Coronavirus: Chaos in Indien betrifft auch die Schweiz

Miguel Pereiro
Miguel Pereiro

Bern,

Das Coronavirus stürzt Indien ins Chaos, die Regierung hat nun die Ausfuhr von Impfstoffen und Medikamenten eingeschränkt. Auch die Schweiz könnte es treffen.

Indien Coronavirus
Indische Wissenschaftlerinnen in einem Labor des Forschungs- und Entwicklungszentrums von Natco Pharma Ltd. in Hyderabad, Indien. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die dramatische Corona-Lage in Indien könnte auch Auswirkungen auf die Schweiz haben.
  • In Indien werden Medikamente für die ganze Welt hergestellt – auch für die Schweiz.
  • Bei Covid-relevanten Medikamenten ist die Versorgung für die nächsten drei Monate sicher.

Indien versinkt im Corona-Chaos: Der rapide Anstieg an Patienten sorgt für Überlastungen im Gesundheitssystem. Es mangelt an Personal, Sauerstoff und nicht zuletzt an Impfstoffen.

Dass ausgerechnet Indiens Impfkampagne nur schleppend vorankommt, ist jedoch paradox. Denn das Land sieht sich selbst wegen seiner Medikamentenproduktion als «Apotheke der Welt». Und auch die grösste Impfstoff-Fabrik steht in Indien.

Besonders ausgeprägt ist die Produktion von Generika und günstiger Arzneimittel ohne Patentschutz. 70 Prozent aller Generika stammen von dem Subkontinent.

Indien behält Impfstoffe und Medikamente zurück

Daraus resultiert, dass Millionen Menschen rund um den Globus auf diese Wirkstoffe angewiesen sind. Die Lieferketten sind aber ins Stocken geraten. Die indische Regierung hat bereits Ausfuhrverbote für Impfstoffe und Medikamente ausgesprochen.

Seit April gelte für Impfstoffe gegen das Coronavirus ein generelles Exportverbot, berichtet «Die Welt». Davon betroffen waren vor allem afrikanische Länder, die von der UN-Initiative Covax profitieren, aber auch Grossbritannien.

Coronavirus
Indiens Premierminister Modi wird gegen Corona geimpft - PIB/AFP

Doch für den Einbruch der Impfstoff-Exporte sei die USA massgeblich mitverantwortlich. Denn die Grundstoffe für Indiens Produktion stammten aus den Staaten. Und Washington habe wegen Eigenbedarfs die Ausfuhr eingeschränkt. Die indische Produktion von AstraZeneca könne deshalb die Kapazitäten gar nicht ausschöpfen.

Versorgung von Corona-relevanten Medis für drei Monate gesichert

In Indien werden neben Impfstoffen auch Wirkstoffe und Medikamente für zahlreiche Länder rund um den Globus hergestellt. Auch die Schweiz ist massgeblich von Lieferungen aus Indien – und China – abhängig.

Bereits bei Ausbruch des Coronavirus wurde die Abhängigkeit der Schweiz deutlich, als hierzulande Medikamente wie das Schmerzmittel Paracetamol knapp wurden. Der Bundesrat reagierte auf Hamsterkäufe mit einer Rationierung der Präparate.

Auf Hinblick auf die Corona-Pandemie gibt das zuständige Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) vorerst Entwarnung: «Die Versorgung mit Covid-relevanten Arzneimitteln ist für mindestens drei Monate sichergestellt.»

Medikamente
Die Pandemie des Coronavirus könnte zum Risiko für die ausreichende Lieferung von Medikamenten und Impfstoffen werden. - dpa-infocom GmbH

Ob es aufgrund von Produktionsproblemen in Indien zu Engpässen bei anderen Wirkstoffen kommen kann, könne derzeit nicht beurteilt werden. «Aktuell sind keine Produktionsprobleme bekannt», so das BWL weiter.

Der Schweizer Apothekerverband Pharmasuisse beruhigt hinsichtlich der Corona-Impfstoffe. «Covid-19-Impfstoffe haben aktuell die höchste Priorität. Diese werden auch nicht in Indien produziert», so eine Sprecherin des Verbands. Entsprechend sei nicht davon auszugehen, dass die Lage in Indien Auswirkungen auf die Verfügbarkeit in der Schweiz haben wird.

Lieferengpässe bei Arzneimittel bereits vor Coronavirus ein Problem

Wie sich der Ausbruch des Coronavirus in Indien allerdings bei den übrigen Arzneimitteln auswirken könne, sei derzeit nur schwierig abzuschätzen. Viele Wirkstoffe und Medikamente werden tatsächlich in Indien produziert. Dass die derzeitige Situation in Indien die Versorgungssicherheit in der Schweiz direkt gefährdet, wäre allerdings spekulativ.

Coronavirus
Ein Kunde wird von einer Angestellter einer Apotheke beraten. (Symbolbild) - Pharmasuisse

«Dennoch scheint es sinnvoll, heutige Lieferketten von Medikamenten ganz grundsätzlich zu überdenken.» Wie aus Zahlen von Pharmasuisse hervorgeht, haben nämlich Lieferengpässe bei Arzneimittel bereits vor der Pandemie «in beunruhigender Weise zugenommen».

Zwischen 2016 und 2019 hat sich die Zahl der Medikamente, die von Engpässen betroffen waren, verdoppelt.

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