Marina Owsjannikowa (44) protestierte mit einem Schild im russischen Staatsfernsehen gegen den Krieg. Seither wird sie vom Kreml-Regime verfolgt.
Putin
Marina Owsjannikowa erzählt, wie es ihren ehemaligen Arbeitskollegen unter Putin ergeht. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Journalistin Marina Owsjannikowa protestierte vor rund einem Jahr im russischen TV.
  • Jetzt hat sie ein Buch über ihre Flucht und Russlands Medienlandschaft geschrieben.
  • Sie enthüllt, wie es ihren ehemaligen Arbeitskollegen unter Putin ergeht.
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Es ist ein Jahr her, seit die Journalistin Marina Owsjannikowa (44) ein Schild mit einer Anti-Kriegsbotschaft in die Kamera des russischen Staatsfernsehens RT hielt. Seit der Aktion ist sie aus dem Land geflohen und hat jetzt in Frankreich ein Buch über das Erlebte veröffentlicht.

Nach ihrer Entlassung protestierte Owsjannikowa damals auch noch öffentlich vor dem Kreml gegen den Krieg. Ihr Anwalt habe der zweifachen Mutter gesagt, dass nur eine Flucht eine Gefängnisstrafe verhindern könne, erzählt sie der «Wiener Zeitung».

Bei Nacht-und-Nebel-Aktion geflohen

Also plante sie sorgfältig mit der Organisation «Reporter ohne Grenzen» ihren Weg aus dem Land. «Wir wählten Freitagnacht, wenn die Sicherheitskräfte ins Wochenende gehen. Tatsächlich wurde ich erst am Montag zur Fahndung ausgeschrieben.»

russland
Die Pressefreiheit ist in Russland stark eingeschränkt. Mit dieser mutigen Protestaktion im russischen TV zog Journalistin Marina Owsjannikowa weltweite Aufmerksamkeit auf sich.
Ukraine Krieg
Hatte den Ukraine-Krieg kritisiert: Die russische Journalistin Marina Owsjannikowa vor Gericht.
dpatopbilder - Marina Owsjannikowa in einem Gerichtssaal. Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
dpatopbilder - Marina Owsjannikowa in einem Gerichtssaal. Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
Russland will ausländische Medien im Land mit neuen Massnahmen weiter einschränken.
Russland will ausländische Medien im Land mit neuen Massnahmen weiter einschränken.

Doch genau in dem Moment, als es losgehen sollte, kam ihre Mutter vorbei. «Sie überwachte mich besser als die Polizei. Sie hatte das Auto vor meinem Haus gesehen und spürte, dass etwas nicht stimmte.»

Trotzdem schafften es Owjannikowa und ihre Tochter über sieben verschiedene Autos und einen langen Fussmarsch bei Nacht über die Grenze. Ihre Fussfessel schnitt sie durch.

«Russische Journalisten sind Putins Geiseln»

Die Journalistin hat einen ukrainischen Vater und arbeitete bereits seit 2003 bei Staatsmedien. «Zu Beginn war es ein normaler Sender mit echten Nachrichten, aber Schritt für Schritt baute Putin ihn für seine Zwecke um. 20 Jahre lang zerstörte er alle unabhängigen Medien in Russland. Geblieben sind nur die Regimetreuen, die Fake News verbreiten.»

Sie gesteht ein: «Heute schäme ich mich, denn ich wusste die ganze Zeit, dass der Kreml lügt und Verschwörungstheorien verbreitet. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, aber ich arbeitete hinter dem Bildschirm, ohne mein Gesicht zu zeigen.»

Denken Sie, dass der Ukraine-Krieg noch lange dauert?

Owsjannikowa beschreibt auch, wie schwierig es ist, sich als Journalist dem Einfluss des Kremls zu entziehen. Sie würde versuchen, ihre alten Kollegen davon zu überzeugen, auch aufzubegehren. «Aber viele haben resigniert, da sie wissen: Wenn sie protestieren, wird er ihr Leben zerstören. Sie sind Putins Geiseln.»

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