US-Experte: «Elon Musk muss mit Trumps Rache rechnen»
Elon Musk will eine Partei gründen, Donald Trump sagt, das sei «lächerlich». Nau.ch hat bei Experten nachgefragt, ob die «America Party» überhaupt Chancen hat.

Das Wichtigste in Kürze
- Elon Musk will eine eigene Partei, die America Party, gründen.
- Dafür muss er mit der Rache von Donald Trump rechnen, sagt US-Experte Thomas Greven.
- Drittparteien haben es im Zweiparteiensystem der USA schwer.
- Sie können aber «ein Störfaktor» sein, erklärt Politologin Sarah Wagner.
Tech-Milliardär Elon Musk hat am Samstag angekündigt, eine neue Partei gründen zu wollen: die «America Party».
US-Präsident Donald Trump bezeichnet das Vorhaben seines früheren Kostensenkers als «lächerlich». Die Ankündigung, eine eigene Partei gründen zu wollen, ist der bisherige Höhepunkt der Fehde zwischen den beiden ehemaligen Polit-Freunden.
Neue Partei könnte «kurzfristig Ventil bieten»
Doch ist die Idee wirklich so «lächerlich», wie Trump sagt?
«Das vielleicht nicht, aber schwierig wird es sicherlich», sagt US-Experte Thomas Greven von der Freien Universität Berlin gegenüber Nau.ch.
Sarah Wagner von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz hält fest: «Die Gründung einer weiteren Partei in den USA, ein Land, welches schon mehrere Kleinparteien vorweisen kann, ist keine neue Idee.»
Allgemein seien viele Amerikaner mit dem politischen System der USA frustriert. «Eine neue Partei könnte kurzfristig ein Ventil bieten», sagt die US-Expertin.
«Allerdings bin ich skeptisch, ob eine Partei, die in erster Linie die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen von Musk vertritt, hier eine Chance hat.»
Zudem habe Elon Musk schon oft grosse Projekte angekündigt, «ohne diese langfristig oder erfolgreich zu Ende zu führen».
Diese Chancen hat neue Musk-Partei
Vor allem das Mehrheitswahlrecht sorge dafür, dass es in den USA nur zwei grosse Parteien gibt.
Wagner erklärt: «Die Wahlkreise sind zum Vorteil dieser Parteien gezogen, es bestehen zudem auch bürokratische Hürden, Kandidaten auf die Stimmzettel zu setzen. Mit solchen Strukturen zu konkurrieren, ist schwer.»
Das Wahlrecht begünstige das Zweiparteiensystem. Drittparteien hätten es «enorm schwer», in den Kongress- oder gar Präsidentschaftswahlen Erfolge zu verzeichnen.
Hier gehe es nicht nur um Geld, sondern um Geduld für einen langfristigen Aufbau einer Parteistruktur und Unterstützung aus der Bevölkerung. «Beides ist gerade Mangelware bei Musk», hält Wagner fest.
Auch US-Experte Greven sagt: Im Zweiparteiensystem der USA hätte Musks Partei nur eine Chance, «wenn sie geduldig aufgebaut wird».
Greven erklärt: «Schnelle Erfolge sind kaum zu erwarten, weil es formale und informelle Hürden für neue Drittparteien gibt, insbesondere das Winner-takes-all-System.»
Partei-Ziele orientieren sich Musks an persönlichen Interessen
Geht es Elon Musk also vielleicht mehr um Selbstvermarktung als um die Sache?
Daran glaubt Greven nicht: «Da Musk mit Trumps Rache rechnen muss, rechnet sich das für ihn in Sachen ‹Selbstvermarktung› wohl nicht.»
Diese «Rache» könnte Aufträge und Subventionen betreffen.

Kern der America Party werde wohl eine (traditionell republikanische) fiskalkonservative Wirtschafts- und Sozialpolitik, so Greven. Gegebenenfalls komme noch Musks persönlicher Sozialkonservativismus hinzu – wie «Anti-Wokeness».
Sarah Wagner sagt zu den möglichen Zielen und Werten der Partei: «Es verbirgt sich hier schon ein bestimmtes Level an Frust von Elon Musk.»
Eigentlich habe er den Staatsapparat trimmen und privatisieren wollen. Jetzt müsse er zusehen, wie das neue Gesetzespaket der Republikaner die Verschuldung enorm in die Höhe treibe.
Sie hält fest: «Die Ziele der neuen Partei orientieren sich in erster Linie an den persönlichen und wirtschaftlichen Interessen von Elon Musk.» Zum Beispiel weniger Schulden, Künstliche Intelligenz, die sinkende Geburtenrate und Deregulierung.
«Interessant wird sein, in welchen Wahlkreisen und Rennen solche Kandidaten antreten würden, um schwache Republikaner herauszufordern», so Wagner.
Um eine Massenpartei scheine es dem SpaceX-Gründer nicht zu gehen. «Vielmehr soll die dünne Mehrheit der Republikaner bedroht werden», sagt die US-Expertin.
Neue Partei von Elon Musk keine Bedrohung für Trump
Für Thomas Greven ist klar: Für Trump bedeutet die Ankündigung «kurzfristig wenig mehr als eine Verschärfung des Zwists mit Musk». Dieser werde über die sozialen Medien ausgetragen.
«Für ihn kein Problem, da er diese Art Auseinandersetzungen beherrscht und vielleicht sogar geniesst», so Greven.
Auch Sarah Wagner sagt: «Zuerst einmal würde eine neue Partei keine grosse Bedrohung für Trump darstellen.»

Seine Anhänger seien nämlich nicht nur Republikaner, sondern vielmehr Anhänger von ihm und seiner Person. Sie stünden Trump loyal zur Seite.
Der Einfluss des Tesla-Chefs sei auch nicht unendlich: «Als sich Musk in Wisconsin in den Wahlkampf um ein Richteramt direkt eingemischt hat, wurde das mit einem deutlichen Sieg der Demokraten quittiert.»
Zudem sei den Wählern klar, dass in polarisierten Zeiten und engen Wahlen jede Stimme zähle. «Die will man dann oft nicht verschwenden an einen aussichtslosen Drittkandidaten», so Wagner.
Wechselwähler oder Nichtwähler interessant
Aber: «Drittparteien können eine Rolle spielen», räumt Wagner ein. «Vor allem in engen Wahlen und Rennen können sie für etablierte Parteien ein Störfaktor sein.»
Allerdings sei die Parteibindung in den USA unter Wählern relativ hoch. «Interessant für diese Partei wären eher die Wechselwähler oder Nichtwähler.»

Elon Musk wolle auch gar nicht das System dominieren, er spreche von wenigen Abgeordneten im Kongress. Aufgrund der dünnen Mehrheitsverhältnisse hätte diese dann aber eine wichtigere Rolle inne und könnten «Zünglein an der Waage» spielen.
Abschliessend stellt Wagner klar: «Für die amerikanische Demokratie ist es jedoch kein gutes Zeichen, dass der reichste Mann der Welt eine Partei für die Durchsetzung der eigenen Interessen gründet.»