«Stille Revolution» bei Fish & Chips
Seit 1860 gelten Fish & Chips als heimliches Nationalgericht. Doch auch in dieser traditionellen Branche sorgt die Corona-Krise für Erneuerung.

Das Wichtigste in Kürze
- Fish & Chips gelten als Nationalgericht Englands.
- Wegen dem Brexit und der Corona-Krise stehen viele Fischfrittierer unter Druck.
- Grossbritannien verhandelt nun mit Drittstaaten über Handelsverträge.
Die Gastronomie ist mit am schwersten von der Corona-Pandemie getroffen - auch den Tausenden Fish-and-Chips-Läden in Grossbritannien fehlt die Laufkundschaft. Die traditionell geprägte Branche ist nun im Wandel. Für Kritiker sind sie zu fett, für Liebhaber gehören sie zu Grossbritannien wie die Queen: Fish & Chips.
«Die Pandemie hat diesen Prozess beschleunigt: Immer mehr Unternehmen erkennen, dass Änderungen erforderlich sind, um nach Covid eine Rolle zu spielen», sagte Andrew Crook. Er ist der Chef des Verbands der britischen Fischfrittierer,
Shops, die vor der Krise erfolgreich waren, hätten oft noch keine moderne Bestellungstechnologie genutzt. Normalerweise lebt die Branche von Laufkundschaft - doch wegen der Pandemie waren deutlich weniger Menschen unterwegs.
Grossbritannien verhandelt mit Drittstaaten
Ob die Preise für das traditionelle Essen wegen des Brexits steigen werden, ist noch nicht abzusehen. Noch verhandelt Grossbritannien mit wichtigen Fischländern wie Norwegen über einen umfassenden Handelsvertrag, bisher gibt es nur ein Rahmenabkommen. «Falls es keine Vereinbarung gibt, haben wir kein Recht, in deren Gewässern zu fischen», sagte ein Sprecher von «UK Fisheries».
UK Fisheries ist das letzte britische Unternehmen, das in der Barentssee vor Norwegen sowie vor Island und den Färöer-Inseln fischt. Fische, die rund um die britischen Inseln gefangen werden, landen kaum auf den Tellern im Königreich. Sie gehen zum grossen Teil in die EU.

«Unser Schiff «Kirkella» steht für eine von zwölf verkauften Portionen in britischen Fish-and-Chips-Läden», sagte der Unternehmenssprecher. «Ohne den Fisch von der «Kirkella» müssten weit grössere Mengen unseres Nationalgerichts importiert werden.» Fischereiverbände geben sich entspannter.
Es werde «ausbalancierte Quoten» mit Norwegen und den anderen Staaten geben, von denen das Vereinigte Königreich profitieren werde. So der Chef des Verbunds der Fischereiorganisationen, Barrie Deas.
Junge Fischfrittierer drängen ins Geschäft
Ob die Preise steigen oder nicht - die Branche ändert sich. «Die Fish-and-Chips-Läden durchleben seit rund zehn Jahren eine stille Revolution», sagte Crook. «Unternehmen, die in Räumlichkeiten, Geräte und Mitarbeiterschulungen investieren, haben ihren Umsatz gesteigert.» Läden, die kein Geld in die Hand genommen haben, hätten nun Schwierigkeiten.
Schon seit rund 100 Jahren nimmt die Zahl der Geschäfte ab, vor allem im industriell geprägten Norden. «Früher gab es dort fast an jeder Ecke einen Laden», sagte der Verbandschef. Gab es einst 35'000 Geschäfte, sind es nun etwa 10'500.

«Ich vermute, dass die Zahl in den kommenden fünf Jahren weiter abnehmen wird», sagte Crook. Das sei aber kein schlechtes Zeichen. «Es gehört dazu, wenn sich die Branche modernisiert und professionalisiert.»
So gebe es einige grössere Ketten, die expandieren wollten. Schärfere Gesetzgebung mache es hingegen für Selbstständige schwieriger, Kunden zu bedienen und sich gleichzeitig um die Abrechnungen zu kümmern.
Immer mehr drängten auch junge Fischfrittierer ins Geschäft. «Diese jungen Leute machen Fish & Chips trendig. Sie bringen neue Marketingideen mit und neue Nuancen auf der Speisekarte», so Crook.
382 Millionen Portionen pro Jahr
Trotz eines Trends zu gesundem Essen sieht der Verbandschef keine Probleme auf die Branche zukommen. Obwohl die Mahlzeit aus frittiertem Fisch und Kartoffelstäbchen als eher fettig gilt. «Fish & Chips mit Erbsenpüree ist eine ausgewogene Mahlzeit, die im Rahmen einer gesunden Ernährung keinen Schaden anrichtet», sagte er.
Und kritisierte, dass Fish & Chips oft im Zuge von Berichten über Fettleibigkeit genannt würden. «Da gibt es viel schlechtere Optionen zum Mitnehmen.» Das Problem liege eher in der Zunahme von Büroarbeit; ausserdem erwarteten die Menschen grössere Portionen - «woran manche Teile unserer Branche nicht unschuldig sind».

Zukunftssorgen hat der Verbandschef nicht. «Wir haben einen speziellen Platz im Herz der Nation», sagte Crook. 382 Millionen Portionen - umgerechnet etwa sechs pro Einwohner - gehen jährlich über die Theken.
Ausserdem habe die Pandemie für ein starkes Gemeinschaftsgefühl gesorgt - und die Fish-and-Chips-Läden seien seit jeher das Zentrum der Gemeinde. «Ich habe keine Zweifel, dass es uns für mindestens 160 weitere Jahre geben wird», sagte Crook.