Das EM-Fussballfinale mit vollem Stadion am Sonntagabend in London bereitet Corona-Experten grosse Sorgen.
Englische Fans in London im Vorfeld des EM-Finales
Englische Fans in London im Vorfeld des EM-Finales - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Einige europäische Länder verschärfen wegen Corona-Mutante die Schutzmassnahmen.

Sie fürchteten, dass rund um das Spiel zwischen England und Italien massiv gegen die Schutzauflagen verstossen werden und sich in der Folge die hochansteckende Delta-Variante des Coronavirus nicht nur in England, sondern auch anderen Ländern weiter ausbreiten könnte. Mehrere europäische Länder und Regionen, wo die Delta-Variante schon jetzt auf dem Vormarsch ist, verschärften inzwischen ihre Schutzmassnahmen.

Zu dem Finalspiel waren 65.000 Zuschauer zugelassen - so viele wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr bei einer Sportveranstaltung. Schon Stunden vor dem Spiel zogen hunderte England-Fans lautstark singend und Bier trinkend zum Wembley-Stadion. Viele von ihnen trugen keine Masken. Manche englische Städte planten grosse Fanzonen, die Pubs rechneten mit grossem Fan-Ansturm.

Besonders die unzähligen Veranstaltungen ausserhalb des Stadions bereiteten den Kritikern Kopfschmerzen - in einem Land, in dem trotz der massiven Verbreitung der Delta-Variante die meisten Beschränkungen aufgehoben wurden.

Die Londoner Polizei warnte im Vorfeld vor Verstössen gegen die wenigen noch bestehenden Corona-Regeln. «In London gilt weiterhin der Gesundheitsnotstand», sagte Vize-Polizeichef Laurence Taylor. «Es gelten Regierungs-Richtlinien, und wir bitten darum, sich daran zu halten und Abstandsregeln zu beachten.»

Die Delta-Variante lasse sich auf dem gesamten europäischen Kontinent nur schwer stoppen, da sie so leicht übertragbar sei, sagte der Leiter des Instituts für globale Gesundheit an der Universität Genf, Antoine Flahault, der Nachrichtenagentur AFP. Und die Fussball-Em sei «da wenig hilfreich».

Im Gegensatz zu England, wo die letzten Corona-Massnahmen am 19. Juli fallen sollen, verschärften einige europäische Staaten die Beschränkungen wieder. Seit Sonntag stuft die Bundesregierung Zypern als Hochinzidenz- und Spanien als Risikogebiet ein. Dies bedeutet grundsätzlich eine Quarantänepflicht für Reiserückkehrer, im Falle Spaniens lässt sie sich jedoch durch ein negatives Testergebnis beziehungsweise einen Genesenen- oder Impfnachweis vermeiden.

In der spanischen Region Katalonien, die sich zum neuen Corona-Hotspot des Landes entwickelt hat, bleiben die Nachtclubs wieder geschlossen. Wer Veranstaltungen im Freien mit mehr als 500 Teilnehmern besuchen will, muss vollständig geimpft sein oder einen negativen Coronatest vorweisen.

Auch in den Niederlanden sind Diskotheken und Nachtclubs seit Samstag wieder geschlossen, Restaurants dürfen nur noch bis Mitternacht öffnen. Zuletzt war die Zahl der Neuinfektionen in dem Land binnen sieben Tagen um das Siebenfache gestiegen.

Dagegen durften die Nachtclubs in Frankreich am Freitagabend erstmals seit März 2020 unter Auflagen wieder öffnen. Allerdings breitet sich auch dort die Delta-Variante rapide aus. Erwartet wird, dass Präsident Emmanuel Macron am Montagabend neue Massnahmen im Kampf gegen das Virus verkündet.

Im Gespräch ist eine Impfpflicht in Frankreich für das Gesundheits- und Pflegepersonal. Auf Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats der Regierung könnte sie auf weitere Bereiche ausgedehnt werden - bis hin zu allen Dienstleistern, die einem besonderen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind «oder eine Gefahr für andere darstellen können».

In Lettland gilt inzwischen eine Impfpflicht für alle Berufssoldaten. Wie Militärchef Leonids Kalnins am Freitagabend im staatlichen Fernsehen verkündete, müssen sie bis August geimpft sein, andernfalls droht ihnen die Entlassung. Malta wird ab Mittwoch als erstes europäisches Land seine Grenzen für Reisende schliessen, die nicht geimpft sind.

Die Ausbreitung der Delta-Variante macht Experten zufolge eine noch höhere Impfquote zur Eindämmung der Corona-Pandemie erforderlich als bislang angenommen. Der wissenschaftlichen Beirat der französischen Regierung hält sogar eine Impfquote von bis zu 95 Prozent für notwendig.

Die Europäische Union hat immerhin inzwischen genügend Impfstoff zur Verfügung, um 70 Prozent der Erwachsenen abzudecken. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollten bis Sonntag EU-weit «rund 500 Millionen Dosen» verteilt sein.

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