Das Contact Tracing wegen des Coronavirus gerät zunehmend an seine Grenzen. Infizierte warten tagelang auf Kontaktaufnahme. Der Kanton Bern rechtfertigt sich.
Der Berner Daniel Berger zeigt Schritt für Schritt, wie er das Kantonsarztamt zu erreichen versucht. - Facebook/@dyle.nizer

Das Wichtigste in Kürze

  • Contact Tracer in der Schweiz gelangen zunehmend an ihre Grenzen.
  • Infizierte und Kontaktpersonen warten teils tagelang auf Kontaktaufnahme.
  • Ein Berner zeigt in einem Video, wie er verzweifelt den Kantonsarzt zu erreichen versucht.
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Das Contact-Tracing-Chaos ist perfekt. Corona-Erkrankte aus der ganzen Schweiz beschweren sich, sie müssten tagelang auf ihren Covid-Code warten. Indirekt Betroffene, also solche, die mit einer infizierten Person Kontakt hatten, warten ebenfalls vergebens.

Ein Berner hat nun auf Facebook ein Video seines «Leidenswegs» veröffentlicht. Dort erklärt er schrittweise, wie er versucht, das Kantonsarztamt zu erreichen. Und das ohne Erfolg.

«Eigentlich sollte mich wegen des Coronavirus der Kantonsarzt kontaktieren», beginnt Daniel die Erzählung. Denn er wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Einen entsprechenden Anruf habe er aber noch nicht erhalten.

Coronavirus: Sieben Telefonnummern durchprobiert – ohne Erfolg

Deshalb habe er versucht, das Amt von sich aus zu erreichen. Pustekuchen! Es folgt eine schier endlose Odyssee verschiedener Telefonaten mit diversen Nummern.

Bei der ersten Nummer – derjenigen, die auf Telsearch zu finden ist – kommt die automatische Antwort: «Die Combox ist voll. Rufen Sie später nochmals an.»

Auch bei der zweiten Telefonnummer bleibt er erfolglos. Die Nummer sei nicht mehr in Betrieb, so der automatische Anrufbeantworter. Bei der dritten Nummer scheint ausserhalb der Bürozeiten niemand erreichbar zu sein.

Die sechste Anlaufstelle schliesslich, die Corona-Hotline des Kantons Bern, ist besetzt. Erst im Archiv auf der Website des Kantonsarztamtes wird Daniel fündig. Über diverse Umwege und nach einem Kampf durch einen Dschungel von Medienmitteilungen. Hier findet er schliesslich die Nummer, die «ausserhalb der Bürozeiten auf die Pikett Nummer» geht.

contact tracing Coronavirus
Eine Angestellte eines Contact-Tracing-Teams führt wegen des Coronavirus Telefonate durch. (Symbolbild) - Keystone

Daniels Beispiel ist nur eines von vielen mit dem Coronavirus Infizierten. Auch die «Berner Zeitung» berichtet heute von diversen Fällen. Der Titel: «Berner Virusdetektive verlieren den Überblick».

Denn: Gemäss der Zeitung wisse die Gesundheitsdirektion nicht einmal mehr, wie viele Personen in Quarantäne seien. Die Kapazitäten, jeden Infizierten zu kontaktieren, würden schon lange nicht mehr ausreichen.

Kontaktaufnahme in Zukunft per Mail oder SMS?

Zurzeit laufe deshalb eine Umstellung der Kontaktaufnahme des Tracing-Teams. So sollen in Zukunft Corona-Positive nur noch per Mail oder SMS kontaktiert werden.

Bestätigt wird dies gegenüber Nau.ch so nicht.

«Die Teams werden im Rahmen des Möglichen so schnell als möglich aufgestockt.» Das sagt Catherine Arber, Sprecherin der Staatskanzlei des Kantons Bern. Die Anrufzeiten würden überprüft und allenfalls weiter ausgebaut.

SwissCovid
Die Schweizer Contact-Tracing-App SwissCovid auf einem Smartphone. - Keystone

«Bei der spezifischen Nummer für Fragen zum Contact Tracing nehmen Mitarbeitende zwischen 8 und mindestens 21 Uhr Anrufe entgegen.» Die Nummer werde zwar durch mehrere Personen betreut. Aber: «Da aber sehr viele Anrufe ein- und ausgehen, ist das Durchkommen häufig schwierig.» So verteidigt sie den Kanton zum Video von Daniel.

Prinzipiell sei der Pikettdienst an 365 Tagen während 24 Stunden erreichbar. «Fragen zu Isolation und Quarantäne müssen aber durch das Contact Tracing beantwortet werden», sagt Arber.

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