Grosse Schere zwischen Arm und Reich belastet auch psychisch
Laut einer Studie wirkt sich zunehmende soziale Ungleichheit nicht nur finanziell, sondern auch psychisch und auf das Sinnempfinden vieler Menschen aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Die grosse Schere zwischen Arm und Reich hat laut Studie auch psychische Auswirkungen.
- Somit ist die wirtschaftliche Ungleichheit nicht nur die Frage der sozialen Gerechtigkeit.
- Die Forschenden warnen, dass die Verschleierung der Ungleichheiten keine Lösung ist.
In vielen Ländern geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander: Einer Studie zufolge belastet grosse ökonomische Ungleichheit viele Menschen nicht nur im Portemonnaie, sondern auch psychisch.
Die Wahrnehmung grosser wirtschaftlicher Unterschiede hänge nicht nur mit Zufriedenheit. Sondern sogar auch mit dem empfundenen Sinn und gar Spiritualität zusammen. Das schreibt ein Team der spanischen Universität Salamanca im Fachjournal «Social Psychological and Personality Science».
In der Arbeit wurde nicht das konkrete Ausmass an wirtschaftlicher Ungleichheit im jeweiligen Land in Betrachtung gezogen. Sondern die jeweils empfundene Ungleichheit. Dies hebt die Gruppe um Ángel Sánchez-Rodríguez als Besonderheit hervor.
Die Studie helfe zu verstehen, dass die grosse Ungleichheit in vielen Ländern nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit sei. Sondern auch ein drängendes Problem mit Blick auf den psychischen Zustand von Gesellschaften.
«Je mehr wirtschaftliche Ungleichheit die Menschen um sich herum wahrnehmen, desto geringer ist ihr allgemeines Wohlbefinden.» So fasst Sánchez-Rodríguez das Ergebnis zusammen, für das er mit seinem Team Daten aus 71 Ländern sammelte und auswertete. Je stärker die wahrgenommene Ungleichheit, desto grösser sei die Lücke zwischen dem Wunschzustand und der Realität.
Die Lösung: Ungleichheiten nicht verschleiern
Die Forschenden warnen davor, dass die Lösung nicht sein dürfe, Ungleichheiten nur zu verschleiern. «Es wäre ein grosses Missverständnis anzunehmen, dass es eine wirksame Strategie sei, nur die Wahrnehmbarkeit von Ungleichheit zu verringern. Statt das Problem selbst zu adressieren», betont Sánchez-Rodríguez. Teilweise zeigten sich Unterschiede zwischen reicheren und ärmeren Ländern.
Gerade mit Blick auf die Spiritualität mutmassen die Forschenden, dass diese teils auch genutzt werde. Und zwar, um Belastungen – wie etwa wahrgenommene Ungerechtigkeiten – abzufedern. Einem Anfang des Jahres von der Entwicklungsorganisation Oxfam veröffentlichten Bericht zufolge wächst weltweit das Vermögen der Superreichen immer schneller.
Demnach gibt es auf der Welt inzwischen fast 2800 Milliardärinnen und Milliardäre: Allein im vergangenen Jahr kamen mehr als 200 neu dazu. Gleichzeitig stagniere die Zahl der Menschen, die unter erweiterten Armutsgrenze der Weltbank lebten. Und die Zahl hungernder Menschen steige, heisst es im Bericht.
Diesem liegen Daten aus verschiedenen Quellen zugrunde: So führt Oxfam etwa Forbes-Schätzungen zum Vermögen von Milliardären mit Daten der Weltbank und solchen aus dem UBS-Weltvermögensreport zusammen.