubt er ebenfalls, wird sich der Ansturm wieder legen.

«Auch wenn wir nun die Lockerung des Lockdowns haben – Normalzustand ist anders, die Gefahr der Coronavirus Pandemie besteht weiter. Das wissen auch die Leute.»

«Die Alten sind vielleicht cooler als die Jungen»

Wirtschaftsexperte Eichenberger ist sicher: Im Verhalten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen werden sich Unterschiede abzeichnen – etwa bei den Generationen. «Es könnte Überraschungen geben. Die Alten sind vielleicht cooler als die Jungen.»

Bei der Wiedereröffnung der Bau- und Gartenzentren vergangenen Montag wurde jedenfalls deutlich: Auch die Senioren haben genug vom Zuhause-Bleiben. Bilder zeigten ältere Menschen, die schon vor der Laden-Öffnung Schlange standen – ohne Schutzmasken.

Landi coronavirus
Vor einer Landi-Filiale in Laupen BE stehen auffällig viele Senioren in der Schlange. - Leser-Reporter

Im Gegensatz zu Eichenberger erwartet Höglinger, dass die Jüngeren schneller wieder in den Alltag zurückfinden werden. Denn: «Sie sind weniger persönlich gefährdet durch das Coronavirus. Zudem gehen sie entsprechend ein geringeres Risiko für sich selbst ein, wenn sie nun wieder aktiver sind», so der Versorgungsforscher.

Besonders drängen aber diejenigen, die die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise am meisten zu spüren bekommen, auf eine Rückkehr zur Normalität. Höglinger sagt: «Für Selbständige und Angestellte in stark betroffenen Branchen wie der Gastronomie schaut die Kosten-Nutzen-Rechnung des Lockdowns anders aus als für Leute, die relativ unbeschadet ihrer Arbeit im Homeoffice nachgehen können.»

Genesene des Coronavirus wollen sich nicht mehr einschränken

Eine weitere Dynamik könnten die Genesenen einbringen, glaubt Eichenberger. Denn: «Die Immunen dürften bald nicht mehr bereit sein, Beschränkungen auf sich zu nehmen», so der Wirtschaftsprofessor.

digitalisierung
Die Bundesräte Guy Parmelin, Simonetta Sommaruga und Alain Berset (v. links nach rechts) bei einer Pressekonferenz zum Coronavirus. Wirtschaftsexperte Reiner Eichenberger wünscht sich vom Bund eine transparentere Kommunikation. Für nach der Coronakrise sieht Hans Stöckli auch Verbesserungspotenzial bei der Ditigalisierung der Parlamentsarbeit. - Keystone

Ob sich das bewahrheitet – besonders längerfristig – ist fraglich. Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass eine Immunität nur ein bis zwei Jahre lang anhält.

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