Deutschland beteiligt sich an Hilfsgüter-Abwürfen über Gaza
Deutschland will sich an den internationalen Bemühungen beteiligen, die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen aus der Luft zu versorgen.

Zwei Maschinen vom Typ A400M der Bundeswehr seien in die Nahost-Region aufgebrochen, sagte der deutsche Kanzler Friedrich Merz in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem jordanischen König Abdullah II.
In Jordanien würden die Flugzeuge aufgetankt und ausgerüstet. Sie würden ihre Einsätze, bei der sie Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen sollen, möglicherweise schon an diesem Mittwoch, spätestens aber ab dem Wochenende fliegen, fügte Merz hinzu.
Beginnend mit vergangenem Sonntag warfen Flugzeuge aus Israel, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Hilfsgüter über dem Gazastreifen ab. Allein am Dienstag segelten dort 52 Paletten an Fallschirmen aus jordanischen und emiratischen Maschinen zu Boden.
Hilfsgüter aus der Luft: Helfer kritisieren teure Symbolpolitik
Helfer halten den Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen für ineffektiv und auch teuer, etwa im Vergleich zu Lastwagentransporten. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass es symbolische Gesten seien, die mehr dem eigenen Image dienten als den Betroffenen. Helfer weisen ausserdem darauf hin, dass die Paletten Menschen am Boden verletzen oder töten könnten.
Bereits im März und April des Vorjahrs hatte es Abwürfe über dem Gazastreifen gegeben – auch daran hatte sich Deutschland beteiligt. Die nunmehrige Aktion ist Ergebnis einer Kehrtwende der israelischen Blockadepolitik.
Israel blockierte Hilfslieferungen
Der jüdische Staat kontrolliert alle Zugänge zu dem Küstengebiet am Mittelmeer. Seit mehreren Monaten liess Israel keine oder nur wenige Hilfslieferungen passieren, um nach eigener Darstellung den Druck auf die islamistische Hamas zu erhöhen, die letzten der am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln freizulassen. Israel wirft UN-Organisationen vor, im Gazastreifen bereitstehende Hilfslieferungen nicht verteilt zu haben.
Seit vergangenem Sonntag lässt Israel wieder grössere Lieferungen auf dem Landweg zu und unterstützt die Abwürfe von Hilfsgütern durch verbündete Staaten. Zu dieser Wende hatte die weltweit wachsende Kritik an der entsetzlichen Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung geführt, die durch die Blockade an den Rand einer Hungersnot gebracht wurde.
Weitere Lkw mit Hilfsgütern erreichen Menschen in Not
So erreichten am Dienstag den dritten Tag in Folge Transporte mit Hilfsgütern auf dem Landweg den Gazastreifen. 260 Lastwagen seien in den abgeriegelten Küstenstreifen eingefahren und warteten derzeit auf ihre Abholung und die Verteilung der Güter, teilte die israelische Militärbehörde Cogat auf X mit. Am Montag seien mehr als 200 Lastwagenladungen in den Gazastreifen gelangt. Sie seien von UN- und anderen Organisationen übernommen worden, um die Humanitäre Hilfe zu verteilen.
Für die Bedürfnisse der Menschen sei das jedoch nicht ausreichend, meinen internationale Helfer. «Wir bekommen immer noch nicht die Mengen hinein, die nötig sind», sagte der Nothilfekoordinator des UN-Welternährungsprogramms WFP, Ross Smith. Seit Sonntag sei nur die Hälfte der Hilfsgüter, die das WFP in den Gazastreifen bringen wollte, von israelischen Stellen zur Verteilung genehmigt worden, fügte er hinzu.
Chaos und Plünderungen
Die Lastwagen, die ins Innere des Gazastreifens fahren, treffen auf eine ausgehungerte und verzweifelte Bevölkerung. Augenzeugen und Helfer vor Ort berichteten von chaotischen Szenen. Viele Ladungen seien von Menschenmengen geplündert worden, bevor sie die Lagerhäuser erreichen konnten.
Manche der Waren seien zum Verkauf auf den Strassenmärkten gelangt. Beobachter führen diese Zustände auch auf den Zusammenbruch jeglicher sozialer Ordnung im kriegszerstörten Gazastreifen zurück, den die israelische Blockadepolitik noch verschärft habe.
Zahl der getöteten Palästinenser auf mehr als 60.000 gestiegen
Auslöser des Gaza-Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Wie die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde am Dienstag mitteilte, kamen in den vergangenen knapp 22 Monaten 60.034 Palästinenser ums Leben. 145.870 weitere Menschen erlitten demnach Verletzungen, wie es in der Mitteilung hiess. Demnach handelt es sich bei der Mehrheit der Opfer um Frauen, Minderjährige und ältere Menschen.
Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen und unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. UN-Organisationen sehen sie aber als weitgehend zuverlässig an.