In Grossbritannien fehlen Lastwagenfahrer, die Güter von A nach B befördern. In vielen Supermärkten ist das nicht mehr zu übersehen, doch auch andernorts hapert es. Das hat auch mit dem Brexit zu tun.
Leere Regale in einem englischen Supermarkt. Foto: Matthew Cooper/PA/AP/dpa
Leere Regale in einem englischen Supermarkt. Foto: Matthew Cooper/PA/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein massiver Mangel an Lastwagenfahrern sorgt in Grossbritannien zunehmend für Probleme.

«Wir sind in Schwierigkeiten», sagte Rod MacKenzie, Chef des Logistikverbandes Road Haulage Association, der Deutschen Presse-Agentur.

«Und es wird noch schlimmer werden. Wir steuern auf die geschäftigste Zeit des Jahres zu. Es ist keine Besserung in Sicht», so MacKenzie. In britischen Supermärkten sind grosse Lücken in den Regalen seit Wochen nicht zu übersehen. Das British Retail Consortium bestätigte «geringfügige Störungen in den Lieferketten». Auch von einer der grössten britischen Supermarktketten, Tesco, hiess es, man erlebe sporadische Störungen aufgrund des branchenweiten Mangels an Fahrern. Das führe dazu, dass es bei einigen bestimmten Produkten Engpässe gebe. Die Kette Sainsbury's verweist darauf, dass zwar einzelne Produkte fehlen könnten, aber man dennoch eine grosse Auswahl habe. Auch Tankstellen oder Fabriken, die ihre Produktion aussetzen müssten, sind betroffen. «Alles, was wir in Grossbritannien bekommen, kommt auf der Tragfläche eines Lastwagens zu uns», so MacKenzie.

100.000 Fahrer fehlen

Der Mangel an Fahrern, der MacKenzie zufolge bedeutet, dass viele grosse Supermärkte statt etwa drei Lieferungen pro Tag nur noch eine bekommen, hat auch mit dem Brexit zu tun. Etwa 20.000 europäische Fahrer seien seitdem nicht mehr in Grossbritannien tätig, weil sie seit dem EU-Austritt das Land verlassen hätten. Für neue Bewerber gibt es grosse Hürden, da teure und komplizierte Visa-Verfahren notwendig sind. Ausserdem gehen der Road Haulage Association zufolge jeden Monat Tausende ältere Fahrer in Rente. Durch die Pandemie seien zudem Zehntausende Fahrprüfungen ausgefallen, die für Nachwuchs hätten sorgen können. Insgesamt fehlten aktuell rund 100.000 Fahrer, so MacKenzie. «Die Regierung ist wie paralysiert bei diesem Thema.»

London hat bislang die maximalen Fahrzeiten am Steuer von Lastwagen gelockert. Branchenvertreter MacKenzie zufolge ist das jedoch längst nicht genug. Es brauche kurzfristige Visa für Fahrer aus der EU und die Ausbildung müsste stärker subventioniert werden, damit sie auch für Menschen infrage kommt, die nicht 5000 bis 10.000 Pfund investieren könnten. Das British Retail Consortium und der Verband Logistics UK stellen ähnliche Forderungen. Die britische Regierung verweist jedoch auf das Ende der Freizügigkeit für EU-Bürger nach dem Brexit und ruft britische Firmen auf, Briten zu engagieren.

Während der vergangenen Wochen sind die Störungen in vielen Berichten der sogenannten «Pingdemic» zugeschrieben worden - also den massenhaften Personalausfällen, nachdem Kontaktpersonen von Corona-Infizierten «gepingt», also per Corona-App benachrichtigt wurden. «Mit der Pingdemic hat das kaum etwas zu tun», sagte MacKenzie über die Probleme seiner Branche. In der kommenden Zeit dürfte sich dies noch klarer zeigen: Seit einer Woche müssen Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr verpflichtend in Quarantäne gehen, sofern sie vollständig geimpft sind.

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