WhatsApp & Co.: Kann die EU künftig private Nachrichten lesen?
Für den Kinderschutz – aber auf Kosten der Privatsphäre? Eine EU-Initiative entfacht hitzige Debatten: Es droht die Überwachung privater Chats.

Das Wichtigste in Kürze
- Künftig sollen in der EU private Handynachrichten durchleuchtet werden.
- Mit der EU-Initiative soll die Versendung von Kinderpornografie unterbunden werden.
- Der Vorstoss stösst auf scharfe Kritik und Experten warnen vor massiver Überwachung.
Eine neue EU-Initiative aus Dänemark sorgt mächtig für Aufruhr. Der Grund: Künftig sollen private Handynachrichten nach kinderpornografischen Inhalten durchsucht werden. Noch bevor sie verschlüsselt und verschickt werden.
Ziel der Initiative ist der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Doch Datenschützer und IT-Experten schlagen Alarm: Die Technologie zur automatisierten Inhaltsanalyse könnte laut Kritikern zur totalen Überwachung privater Kommunikation führen.
Die geplante Regelung wird von Gegnern als «Chatkontrolle» bezeichnet, wie der «Spiegel» berichtet. Sie betrifft Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal, Telegram oder Threema.
Fotos und Videos sollen direkt beim Versenden gescannt und bei Verdacht automatisch an eine EU-Behörde gemeldet werden.
Noch sollen reine Textnachrichten und Audiodateien unangetastet bleiben. Doch Kritiker fürchten: Das sei nur der Anfang.
Ein massiver Eingriff in die Privatsphäre?
Kinderschutz-Vizepräsident Joachim Türk sagt gegenüber «Bild»: «Die Ermittlungsbehörden sind schon jetzt mit einer schier unglaublichen Datenmenge konfrontiert, die sie sichten und bewerten müssen.»
Türk gibt zu bedenken, dass durch die Massnahme wichtige Ressourcen gebunden würden. Diese könnten seiner Ansicht nach besser für Ermittlung und Prävention genutzt werden.
Auch die Tech-Welt ist alles andere als begeistert: Meredith Whittaker, Chefin des Messenger-Dienstes Signal, warnt gegenüber der Zeitung: «Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir den Markt verlassen.»
Am kommenden Dienstag entscheidet der EU-Rat über den Entwurf. Noch ist nichts entschieden – Deutschland könnte zur entscheidenden Stimme werden. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich bereits klar positioniert: Sie lehne den Entwurf ab.