LGBT+-Katholiken pilgern erstmals zum Vatikan
Die Pilgerfahrt von LGBT+Katholiken in den Vatikan wird als stiller, aber sichtbarer Meilenstein in die Geschichte eingehen.

Am ersten Septemberwochenende ereignete sich ein historischer Moment für die katholische Kirche. Erstmals durften LGBT+-Gläubige als sichtbare Gruppe durch die Heilige Pforte des Petersdoms pilgern, so das «SRF».
Die Veranstaltung markierte einen bedeutsamen Wandel in der Haltung der Kirche gegenüber sexuellen Minderheiten. Über 1'000 Teilnehmer aus rund 30 Ländern versammelten sich in Rom, um gemeinsam ihre spirituelle Verbundenheit zu demonstrieren.
LGBT+-Gemeinde fordert Inklusion
Die Pilgerfahrt wurde laut «euronews.com» von der italienischen Vereinigung «La Tenda di Gionata» (Das Zelt des Jonathan) organisiert. Sie ist seit Jahren in der Seelsorge für homosexuelle Gläubige tätig.
Die Organisation hatte lange auf einen solchen Moment hingearbeitet und sah darin einen wichtigen Schritt zur Inklusion. Ihr Name bezieht sich auf die biblischen Worte des Propheten Jesaja, der dazu auffordert, «das Zelt zu weiten».
Diese Symbolik unterstrich das Anliegen der Pilger, einen Platz in der universalen Kirche zu finden, ohne sich verstecken zu müssen.
Zwischen Sichtbarkeit und Auflagen
Die Organisatoren betonten, dass es sich um eine spirituelle Veranstaltung handeln sollte, nicht um eine politische Demonstration. Regenbogenfahnen, Megaphone oder Slogans waren dem «SRF» zufolge ausdrücklich untersagt, um den religiösen Charakter zu wahren.

T-Shirts mit Regenbogenfarben oder Vereinslogos blieben jedoch erlaubt, was einen Kompromiss zwischen Sichtbarkeit und Zurückhaltung darstellte. Diese Regeln zeigten, wie vorsichtig die Kirche noch immer mit der Öffnung gegenüber LGBTQ-Gläubigen umgeht.
Die Botschaft lautete klar: sichtbar sein, aber nicht provozieren. Viele Teilnehmer hatten jahrelang das Gefühl, nur ein «Ärgernis» für die Kirche zu sein, weshalb sie übervorsichtig geworden waren.
Der Wandel unter Papst Franziskus
Die Möglichkeit einer offiziellen LGBT+-Pilgerfahrt wäre unter früheren Päpsten undenkbar gewesen. Unter Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. hätten queere Gruppen gar nicht erst gewagt, eine offizielle Teilnahme am Heiligen Jahr anzufragen
Benedikt XVI. hatte Menschen mit homosexuellen Neigungen sogar als «objektiv gestört» bezeichnet, so «euronews.com». Papst Franziskus brachte eine neue Offenheit in die Kirche.

Er erlaubte erstmals Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare, auch wenn diese klar von kirchlichen Trauungen abgegrenzt blieben. Seine Aussage «Homosexuelle haben das Recht auf eine Familie» markierte einen deutlichen Kurswechsel in der päpstlichen Rhetorik.
Kontroversen und Widerstand
Die Ankündigung der LGBT+-Pilgerfahrt stiess nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf erheblichen Widerstand innerhalb der katholischen Kirche. Bereits im Vorfeld berichteten die Organisatoren von massiven Anfeindungen und Angriffen, die hauptsächlich von anonymen Internetprofilen ausgingen.
Zusätzliche Verwirrung entstand, als die Veranstaltung zunächst im offiziellen Vatikan-Kalender erschien, dann aber wieder entfernt wurde. Dies führte zu Diskussionen darüber, ob es sich um eine offizielle Vatikan-Initiative handelte oder nicht.
Eine Vatikan-Sprecherin erklärte laut «catholicnewsagency.com» später, die Ankündigung sei nur vorübergehend entfernt worden, da noch nicht alle notwendigen Informationen vorlagen.