«Rohstoffe müssen abgebaut werden, aber nicht um jeden Preis»

Redaktion
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Region Zug,

Wie kann der Abbau von Rohstoffen nachhaltiger werden – und wo liegen die Herausforderungen? Rohitesh «Ro» Dhawan, CEO des ICMM, im Gespräch.

Rohstoffe
«Als Gesellschaft müssen wir einen Weg finden, unseren ständig steigenden Bedarf an Rohstoffen und die damit verbundene Ausweitung des Bergbaus mit den Bedürfnissen aller Betroffenen in Einklang zu bringen», sagt Ro Dhawan. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Der ICMM setzt Umwelt- und Sozialstandards für einen verantwortungsvollen Bergbau.
  • Die Firmenmitglieder der Organisation verpflichten sich, diese Standards einzuhalten.
  • Im Interview spricht CEO Ro Dhawan über den ICMM und die Herausforderungen der Branche.
  • Der Rohstoffbedarf müsse mit den Bedürfnissen aller Betroffenen zu vereinbart werden.

Herr Dhawan, der «International Council on Mining and Metals» (ICMM) setzt sich für einen verantwortungsvollen Bergbau ein. Was heisst das?

Ro Dhawan: Rohstoffe müssen abgebaut werden, aber nicht um jeden Preis. Die Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen müssen so weit wie möglich minimiert werden. Dies wird dadurch unterstützt, dass Bergbauunternehmen sich an die Bergbauprinzipien des ICMM halten und somit den Richtlinien für einen verantwortungsvollen Bergbau folgen.

Worum geht es bei diesen Bergbauprinzipien?

Die Bergbaugrundsätze des ICMM dienen unseren Mitgliedern als Leitfaden für die tägliche Praxis. Sie decken eine Reihe verschiedener Nachhaltigkeitsanforderungen ab. Dazu gehören Themen wie Wassernutzung, biologische Vielfalt, Menschenrechte, Klima sowie die Beziehung zu den indigenen Völkern. Wir unterstützen unsere Mitglieder bei der Umsetzung ihrer Pläne und Verpflichtungen in diesen Bereichen, indem wir Leitfäden für bewährte Verfahren erstellen.

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Bei den Bergbaugrundsätzen des ICMM geht es unter anderem auch um die Einhaltung von Menschenrechten. - zVg

Was sind Ihrer Meinung nach die dringlichsten Themen?

Klimawandel, Natur und die damit verbundenen ökologischen Herausforderungen sowie die Frage, wie Bergbauunternehmen mit indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten.

Was ist dabei die grösste Herausforderung?

Als Gesellschaft müssen wir einen Weg finden, unseren ständig steigenden Bedarf an Rohstoffen und die damit verbundene Ausweitung des Bergbaus mit den Bedürfnissen aller Betroffenen in Einklang zu bringen.

Dazu gehört, dass der Dialog mit indigenen Völkern auf Augenhöhe stattfindet. Ihre Rechte, Lebensweise und Kultur können durch den Bergbau erheblich beeinträchtigt werden – sowohl negativ als auch positiv.

Wie kann die indigene Bevölkerung Ihrer Meinung nach vom Bergbau profitieren?

Wenn sich in Gebieten, in denen indigene Völker leben, Möglichkeiten für den Bergbau ergeben, kann dies eine Chance sein, die soziale und wirtschaftliche Situation der indigenen Völker zu verbessern.

Dies ist aber nur möglich, wenn der Bergbau auf faire, respektvolle und integrative Weise durchgeführt wird. Die gleichberechtigte Beteiligung der indigenen Völker an den Entscheidungsfindungen sollte berücksichtigt werden.

Können Sie ein Beispiel für einen verantwortungsvollen Bergbau nennen?

Als eines unserer Mitglieder die rechtliche Genehmigung für eines seiner Bergbauprojekte erhielt, fehlte ihm die Unterstützung der Gemeinden. Anstatt sofort mit dem Projekt fortzufahren, verschob das Unternehmen es um mehr als ein Jahr, um einen Dialog mit den Gemeinden zu führen und einen soliden Konsens zu erreichen.

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Damit Bergbau fair und respektvoll betrieben werden kann, ist der Austausch mit der lokalen Bevölkerung sehr wichtig. - zVg

Diese Entscheidung verursachte sicherlich kurzfristige Kosten. Die Gemeinden sind heute aber weitgehend der Meinung, dass auch sie vom Projekt profitiert haben, und unterstützen das Unternehmen.

Wer kontrolliert, ob Gesetze und Abmachungen zwischen dem Bergbauunternehmen und der Bevölkerung eingehalten werden?

Vereinbarungen finden immer im Rahmen der nationalen Gesetze des jeweiligen Landes statt, in dem der Bergbau betrieben wird. Letztlich erteilen die Regierungen den Bergbauunternehmen die Betriebsgenehmigungen.

Damit diese Genehmigungen erteilt werden können, müssen Bergbauunternehmen beispielsweise nachweisen, dass Umweltauflagen und Arbeitsgesetze eingehalten werden. Zuständig für die Kontrolle ist die Regierung.

Was passiert, wenn der Verdacht besteht, dass sich ein Bergbauunternehmen nicht an die Gesetze oder andere Verpflichtungen hält?

Wenn der Verdacht besteht, dass ein Bergwerk die Anforderungen, die Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung waren, nicht erfüllt, können die Behörden Ermittlungen einleiten oder das Unternehmen kann vor Gericht gestellt werden.

In den USA und in Schweden gab es beispielsweise Fälle, in denen indigene Gemeinschaften vor Gericht geltend gemacht haben, dass ein Bergwerk seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist oder dass die Regierung die Rechte der indigenen Gemeinschaften bei der Erteilung der Genehmigung nicht ausreichend gewahrt hat.

Welche Rolle spielt der ICMM in diesem Zusammenhang?

Wir setzen Standards für einen verantwortungsvollen Bergbau. Unsere Mitglieder verpflichten sich, diese Standards einzuhalten. Natürlich sind unsere Bergbaugrundsätze kein Ersatz für Gesetze. Vielmehr sollen sie die Bergbauunternehmen ermutigen, die Best Practices zu berücksichtigen. In vielen Fällen geht das, was wir unseren Mitgliedern empfehlen und von ihnen verlangen, über das hinaus, was gesetzlich vorgeschrieben ist.

Wie viele Bergbauunternehmen gehören dem ICMM an?

Es handelt sich um 24 Bergbauunternehmen, die zusammen rund ein Drittel der weltweiten Bergbauindustrie ausmachen – unsere Mitglieder betreiben etwa 650 Standorte in über 50 Ländern.

Was ist mit denjenigen Bergbauunternehmen, die nicht Mitglied des ICMM sind?

Unser übergeordnetes Ziel ist es, die gesamte Bergbauindustrie dabei zu unterstützen, ihre Praktiken weiter zu verbessern. Wir arbeiten mit verschiedenen Bergbauverbänden zusammen, um eine breitere Anwendung dieser Praktiken zu fördern. Aus diesem Grund stellen wir unsere Informationen auch allen zur Verfügung, nicht nur den ICMM-Mitgliedern.

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Die 24 Bergbauunternehmen, die Mitglied des ICMM sind, machen zusammen rund ein Drittel der weltweiten Bergbauindustrie aus. - zVg

Was muss ein Bergbauunternehmen beachten, um beim Abbau umweltverträglich zu sein?

Ein wichtiges Thema sind die Auswirkungen des Bergbaus auf den Klimawandel und die Treibhausgasemissionen. Man muss den Bergbauunternehmen zugutehalten, dass sie viel getan haben, um ihren Stromverbrauch zu senken.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, was die Unternehmen tun, um Treibhausgasemissionen zu verringern?

Indem sie sich beispielsweise auf erneuerbare Energiequellen konzentrieren. Zudem arbeiten wir im Rahmen unserer Initiative «Innovation for Cleaner Safer Vehicles» mit unseren Mitgliedern und einigen der weltweit grössten Erstausrüster zusammen, um zu untersuchen, wie die Energieeffizienz durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen und anderen technologischen Fortschritten noch weiter gesteigert werden kann.

Das Thema Wasser steht auch immer wieder im Fokus und hat ein gewisses Konfliktpotenzial…

Absolut, Wasser ist ein wichtiges Thema! Der Bergbau findet oft in Ländern statt, in denen Wasser knapp ist. Viele Bergwerke haben die Möglichkeit, auf Meerwasser umzusteigen. Dieses wird entsalzt und für den Betrieb aufbereitet, um den Bedarf an anderen lokalen Wasserquellen zu verringern.

Das Entsalzungsprojekt des Collahuasi-Joint-Ventures zwischen Anglo American, Glencore und Japan Collahuasi Resources B.V. in Chile beispielsweise plant eine Kapazität von 1050 Litern pro Sekunde.

Wie sieht es mit der Biodiversität aus? Führt der Bergbau zu einem Artensterben?

Bergbau kann die biologische Vielfalt beeinträchtigen, wenn er nicht verantwortungsvoll betrieben wird. Deshalb bin ich stolz darauf, dass sich mit dem ICMM Nature Position Statement ein Drittel der weltweiten Bergbauindustrie dazu verpflichtet hat, Massnahmen zu ergreifen, um eine naturfreundliche Zukunft zu unterstützen.

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Die Verpflichtungen des ICMM beinhalten auch die Erhaltung von Lebensräumen, Artenschutz und die Wiederherstellung von Landschaften. Im Bild: Blick auf eine renaturierte Kohlegrube in Kolumbien. - zVg

Dabei sollen auch die Gesundheit, Vielfalt und Widerstandsfähigkeit von Arten, Ökosystemen und natürlichen Prozessen gefördert werden. Unsere Verpflichtungen bauen auf den Zielen und Massnahmen unserer Mitglieder auf.

Das beinhaltet die Erhaltung von Lebensräumen, Artenschutz und die Wiederherstellung von Landschaften. Ein wichtiger Punkt in unserer Stellungnahme ist, dass es an allen bestehenden Bergbaustandorten bis zum Abschluss der Stilllegung im Vergleich zum Jahr 2020 zumindest keinen Nettoverlust an biologischer Vielfalt geben soll.

Was geschieht mit den Arbeitern, wenn ein Bergwerk seinen Betrieb einstellt? Sind diese dann arbeitslos und stehen auf der Strasse?

Die Schliessung von Bergwerken ist eine der grössten Herausforderungen für Bergbauunternehmen, Arbeitnehmende, lokale Gemeinden und Regierungen auf der ganzen Welt. Eine verantwortungsvolle Stilllegung beinhaltet die Planung und Gestaltung der Schliessung in Zusammenarbeit mit diesen verschiedenen Gruppen.

Ein verantwortungsvolles Bergbauunternehmen arbeitet mit den Gemeinden zusammen, um die Widerstandsfähigkeit gegen Veränderungen wie die Schliessung eines Bergwerks zu stärken. Damit soll sichergestellt werden, dass sie über die nötigen Mittel verfügen, um an den Möglichkeiten nach dem Bergbau teilzuhaben.

Was heisst das konkret?

Solange ein Bergwerk in Betrieb ist, müssen unbedingt Massnahmen zur Schaffung von anderen Arbeitsplätzen und wirtschaftlichen Aktivitäten vor Ort ergriffen werden, die eigenständig und nicht vom Bergwerk abhängig sind. Viele Bergbauunternehmen stellen finanzielle Mittel für lokale Unternehmen zur Verfügung, damit sich die regionale Wirtschaft entwickeln, ihre Abhängigkeit vom Bergwerk verringern und langfristig florieren kann.

Kann man auf dem Land, das für Bergbauzwecke gebraucht wurde, einfach so Landwirtschaft betreiben? Ist das Land nicht verunreinigt?

Es ist in der Tat möglich, Land zu bewirtschaften, das zuvor für den Bergbau genutzt wurde. Dennoch müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass es weltweit eine Reihe historischer und stillgelegter Bergwerke gibt, die nicht verantwortungsvoll geschlossen wurden, was zweifellos Auswirkungen auf das umliegende Land hat. Aus diesem Grund müssen Bergbauunternehmen, Gemeinden und Regierungen weiterhin zusammenarbeiten, um die kritische Herausforderung der Schliessung anzugehen.

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Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Glencore erstellt. Er erschien in ähnlicher Form erstmalig in der NZZaS-Verlagsbeilage «Mineralische Rohstoffe» vom 24. November 2024.

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Kommentare

User #2648 (nicht angemeldet)

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