EU-Kommission setzt bei neuer Asylreform auf rigorose Abschiebungen
Die EU-Kommission unterbreitet neue Vorschläge, um die blockierten Verhandlungen über eine Asylreform in Gang zu bringen.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Kommission will Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Asylreform erzielen.
- Sie setzt auf schnellere Abschiebungen und einen stärkeren Grenzschutz.
Die EU-Kommission will Bewegung in die seit Jahren blockierten Verhandlungen über eine Asylreform bringen.
Der am Mittwoch in Brüssel präsentierte Vorschlag sieht vor, Länder wie Griechenland und Italien zu entlasten. Dies soll vor allem über Unterstützung bei der Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht geschehen.
Zur Aufnahme von Migranten sollen Länder wie Ungarn und Polen demnach nur in absoluten Ausnahmefällen verpflichtet werden. Zugleich will die EU-Kommission, dass alle EU-Staaten in Krisen ihren Beitrag zur gemeinsamen Migrationspolitik leisten.
Ob der Plan eine Chance auf Umsetzung hat, ist völlig offen.
Grosse Belastung an den EU-Aussengrenzen
Die aktuelle Situation belastet vor allem Länder an den südlichen EU-Aussengrenzen wie Griechenland oder Italien. Sie fordern schon lange mehr Unterstützung und eine verpflichtende Verteilung der Migranten auf die anderen Länder.

Auf der anderen Seite lehnen Staaten wie Österreich, Ungarn, Tschechien und Polen eine verpflichtende Aufnahme kategorisch ab.
Verpflichtende Solidarität im Ausnahmefall
Das Konzept der EU-Kommission, über das die EU-Staaten und das Europaparlament noch verhandeln müssen, sieht ein dreistufiges Verfahren vor. In normalen Zeiten können die EU-Staaten einander freiwillig helfen. Gerät ein Land unter Druck, kann es jedoch einen sogenannten Mechanismus für verpflichtende Solidarität auslösen.
Die EU-Kommission würde in diesem Fall prüfen, wie viele Menschen dem Land abgenommen werden müssen. Jedes andere Land müsste Hilfe anbieten: Entweder nimmt es Migranten mit Aussicht auf einen Schutzstatus auf. Oder aber es hilft anderweitig, etwa durch Abschiebungen oder beim Migrationsmanagement.

Spitzt sich die Situation weiter zu, und es tritt eine Krise wie 2015 ein, greift ein Krisen-Mechanismus. Dann wird die Auswahl der Hilfsmöglichkeiten geringer: Entweder werden Migranten aufgenommen oder die Abschiebung einer bestimmten Anzahl abgelehnter Asylbewerber wird übernommen. Diese Abschiebung muss innerhalb von acht Monaten erfolgen. Gelingt das nicht, muss das Land sie selbst aufnehmen.
Das Verfahren an der Grenze
Der betroffene Staat nach Vorstellung der EU-Kommission künftig an der Grenze ein umfangreichere Vorüberprüfung der Migranten vornehmen: Der Migrant wird registriert, Fingerabdrücke werden genommen, Gesundheits- und Sicherheitschecks durchgeführt.

Kommt der Asylbewerber aus einem Land mit geringerer Anerkennungsrate, soll innerhalb von zwölf Wochen ein Grenzverfahren durchgeführt werden.
Dies soll sowohl Schmuggler als auch die Menschen selbst abschrecken, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Gelingt das Verfahren nicht innerhalb von zwölf Wochen, müsste ein normales Asylverfahren durchgeführt werden.
Dublin-Regeln bleiben
An den derzeit gültigen Dublin-Regeln hält die EU-Kommission grundsätzlich fest. Demnach ist meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat. Bestimmte Menschen sollen allerdings schon zuvor auf andere EU-Staaten verteilt werden. Dies etwa, wenn sie dort Geschwister haben oder dort in der Vergangenheit studiert oder gearbeitet haben.
Gleiches gilt, wenn der Asylbewerber zuvor legal mit einem Visum in ein EU-Land gereist ist. Dann soll der Staat zuständig sein, der das Visum ausgestellt hat. Dies soll die sogenannte sekundäre Migration verhindern, also das Weiterziehen von einem EU-Land in das nächste.
Schnellere Abschiebungen und stärkerer Aussengrenzschutz
Zum einen soll es nach Vorstellung der EU-Kommission die sogenannten Abschiebe-Patenschaften geben. Wenn ein Land keine Migranten aus anderen EU-Staaten aufnehmen will, kann es die Abschiebung nicht Schutzberechtigter übernehmen.

Die EU-Kommission will Rückführungen aber auch anders beschleunigen. Als Hebel soll auch die Visum-Politik der EU eingesetzt werden. Zudem soll ein «EU-Koordinator für Rückführungen» ernannt werden, der mit Fachleuten der EU-Staaten zusammenarbeitet.
Auch der Aussengrenzschutz solle verbessert werden. Die EU-Kommission sieht eine stärkere Rolle für die Grenzschutzagentur Frontex vor.
Seenotrettung ist eine Pflicht
Die Rettung von in Seenot geratenen Migranten ist nach Ansicht der EU-Kommission eine Pflicht.

Die EU-Kommission will nun, dass der «Mechanismus für verpflichtende Solidarität» auch hier Anwendung findet. Entweder die EU-Länder nehmen Gerettete auf, oder sie helfen anderweitig – etwa bei der Abschiebung.