Aktivisten: Israels Marine stoppt Gaza-Hilfsflotte
Die Gaza-Hilfsflotte «Flotilla» wurde kurz vor dem Küstenstreifen von Israels Marine gestoppt. In mehreren europäischen Städten gibt es Solidaritäts-Proteste.
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Das Wichtigste in Kürze
- Israels Marine hat die Gaza-Hilfsflotte «Flotilla» vor dem Küstenstreifen gestoppt.
- Die Gruppe von mehr als 40 Booten wollte Hilfslieferungen nach Gaza bringen.
- Auch mindestens ein Boot von Schweizer Aktivisten wurde von Israels Soldaten gestoppt.
- In verschiedenen Städten formierten sich daraufhin Support-Proteste – auch in der Schweiz.
- Das EDA hat Israel öffentlich an die Wahrung der Verhältnismässigkeit erinnert.
Israels Kriegsmarine hat Aktivisten-Berichten zufolge den ersten Teil der privaten Flotte von Schiffen mit Hilfslieferungen für den Gazastreifen gestoppt. «Die Global Sumud Flotilla wurde von israelischen Seestreitkräften angehalten», teilte die Trägerorganisation in ihrem Telegram-Kanal mit.
Zuvor hatten Aktivisten auf Instagram geschrieben, dass Soldaten die ersten Schiffe geentert hätten. Videos in den sozialen Medien zeigen diese Momente. Ein Schiff sei gerammt worden, teilte die Global Sumud Flotilla mit. Weitere Boote seien mit Wasserwerfern beschossen worden. Dabei sei allerdings niemand verletzt worden.
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Die Gruppe von mehr als 40 Motor- und Segelbooten hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben auf 70 bis 80 Seemeilen dem Gazastreifen genähert.
Auch Boot mit Schweizer gestürmt – EDA meldet sich zu Wort
Wie auf dem Instagram-Account von «Waves of Freedom» zu entnehmen ist, wurde mindestens auch ein Boot mit Schweizer Aktivisten gestürmt. Die Organisation hatte sich Anfang September der «Flotilla» angeschlossen: Mit fünf Segelbooten und 44 Schweizern. Auf Instagram fordern die Aktivisten das Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) zum Einschreiten auf.

Tatsächlich meldete sich das EDA auf der Plattform X (ehemals Twitter) zum Abfangen der «Flotilla»-Boote. In einem Beitrag erinnert die Schweiz, Israel an die Wahrung der Verhältnismässigkeit. Weiter hiess es, die Sicherheit der Teilnehmer müsse gewährleistet sein.
Das EDA sei zudem bereit, ein Verfahren einzuleiten, um konsularischen Schutz für die betroffenen Personen sicherzustellen – insbesondere zur Wahrung ihrer Grundrechte. Die Schweizer Botschaft in Tel Aviv stehe dazu in regelmässigem Kontakt mit den israelischen Behörden.

Noch nicht alle Boote gestoppt
Die «Flotilla» war Ende August von Barcelona aus in See gestochen. Ihre Teilnehmer, unter ihnen die Schwedin Greta Thunberg, wollen nach eigener Darstellung Hilfslieferungen für die Bevölkerung des von Israel und Ägypten seit Jahren abgeriegelten Gazastreifens an Land bringen. Auch wollen sie damit gegen Israels militärisches Vorgehen in dem Küstenstreifen protestieren.
«Greta und ihre Freunde sind in Sicherheit und gesund», hiess es in einer Mitteilung des israelischen Ministeriums. Einige Schiffe seien sicher angehalten und ihre Passagiere in einen israelischen Hafen gebracht worden.
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Nach Berichten auf Social Media wurden bisher nur einige Boote gestoppt. Andere würden stabil am Kurs auf Gaza festhalten, heisst es etwa in einem Beitrag von «Movement to Gaza Austria». In der Nacht teilten die Aktivisten zudem mit, dass 13 Schiffe im Mittelmeer abgefangen wurden, rund 30 würden ihre Reise aber fortsetzen.
«Wie fahren weiterhin durch das Mittelmeer, um die Belagerung des Gazastreifens zu durchbrechen», sagte ein Sprecher der Organisation. Es ist zu erwarten, dass aber auch die restlichen Boote von Israels Marine gestoppt wird.
Solidaritäts-Proteste in vielen Städten – auch in Genf und Lausanne
Nachdem bekannt wurde, dass die Hilfsflotte von Israels Marine gestoppt wurde, formierten sich am späten Mittwochabend in verschiedenen Städten Europas spontan Solidaritätsproteste für die «Flotilla». Auch in Lausanne kamen rund 1000 Menschen zu einem Spontan-Protest zusammen.
Ein Collectif pro-Palestine hatte kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls zu einer Kundgebung aufgerufen. Laut einem Fotografen von Keystone-SDA zogen die Teilnehmenden von der Riponne nach St-François. Die Polizei sprach von 500 bis 1000 Personen. Bis 22.15 Uhr gab es demnach keine Zwischenfälle.
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Weiter kamen auch einige Demonstranten in Genf zusammen – auf einem Video auf Social Media ist zu sehen, wie sei eine Strasse blockieren. Für Zürich ist eine Spontan-Demo für den morgigen Donnerstagabend angekündigt – auch in Genf ist eine weitere Demonstration angekündigt.
Weiter zeigen Videos aus Brüssel, wie hunderte Demonstranten auf das belgische Aussenministerium zu marschieren. Ein ähnliches Bild zeigt sich laut Berichten auf Social Media in Barcelona. Auch in Berlin kamen hunderte Menschen auf der Strasse zur Unterstützung für die «Flotilla» zusammen.
In Italien ist es gleich in mehreren Grosstädten zu Solidaritätsdemonstrationen gekommen. Menschen kamen etwa in Rom, Milan, Turin und auch in Neapel zusammen. In Neapel blockierten mehrere Demonstranten die Gleise des Hauptbahnhofs, weshalb der Zugverkehr gestoppt werden musste. Für diesen Freitag kündigte Italiens grösster Gewerkschaftsverband ausserdem einen landesweiten Streik an.
Israels Aussenminister spricht von «Provokation»
Das israelische Aussenministerium teilte auf X mit, die israelische Kriegsmarine habe die Flottille aufgefordert, ihren Kurs zu ändern. Ihre Hilfslieferungen könnten sie in Häfen ausserhalb des Gazastreifens an Land bringen, sie würden in das palästinensische Küstengebiet weitertransportiert. Die Besatzungen seien informiert worden, dass sie sich einer aktiven Kampfzone näherten.
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«Die Flottilla hat (das Angebot) abgelehnt, weil sie nicht an Hilfeleistung interessiert ist, sondern an Provokation», hiess es in der Stellungnahme des Aussenministeriums weiter. Live übertragene Bilder von Kameras an Bord einiger Boote zeigten Aktivisten in Schwimmwesten, die offenbar auf ein Entern ihrer Boote durch israelische Marinesoldaten warteten.
Flotten-Sprecher an Israel: «Anerkennen euch nicht als legitimen Akteur»
Der Sprecher der Flotte, Thiago Ávila, begründete die Ablehnung des Angebots, die Hilfslieferungen über Israel ausliefern zu lassen, damit, dass die Humanitäre Hilfe nicht der Besatzungsmacht im Gazastreifen überlassen werden dürfe. Die Palästinenser im Gazastreifen hätten das Recht, ihre eigenen Grenzen zu kontrollieren.
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«Deshalb anerkennen wir euch nicht als legitimen Akteur, um Humanitäre Hilfe zum palästinensischen Volk im Gazastreifen zu bringen», teilte er an Israel gerichtet über X mit. Die Seeblockade, die Israel vor dem Küstengebiet aufrechterhält, bezeichnete er als «völkerrechtswidrig».



















