Ein Gendefekt bei Männern könnte sie anfälliger für einen schweren Krankheitsverlauf des Coronavirus machen. So kann es auch Junge hart treffen.
Pflegepersonal Coronavirus
Pflegepersonal kümmert sich in einem Spital um einen Patienten, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Junge Männer können hart vom Coronavirus betroffen sein.
  • Ein Gendefekt soll gemäss Wissenschaftlern eine verzögerte Immunsystemreaktion bewirken.
  • Die Erkenntnisse könnten bei zukünftigen Behandlungen von jungen Patienten hilfreich sein.

Zwei Brüder-Paare aus den Niederlanden teilen ein tragisches Schicksal. Die jungen Männer erkrankten schwer am Coronavirus, einer verstarb sogar im Alter von 29 Jahren. Ungewohnt, denn eigentlich sieht man schwere Krankheitsverläufe vorwiegend bei älteren Menschen.

Niederlande Corona
Der Bruder des verstorbenen 29-Jährigen mit seiner Familie. Auch er lag wegen des Coronavirus im Koma. - Twitter/Screenshot

Auch gesunde, junge Menschen ohne Vorerkrankungen können eine schwere Erkrankung durchmachen. Solche Fälle sind selten, bleiben aber besorgniserregend, besonders weil schwer Erkrankte die Folgen des Virus noch lange zu spüren bekommen.

Immunsystemreaktion auf Coronavirus verzögert

In der frühen Phase einer viralen Erkrankung spielt das Immunsystem eine Schlüsselrolle. Je früher unser sogenanntes angeborenes Immunsystem den Körper alarmiert, desto milder der Verlauf der Krankheit. Die Botenstoffe, die dies zum Auftrag haben, nennt man Interferone.

Studien zeigen, dass Corona-infizierte Personen mit einem schwachen Krankheitsverlauf am Anfang ihrer Erkrankung «deutliche Interferon-Signale» aufzeigten. Das sagt Jakob Nilsson, leitender Arzt für Immunologie am Universitätsspital Zürich, in den Tamedia-Zeitungen. Hier könnte die Erklärung für schwere Erkrankungen bei jungen Patienten liegen.

Coronakranker
Rund jeder fünfte Corona-Patient, der im Krankenhaus behandelt wurde, starb laut einer Studie an oder mit der Infektion. Foto: Marcel Kusch/dpa/Archivbild - dpa-infocom GmbH

Das Immunsystem reagiert nicht schnell genug, der Zustand des Patienten verschlechtert sich rasch. Das könnte auch daran liegen, dass das Immunsystem dann zu heftig reagiert, wenn einmal die Alarmglocken schillern. Lebensbedrohliche Entzündungsreaktionen werden überall im Körper gestartet. Immunologen können das aber nicht detailreicher erklären.

Gendefekt im X-Chromosom

Für die erkrankten Niederländer war ein fehlerhaftes Gen im X-Chromosom schuld an ihrer langsamen Immunsystemreaktion. Wissenschaftler schauten sich Gene an, welche das angeborene Immunsystem steuern. Sie fanden eine defekte Kopie des TLR7-Gens.

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Das indische Pharmaunternehmen Zydus Cadila hat den ersten weltweit zugelassenen DNA-Impfstoff hergestellt. - Pixabay

Dieses Gen soll ein Protein kodieren, welches RNA-Viren (beispielsweise eben das Coronavirus) erkennen und das Immunsystem alarmieren sollte. Wenn es defekt ist, kann das Protein nicht codiert werden: Das Immunsystem wird zu spät gewarnt.

Das TLR7-Gen liegt auf dem X-Chromosom, weshalb Männer stärker von den Folgen des Defekts betroffen sind als Frauen. Denn wenn Frauen diesen Defekt haben, können sie sich eventuell auf ihr zweites X-Chromosom verlassen.

Diese Erkenntnisse sollen nun bei der Behandlung von Corona-Kranken mit einer schlechten Immunantwort helfen. Ziel ist, dies anhand eines Bluttestes schon früh zu identifizieren und dementsprechend zu handeln.

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