Diesen Sonntag wird klar, ob sich die EU und Grossbritannien zu einem Handelspakt einigen können oder nicht. Ursula von der Leyen rechnet mit einem No-Deal.
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EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen - Aaron Chown/Pool via AP
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Das Wichtigste in Kürze

  • EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hält einen No-Deal-Brexit für wahrscheinlich.
  • Am Sonntag wird die Entscheidung über «Deal» oder «No Deal» fallen.

Einen «Neubeginn für alte Freunde» erwartet EU-Kommissionschefin von der Leyen mit Grossbritannien - doch zu welchen Konditionen? Nach monatelangem Hin und Her soll nun am Sonntagabend Klarheit herrschen, ob es einen Handelspakt gibt. Die Tendenz scheint klar.

Von der Leyen hält es inzwischen für wahrscheinlicher, dass kein Handelspakt vereinbart werden kann als dass es eine Einigung gibt. Noch pessimistischer sind die Töne von der britischen Insel. Premierminister Boris Johnson warnte am Freitag davor, dass ein Scheitern «sehr, sehr wahrscheinlich» sei.

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EU-Austritt des Vereinigten Königreichs: Der britische Premierminister Boris Johnson wird zu einem Abendessen mit der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in Brüssel, Belgien, am Mittwoch, 9. Dezember 2020, empfangen. - Aaron Chown/Pool via AP

Von der Leyen informierte beim EU-Gipfel in Brüssel auch die EU-Staats- und Regierungschefs über ihre Sicht der Dinge. Wie hoch die Chancen für eine Einigung oder noch seien, habe die Kommissionschefin nicht gesagt, hiess es.

Von der Leyen und Johnson hatten sich am Mittwochabend für drei Stunden zu einem Krisengespräch getroffen. Anschliessend hiess es, bis Sonntagabend werde die Entscheidung über «Deal» oder «No Deal» fallen. Zum aktuellen Stand der Verhandlungen gab es keine Angaben.

Verlängerung der Gespräche sei möglich

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) gab die Hoffnung auf einen Kompromiss noch nicht auf. «Wir glauben, dass eine Einigung zwar schwierig ist, aber dass sie immer noch möglich ist.» Dies sagte er bei einem Treffen mit seinem irischen Kollegen Simon Coveney in Berlin.

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Der Bundesaussenminister Heiko Maas. - dpa

Die EU werde verhandeln, solange das Fenster für eine Lösung «auch nur einen Spalt breit geöffnet ist». Auch eine Verlängerung der über Sonntag hinaus sei möglich: «Letztlich würde es nicht daran scheitern, dass noch ein paar Tage mehr gebraucht würden.»

Grossbritannien hatte die EU infolge der Volksabstimmung für einen Brexit 2016 Ende Januar verlassen. De facto hat sich im Verhältnis zu den jetzt nur noch 27 Mitgliedsstaaten bislang noch nicht viel geändert.

Grosse Handelshemmnisse

Zum Jahresende scheidet das Vereinigte Königreich nun aber aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus. Ohne Vertrag drohen nach dem 1. Januar Zölle und grosse Handelshemmnisse. Alle monatelangen Verhandlungen brachten bislang noch keinen Erfolg.

Die Knackpunkte haben sich seit Monaten nicht geändert: Fischerei, fairer Wettbewerb und die Frage, wie Vereinbarungen im Streitfall rechtlich durchgesetzt werden. Kommt kein Handelspakt zustande, rechnet die Wirtschaft mit höheren Zöllen und weiteren Handelshemmnissen.

Arbeitsplätze sind bedroht

Infolge eines «No Deal» wären auch Zehntausende Arbeitsplätze bedroht. Von der Leyen sagte am Freitag: «So oder so - in weniger als drei Wochen wird es einen Neubeginn für alte Freunde geben.»

Im Unterschied zu von der Leyen und Johnson äusserte sich der britische Kultur- und Medienminister Oliver Dowden zuversichtlich. Es gebe «eine bedeutende Möglichkeit, dass wir diesen Deal hinbekommen», sagte er dem Sender Sky News. «Wir haben fast 90 Prozent des Weges geschafft.» Ein Handelsvertrag sei für die EU wie für das Vereinigte Königreich die beste Lösung - aber nicht zu jedem Preis.

Datenverkehr bei No-Deal ebenfalls gefährdet

Auch in anderen Bereichen könnte ein No-Deal-Brexit Konsequenzen haben. So warnten Europapolitiker, der Datenverkehr in Europa könne gefährdet sein.

«Im Falle eines No-Deals wird es Chaos geben», sagte der Europaabgeordnete Moritz Körner (FDP) dem «Handelsblatt». «Unternehmen könnten auf alternative Datenübertragungsmechanismen wie Standardvertragsklauseln zurückgreifen. Doch diese Umstellung würde aber mit viel Bürokratie und hohen Kosten einhergehen. Ausserdem würde sie von der Wirtschaft kaum in wenigen Tagen umgesetzt werden.»

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