Gesundheit Aargau: «Solarien sind brandgefährlich»

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Aarau,

Im Interview sprechen zwei Experten vom Hauttumorzentrum am KSA über Anzeichen, Risiken und Therapien zur häufigsten Krebsart: dem Hautkrebs.

Gesundheit Aargau
Dr. Lukas Krähenbühl, Chefarzt Dermatologie (l.) und Prof. Dr. Reinhard Dummer, Leiter Hautkrebszentrum (r.). - KSA

Das Wichtigste in Kürze

  • Hautkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsart überhaupt.
  • Wird er frühzeitig erkannt, ist er allerdings meist gut behandelbar.
  • Das Hauttumorzentrum am KSA ist spezialisiert auf Abklärung und Behandlung der Krankheit.

Hautkrebs ist die häufigste Krebsart. Früh erkannt, ist er meist gut behandelbar. Prof. Dr. Reinhard Dummer und Dr. Lukas Krähenbühl vom Hauttumorzentrum am Kantonsspital Aarau sprechen über Warnzeichen, Risiken und moderne Therapien.

Herr Prof. Dummer, Herr Dr. Krähenbühl: Wie häufig ist Hautkrebs in der Schweiz?

Dr. Lukas Krähenbühl: Hautkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsart überhaupt. Besonders bei uns in der Schweiz, mit unseren hellen Hauttypen, sehen wir sehr viele Fälle. Der sogenannte helle Hautkrebs – also Basalzell- und Plattenepithelkarzinome – ist so häufig, dass man ihn gar nicht mehr zählt. Der schwarze Hautkrebs, das Melanom, ist seltener, aber gefährlicher.

Prof. Dr. Reinhard Dummer: Konkret sprechen wir in der Schweiz von rund 3500 neuen Fällen von schwarzem Hautkrebs pro Jahr. Bei Plattenepithelkarzinomen sind es rund 35 000, und beim Basalzellkarzinom um die 350 000 Fälle. Insgesamt also bis zu 400 000 neue Hautkrebserkrankungen pro Jahr.

Das klingt dramatisch!

Krähenbühl: Ja, das stimmt. Man muss es aber relativieren. Die meisten Fälle erwischt man zum Glück früh genug, so dass man sie erfolgreich behandeln kann. Die Betroffenen werden in den meisten Fällen geheilt, wenn sie sich ärztlich vorstellen und korrekt behandelt werden.

Dummer: Das gilt vor allem für den hellen Hautkrebs. Da reden wir von Heilungschancen von über 90 Prozent. Aber auch beim schwarzen Hautkrebs hat sich viel getan. Wenn er früh erkannt wird, sind die Heilungschancen hoch. Wir können heute sogar in fortgeschrittenen Stadien in bis zu 50 Prozent der Fälle eine Heilung erreichen – das war vor 15 Jahren undenkbar.

Woran erkennt man Hautkrebs? Was sollten Betroffene beachten?

Krähenbühl: Wichtig ist, die eigene Haut gut zu kennen. Jeder Mensch kann einen grossen Beitrag zur Früherkennung leisten. Auffällig ist zum Beispiel ein Muttermal, das sich auf einmal verändert. Besonders verdächtig sind neue Flecken oder Wunden, die über Wochen nicht abheilen – vor allem im Gesicht.

Dummer: Wir sprechen hier von der sogenannten ABCD-Regel. A steht für Asymmetrie, B für Begrenzung, C für Color, also Farbe, und D für Dynamik, also Veränderungen. Die Dynamik ist besonders wichtig: Wenn sich etwas verändert, gehört es abgeklärt.

ABCD-Regel zur Früherkennung von Hautkrebs

Die ABCD-Regel ist eine einfache Methode zur Früherkennung von Hautkrebs. Sie hilft, verdächtige Muttermale oder Hautveränderungen zu erkennen, indem sie bestimmte Kriterien berücksichtigt.

A = Asymmetrie: Ein gesundes Muttermal ist meist symmetrisch, also rund oder oval. Bei Hautkrebs ist das Muttermal oft asymmetrisch, also unregelmässig geformt.

B = Begrenzung: Gesunde Muttermale haben klare, scharfe Ränder. Ein Anzeichen für Hautkrebs kann eine unscharfe, unregelmässige oder ausgefranste Begrenzung sein.

C = Color (Farbe): Ein gesundes Muttermal hat oft eine einheitliche Farbe. Bei Hautkrebs können verschiedene Farbtöne innerhalb eines Muttermals auftreten oder die Farbe kann sich verändern.

D = Dynamik: Muttermale mit einem Durchmesser von mehr als 5 Millimeter sollten genauer untersucht werden. Aber auch kleinere Muttermale sind verdächtig, insbesondere wenn sie sich schnell verändern (in Grösse, Form oder Farbe).

Wer ist besonders gefährdet?

Krähenbühl: Menschen mit heller Haut, Sommersprossen oder vielen Muttermalen haben ein erhöhtes Risiko. Das gilt auch, wenn Hautkrebs in der Familie vorkommt. Und das Risiko steigt mit dem Alter. Denn je mehr Sonne die Haut abbekommen hat, desto höher das Risiko für Hautkrebs. Und auch Solarien erhöhen das Risiko.

Haben Sie den früheren Solarium-Trend in Ihrer Praxis gespürt?

Dummer: Ja, sehr deutlich. Es kamen auffällig viele junge Menschen mit Melanomen – oft an ungewöhnlichen Stellen wie dem Gesäss. Die WHO hat deshalb UV-Strahlen als krebserregend eingestuft. In Australien und Skandinavien sind Solarien mittlerweile verboten.

In der Schweiz dürfen Jugendliche unter 18 Jahren nicht ins Solarium. Wären Sie für ein generelles Verbot?

Dummer: Ja.

Krähenbühl: Wir machen keine Politik. Aber die Botschaft muss klar sein: Solarien sind schädlich für die Haut! Sie erhöhen das Risiko für Hautkrebs massiv. Und sie fördern die vorzeitige Hautalterung. Aus ärztlicher Sicht muss man dringend davon abraten. Es muss jedem klar sein: Solarien sind brandgefährlich!

Brandgefährlich – so wie Sonnenbrände. Andererseits tut die Sonne ja auch gut.

Krähenbühl: Ja, sie hebt die Stimmung und ist nötig für die Bildung von Vitamin D. Man soll sich ja auch nicht einschliessen. Man soll Sport machen und draussen sein. Aber möglichst nicht in der Mittagssonne von 11 bis 15 Uhr. Schatten hilft. Zudem empfehlen wir, einen hochwertigen Sonnenschutz aufzutragen, auch wenn man nicht direkt in die Sonne geht oder wenn es bewölkt ist.

Dummer: In südlichen Ländern hält man nicht umsonst Siesta. Die UV-Strahlung ist in dieser Zeit enorm. Bleibt man dann drinnen, kann man viel einsparen, soviel kann man gar nicht cremen. Und wenn man draussen ist, kann man gar nicht genug cremen, um sich zu schützen. Insbesondere Kinder müssen wir vor Sonnenbränden schützen. Denn gerade in jungen Jahren erhöhen sie das Risiko für Hautkrebs deutlich.

Was tun, wenn man den Verdacht auf Hautkrebs hat?

Dummer: Der erste Ansprechpartner ist meist der Haus- oder der Hautarzt. Niedergelassene Dermatologen können einfache Fälle sehr gut behandeln, etwa mit kleinen Operationen oder Kältebehandlungen bei Vorstufen. Wenn es komplizierter wird – etwa bei Verdacht auf Melanom – kommen wir ins Spiel.

Krähenbühl: Vor allem fortgeschrittener Hautkrebs ist eine komplizierte Erkrankung. Es braucht entsprechendes Know-how, um ihn effizient und optimal zu behandeln. Im Kanton Aargau bieten wir als einzige das volle Angebot an Diagnostik und Behandlung an. Komplexe Fälle besprechen wir am Tumorboard, gemeinsam mit Radiologen, Onkologen, plastischen Chirurgen, Psychoonkologen und weiteren Spezialisten. Das umfasst auch die Nachsorge. Patientinnen und Patienten sind bei uns sehr gut aufgehoben.

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Dermatologen sollten Muttermale und andere Hautveränderungen regelmässig auf mögliche Anzeichen von Hautkrebs untersuchen, um diesen frühzeitig zu erkennen. - GettyImages

Wie wird die Diagnose gestellt?

Dummer: Wir untersuchen die Haut und die Lymphknoten, setzen spezielle Auflichtmikroskope ein und entnehmen bei Bedarf Proben. Diese werden histologisch und oft auch molekularbiologisch untersucht. Dann erstellen wir einen individuellen Behandlungsplan. Wichtig ist, dass wir nicht überbehandeln. Denn Behandlungen sind teuer und können auch Nebenwirkungen haben. Aber wir wollen auch den Patientinnen und Patienten, die ein hohes Risiko haben, die bestmögliche Heilungschance bieten.

Wie sehen moderne Therapien aus?

Krähenbühl: In den meisten Fällen reicht eine kleine Operation. Wenn es nötig ist, ziehen wir plastische Chirurgen bei, um das ästhetische Ergebnis zu optimieren. In fortgeschrittenen Stadien kann auch die Immuntherapie oder eine gezielte Tablettentherapie zum Einsatz kommen.

Dummer: Die Immuntherapie hat die Behandlung revolutioniert. Selbst bei Metastasen in inneren Organen oder im Gehirn erreichen wir heute Heilungsraten von über 50 Prozent. Aber: Es gibt auch Nebenwirkungen – etwa Entzündungen der Lunge, des Darms oder der Schilddrüse. Deshalb wägen wir immer Nutzen und Risiko sehr sorgfältig ab.

Wie hoch ist das Rückfallrisiko bei Betroffenen?

Krähenbühl: Wer einmal Hautkrebs hatte, hat ein deutlich erhöhtes Risiko für einen zweiten. Die Haut hat oft insgesamt viel UV-Strahlung gesehen. Dazu kommen genetische Faktoren. Deshalb bieten wir regelmässige Nachsorgeuntersuchungen an. Und wir sensibilisieren zur Selbstkontrolle.

Dummer: Man sollte seine Haut gut kennen. Alles, was sich über ein Jahr nicht verändert, ist meist gutartig. Neue Hautveränderungen bei Erwachsenen sollte man aber immer zeigen. Flächendeckende Vorsorgeuntersuchungen sind in der Schweiz nicht realistisch. Umso wichtiger ist Eigenverantwortung.

Herr Prof. Dummer, Herr Dr. Krähenbühl – zum Schluss: Ihre wichtigste Botschaft?

Krähenbühl: Hautkrebs ist sehr häufig – aber auch sehr gut heilbar, wenn man ihn früh erkennt. Deshalb: Beobachten Sie Ihre Haut, vermeiden Sie übermässige UV-Strahlung und gehen Sie bei Verdacht frühzeitig zum Arzt.

Dummer: Das ist wichtig: Scheuen Sie sich nicht, bei Auffälligkeiten früh einen Arzt aufzusuchen!

Hauttumorzentrum am KSA – Kompetenzzentrum für Hautkrebs

Sonnenschutz-Tipps

• Zwischen 11 und 15 Uhr direkte Sonne meiden

• Hochwertige Sonnencreme (LSF 50, mit UVA-Filter) auftragen – auch bei Bewölkung

• Nachcremen nach dem Baden oder Schwitzen

• Schatten aufsuchen

Das Hauttumorzentrum am Kantonsspital Aarau ist das einzige zertifizierte Zentrum im Kanton Aargau, das die komplette Abklärung und Behandlung von Hautkrebs auf universitärem Niveau anbietet. Es ist von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) als Hauttumorzentrum anerkannt – ein Qualitätssiegel für höchste medizinische Standards.

Komplexe Fälle werden im interdisziplinären Tumorboard besprochen. Dabei arbeiten Dermatologie, Onkologie, plastische Chirurgie, Radiologie, Nuklearmedizin, Psychoonkologie und weitere Fachrichtungen eng zusammen – für massgeschneiderte Therapiekonzepte.

Das Zentrum bietet modernste Verfahren zur Früherkennung, feingeweblichen Analyse und molekularbiologischen Diagnostik. Therapeutisch kommen neben Operationen auch Immuntherapien, zielgerichtete Medikamente, photodynamische Therapien und ästhetisch-rekonstruktive Eingriffe zum Einsatz. Patientinnen und Patienten erhalten nicht nur eine medizinisch optimale Behandlung, sondern auch persönliche Beratung, strukturierte Nachsorge und – bei Bedarf – psychoonkologische Unterstützung für sich und Angehörige.

Dank der Lage direkt beim Bahnhof Aarau ist das Hauttumorzentrum gut erreichbar – auch für Patientinnen und Patienten aus der weiteren Umgebung.

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