Zwei Strafprozesse gegen Ex-VW-Chef Winterkorn
Dem früheren Volkswagen-Lenker steht eine unangenehme Zeit bevor. Nicht nur wegen Betrugs, auch wegen Marktmanipulation muss Winterkorn vor Gericht. Der Konzern ist weiter der Auffassung, zumindest bei der Information seiner Aktionäre alles richtig gemacht zu haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Vor fünf Jahren flog der Dieselbetrug beim Autohersteller VW auf.
- Der ehemalige Konzernchef Martin Winterkorn steht bereits wegen Betruges vor Gericht.
- Nun wird ihm zusätzlich auch Marktmanipulation vorgeworfen.
Dem früheren Volkswagen-Chef Martin Winterkorn steht eine unangenehme Zeit bevor. Nicht nur wegen Betrugs, auch wegen Marktmanipulation muss Winterkorn vor Gericht. Der Konzern ist der Auffassung, zumindest bei der Information seiner Aktionäre alles richtig gemacht zu haben.
Zusätzlich zu dem feststehenden Betrugsprozess muss sich der Ex-VW-Konzernchef jetzt auf ein öffentliches Gerichtsverfahren wegen mutmasslicher Marktmanipulation im Abgasskandal vorbereiten. Im Fall einer Verurteilung könnten dem 73-Jährigen für das erste Delikt maximal zehn Jahre Freiheitsstrafe drohen. Für die mögliche Irreführung von Anlegern immerhin eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.
Das Landgericht Braunschweig teilte am Donnerstag mit, die Anklage der Staatsanwaltschaft auch zum Tatvorwurf der Marktmanipulation zuzulassen. Erst kürzlich hatte es einen Prozess in einem parallelen Verfahren wegen gewerbs- und bandenmässigen Betrugs angekündigt. Hier richten sich die Vorwürfe nicht nur gegen Martin Winterkorn selbst, sondern ebenso gegen vier weitere Angeschuldigte. Konkrete Termine für den Beginn der beiden Hauptverhandlungen gibt es noch nicht.
Märkte wurde zu spät informiert
Martin Winterkorn ist – neben Ex-Audi-Chef Rupert Stadler – der prominenteste Verdächtige, der wegen des Dieselskandals vor ein Strafgericht kommt. Bei der Marktmanipulation geht es um einen genauen Zeitpunkt: Nach dem Auffliegen der Täuschungs-Software setzte die damalige VW-Führung die Finanzwelt über die wirtschaftlichen Gefahren ins Bild.
Nach Überzeugung des Gerichts soll Martin Winterkorn «trotz Kenntnis von dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorsätzlich nicht rechtzeitig informiert haben.» Dazu komme das Wissen um des sich seit Frühjahr 2015 abzeichnenden erheblichen finanziellen Risikos des Kapitalmarkts. Die Anklage liess das Gericht unverändert zu.
Kern der Anschuldigungen: Obwohl Martin Winterkorn von Problemen im Zusammenhang mit dem Skandal-Motor gewusst habe, seien die Märkte bewusst nicht darüber aufgeklärt worden. Sogar zwischen dem Bekanntwerden der Ermittlungen von US-Umweltbehörden am 18. September 2015 und der schlussendlichen Pflichtmitteilung verstrichen noch vier weitere Tage.
«Der Angeklagte soll damit seiner Verpflichtung nach dem Wertpapierhandelsgesetz nicht rechtzeitig nachgekommen sein», erklärte die zuständige Kammer.
Winterkorn sieht sich unschuldig
Der VW-Aktienkurs stürzte im Herbst jenes Jahres ab. Sowohl milliardenschwere Pensionsfonds als auch Privatanleger fordern in Zivilverfahren Schadenersatz vom weltgrössten Autokonzern. Zweck der gesetzlichen Bestimmungen zur Ad-hoc-Mitteilungspflicht ist es etwa, Insider-Geschäfte bei Kenntnis sensibler Informationen zu vermeiden.
Martin Winterkorn liess über seinen Verteidiger Felix Dörr mitteilen, dass er bei sich keine Schuld für die späte Mitteilung sieht. Die Vorwürfe würden entschieden zurückgewiesen. Der Sachverhalt sei «kompliziert, und die kapitalmarktrechtlichen Fragestellungen sind in weiten Teilen streitig».