Der Ukraine-Krieg beeinflusst auch die Wissenschaft. Rund 200 Studien werden wegen des russischen Angriffskriegs blockiert.
Die Schweiz ist Sitz hochentwickelter Forschungsinfrastrukturen wie beispielsweise dem Kernforschungszentrum Cern. (Archiv)
Die Schweiz ist Sitz hochentwickelter Forschungsinfrastrukturen wie beispielsweise dem Kernforschungszentrum Cern. (Archiv) - sda - KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 200 Studien der Teilchenphysik sind im Publikationsstau.
  • Grund dafür ist ein Streit um die Nennung russischer Institute bei den Studien.
  • Einige Leitungsgremien stehen hinter dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Ein Streit um die Nennung russischer Institute bei wissenschaftlichen Studien sorgt in der Teilchenphysik für einen einzigartigen Publikationsstau. Rund 200 Studien von Forscherinnen und Forschern des Genfer Teilchenbeschleunigers Cern erscheinen seit Monaten nicht in Fachmagazinen. Tausende Physikerinnen und Physiker seien betroffen, wie Cern-Forschungsdirektor Joachim Mnich der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Fachjournale bestehen darauf, dass Autoren eindeutig identifiziert werden. Das passiert in der Regel über die Nennung ihrer Institute. Einige Cern-Kooperationspartner blockieren dies aber im Fall russischer Institute, wie Mnich sagt. Stein des Anstosses sei unter anderem, dass sich die Leitungsgremien einiger dieser Institute hinter den Angriffskrieg gestellt haben.

«Harte Währung der Wissenschaft»

«Publikationen sind die harte Währung der Wissenschaft, sowohl für die Karriere junger Leute als auch Anträge auf Fördergelder», sagte Mnich. Der Druck, zu einer Lösung zu kommen, steige.

Die Cern-Studien werden zwar mit der Einreichung bei Fachjournalen bereits als vorläufige Arbeit veröffentlicht. Aber in manchen Ländern könnten Doktorarbeiten nur abgeschlossen werden, wenn die Autoren in Fachjournalen veröffentlicht haben. In Deutschland sei das nicht der Fall.

Es gehe nicht darum, Autoren, die zu einer Studie beigetragen haben, nicht zu nennen, betonte Mnich. Es gehe um die Institute. Eine Alternative könne sein, die Beteiligten anhand ihrer ORCID-Nummer (Open Researcher & Contributor ID) zu identifizieren.

teilchenbeschleuniger
Die grösste Forschungsmaschine der Welt: Cern startet den Teilchenbeschleuniger nach drei Jahren Pause. (Archiv) - Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa

So eine Kennung hat jeder Wissenschaftler, um seine Beiträge mit anderen oder unterschiedlichen Schreibweisen eindeutig zuordnen zu können. Nach Angaben von Mnich umfasst die Autorenliste bei Cern-Experimenten oft bis zu 3000 Namen.

Die Cern-Experimente werden jeweils von einem Kollaborationsausschuss begleitet, in dem alle beitragenden Institute eine Stimme haben. Dort konnte bislang keine Einigung gefunden werden.

Das Cern hat die Kooperationen mit Russland und Belarus zwar gekündigt. Sie laufen aber noch bis 2024. «Das ist ein sehr emotionales Thema, das macht die Findung eines annehmbaren Kompromisses schwierig», sagte Mnich.

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