Der Jemen versank schon vor dem Coronavirus im humanitären Desaster. Nun sammelte die Uno Gelder. Die Spenden bleiben aber deutlich unter dem Ziel.
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Kinder auf der Flucht in Jemen holen Wasser in einem Flüchtlingscamp. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als 20 Millionen Jemeniten benötigen humanitäre Hilfe und Schutz.
  • Die Uno hat gemeinsam mit der Schweiz zu einer Geldgeberkonferenz gerufen.
  • Die Spenden blieben wie im letzten Jahr unter allen Erwartungen.
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Es ist ein Tropfen auf den heissen Stein: 14 Millionen Franken hat die Schweiz an der Geberkonferenz für den Jemen zugesichert.

Ein Land, das von Krieg, Zerstörung und Hunger heimgesucht wird. Es ist die schlimmste humanitäre Katastrophe weltweit, welche die jemenitische Bevölkerung erleidet – und das seit Jahren.

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Jemeniten erhalten Essen durch Hilfsorganisationen. - Keystone

Es sei «unmöglich, beim Ausmass des Leids in Jemen zu übertreiben», erklärte Uno-Generalsekretär António Guterres an der Online-Geberkonferenz. «Mehr als 20 Millionen Jemeniten benötigen humanitäre Hilfe und Schutz, wobei Frauen und Kinder am stärksten betroffen sind.» 67 Prozent, also zwei von drei Menschen im Jemen benötigten Nahrungsmittelhilfe, medizinische Versorgung oder andere lebensrettende Unterstützung durch humanitäre Organisationen.

Organisationen, die sich ob fehlenden Hilfszahlungen und der zunehmend bedrohlicheren Arbeitsbedingungen immer mehr aus dem Land zurückziehen. Gemäss Ärzte ohne Grenzen seien Hunderte Gesundheitseinrichtungen zerstört oder wegen fehlender Mitarbeiter und Mitteln geschlossen.

Gemeinsam mit Schweden und der Schweiz berief die Uno am Montag eine Geldgeberkonferenz ein. Das Ziel war es, die benötigten 3,85 Milliarden Dollar zusammenbringen. Zu ambitioniert, wie sich nun zeigt: In diesem Jahr sind die Geldgeber mit nur 1,7 Milliarden gar weniger spendabel als im letzten Jahr (1,9 Milliarden).

Hungersnot im Jemen
Der zwei Monate alte Abdullah wird im Al Sadaqah Krankenhaus von Krankenschwester Fazal gehalten, bevor er gewogen und gemessen wird. Er leidet an schwerer akuter Unterernährung und ist das - dpa

«Einzig von Mensch gemachte Hungersnot»

Dabei wäre das Desaster zu lösen: «Es ist eine einzig von Menschen gemachte Hungersnot, eine Entscheidung von Mächtigen über Machtlose.» So beschreibt Uno-Nothilfekoordinator Mark Lowcock die Situation.

Gerade die wichtigsten Geldgeber, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, könnten Einfluss auf die Krise nehmen. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Herbst 2014 ist die Lage prekär. Mit ihrer militärischen Intervention ab Frühling 2015 sorgen sie zusätzlich für Elend und Zerstörung. Zudem hat die Intervention der saudisch geführten Militärkoalition eine Lösung zusätzlich verkompliziert.

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Mark Lowcock, UN-Nothilfekoordinator, stellt bei einer Pressekonferenz am Sitz der Vereinten Nationen einen Bericht vor. - dpa

Doch scheint es für Saudi-Arabien günstiger, das Elend in Jemen mit Geld zu bekämpfen, als die Bombardements einzustellen. Wohl auch, weil die Militärintervention unter anderem auf die Kappe des saudischen Kronprinzen und damaligen Verteidigungsminister Mohammed bin Salman geht.

Huthi-Rebellen mit neuer Offensive

Auf der anderen Seite zeigen sich auch die iranisch unterstützten Huthi-Rebellen nicht unnachgiebig. Die Gefechte haben sich zuletzt mit ihrer neuen Offensive auf die strategisch wichtige Stadt Marib gar intensiviert.

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Bewaffnete Huthi-Rebellen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. - Keystone

Die Huthis fühlen sich zurzeit gestärkt, da US-Präsident Joe Biden angekündigt hatte, keine Kampfhandlungen im Jemen mehr zu unterstützen. So hatte die USA dem saudischen Militärbündnis wichtige logistische und Geheimdiensthilfe entzogen.

Seit seiner Unabhängigkeit wurde der Jemen immer wieder von Bürgerkriegen heimgesucht. Doch hatte der arme Golf-Staat vor 2014 eine einigermassen funktionierende Wirtschaft, eine nationale Infrastruktur und eine Exportbasis. Heute sei dies alles hinüber, erklärt Lowcock. Die Felder seien zerbombt und die Fischerboote zerstört.

Und dann noch das Coronavirus

Und nun ist das Coronavirus ungebremst auf den Jemen eingebrochen. Ein Arzt erzählt gegenüber«ZDF» von unglaublich vielen Toten und Infizierten. Diese würden aber von offiziellen Zahlen des Coronavirus nicht widerspiegelt. Dies, da die Testkapazitäten nicht vorhanden seien, so Tankres Stöbe von Ärzte ohne Grenzen.

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Ein Freiwilliger versprüht Desinfektionsmittel in Sanaa im Kampf gegen das Coronavirus. - AFP/Archiv

Entsprechende Behandlungsmöglichkeiten – Fehlanzeige. Zudem erschweren soziale Traditionen die Situation. Etwa «Social Dstancing». Und ohne Wasser könnten auch Hygienemassnahmen nicht eingehalten werden.

1,7 Milliarden Dollar für Jemen sind «enttäuschend»

Familien hielten sich mit Reis, Brot, Zwiebeln oder Tomaten gerade so über Wasser. Mehr können sich viele Familien kaum leisten, wie Jean-Nicolas Beuze, UNHCR-Chef im Jemen, der Deutschen Presse-Agentur sagt. Kinder würden betteln und Blechdosen sammeln, um sie an Geschäfte zu verkaufen. Um zu überleben, würden sich Jungs bewaffneten Gruppen anschliessen und Mädchen sich prostituierten.

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Die UN-Geberkonferenz in Genf sammelte zwei Milliarden Dollar für Jemen. - Keystone

«Der Krieg verschlingt eine ganze Generation», mahnte UN-Chef Guterres darum an der Geberkonferenz. Die 1,7 Milliarden: «Enttäuschend.» Das Kürzen von Hilfsgeldern sei «ein Todesurteil».

Es spenden Saudi-Arabien (430 Millionen Dollar) und die Vereinigten Arabischen Emirate (230 Millionen). Zudem aber auch die USA (430 Millionen), Deutschland (240 Millionen) und die EU (114 Millionen).

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