Die Ministerinnen und Minister für Verbraucherschutz der Länder haben sich für ein umfassendes Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel ausgesprochen.
Kinder in einer Familieneinrichtung in Berlin
Kinder in einer Familieneinrichtung in Berlin - AFP/Archiv
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Länder zudem für Widerrufsbutton, bessere Reparierbarkeit und mehr Fluggastrechte.

Der Bund werde gebeten, ein solches Verbot «im Rahmen seiner Regelungszuständigkeit auf den Weg zu bringen», heisst es im entsprechenden Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz in Weimar, die am Freitag zu Ende ging.

Mit grosser Sorge werde gesehen, «dass aktuell über 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig oder adipös sind und sich damit deren Risiko für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen erhöht», hiess es weiter.

Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) begrüsste den Beschluss. Ernährungspräferenzen würden «in hohem Masse im Kindesalter geprägt», teilte sein Ministerium mit. Daher sei die Regulierung von Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt gegenüber Kindern «ein wichtiger Ansatzpunkt, um ernährungsmitbedingte Erkrankungen zu vermeiden».

Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte, Özdemir müsse nun ein Gesetz «ohne Schlupflöcher» auf den Weg bringen. «Mit bekannten Social-Media-Influencern und bunten Werbespots dreht die Lebensmittelindustrie Kindern vor allem Zuckerbomben und fettige Snacks an», kritisierte Foodwatch.

Der Lebensmittelverband Deutschland erklärte hingegen, nötig seien Bildung und Aufklärung statt eines Verbots. Es handele sich um «Symbolpolitik», es gebe «keinerlei Kausalzusammenhang zwischen dem Schauen von Lebensmittelwerbung und der Entstehung von Adipositas».

Darüber hinaus setzten sich die Länderministerinnen und -minister in Weimar in zahlreichen weiteren Beschlüssen für verbraucherfreundlichere Rahmenbedinungen ein. Eine gute und verlässliche Verbraucherschutzpolitik sei auch mit Blick auf die Folgen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs «wichtiger denn je», erklärte Dirk Adams (Grüne) für das Vorsitzland Thüringen gemeinsam mit der saarländischen Ressortchefin Petra Berg (SPD), der Hamburger Senatorin für Verbraucherschutz, Anna Gallina (Grüne), und dem schleswig-holsteinischen Verbraucherschutzminister Claus Christian Claussen (CDU).

Adams hob bei einer Pressekonferenz hervor, dass der Thüringer Bericht über den im Freistaat kürzlich zum zweiten Mal aufgelegten Reparaturbonus mit grossem Interesse aufgenommen worden sei. Es seien hierbei «sehr, sehr gute Erfahrungen» gemacht worden, sagte er. Das Programm sieht vor, dass Thüringerinnen und Thüringer, die ein defektes Haushaltselektrogerät reparieren lassen, auf Antrag die Hälfte der Reparaturkosten erstattet bekommen - bis maximal 100 Euro pro Kopf und Kalenderjahr.

Saarlands Ressortchefin Berg betonte insbesondere die sozialen Folgen der derzeitigen Preissteigerungen. «Der grosse Energiepreisschock wird die Menschen erst im Winter erreichen», sagte sie. «Das betrifft vor allen Dingen Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.» Nötig seien deshalb unter anderem für Verbraucherinnen und Verbraucher, die bereits hohe Energieschulden haben, «faire Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Energieversorgern».

Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) verwies in Weimar auf die Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Raum - etwa durch einen sogenannten Widerrufsbutton. Es müsse, «genauso leicht sein, einen Vertrag zu widerrufen, wie ihn abzuschliessen», sagte sie. Die Länder baten die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für einen solchen elektronischen Button einzusetzen.

Zudem befürworteten sie «eine ganze oder teilweise Abschaffung» der Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel, um die Verbraucherinnen und Verbraucher bei den steigenden Lebensmittelpreisen zu entlasten. «Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte», erklärte Hamburgs Senatorin Gallina. «Eine ausgewogene Ernährung darf nicht an den Kosten scheitern.»

Auf Antrag Schleswig-Holsteins wurde die Bundesregierung zudem gebeten, sich auf europäischer Ebene für eine Stärkung der Entschädigungsansprüche bei verspäteten und stornierten Flügen einzusetzen. Angestrebt wird, dass Ansprüche innerhalb von zwei Werktagen erstattet werden müssen. «Wir wollen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur einen Zahlungsanspruch haben, sondern dass sie auch tatsächlich ihr Geld bekommen - und zwar schnellstmöglich», betonte Landesverbraucherschutzminister Claussen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

GesetzCoronavirusEuroLebensmittel