Neun Monate vor der Präsidentenwahl rühmt sich Donald Trump vieler Erfolge. Doch einige Errungenschaften sind nicht ganz so rekordverdächtig wie behauptet.
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US-Präsident Donald Trump lobt sich selbst vieler Erfolge. Doch wie rekordverdächtig ist sein Verdienst wirklich? - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump lobt sich in der Rede zur Lage der Nation selbst vieler Erfolge.
  • Ein Faktencheck zeigt, wie rekordverdächtig sein Verdienst tatsächlich ist.

Am besten, am grössten, am tollsten: US-Präsident Donald Trump hat sich in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress vieler Erfolge gerühmt. Zum Auftakt des Wahljahres sprach er unter dem Motto «das grosse amerikanische Comeback» ausführlich über die Errungenschaften seiner bisherigen Amtszeit. Hier eine Bewertung einiger seiner Aussagen:

Behauptung Donald Trump: «Ich freue mich, Ihnen heute berichten zu können, dass unsere Wirtschaft so gut dasteht wie nie zuvor.»

Bewertung: Das ist übertrieben.

Fakten: Das höchste Wirtschaftswachstum während Trumps Amtszeit gab es mit 2,9 Prozent im Jahr 2018. Im vergangenen Jahr fiel die Zunahme angesichts eines global schwächeren Wachstums aber um 0,6 Prozentpunkte geringer aus. Die von Trump angezettelten Handelskonflikten verschlimmerten die Lage zusätzlich.

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Donald Trump behauptet, dass die US-Wirtschaft noch nie einen so grossen Boom erlebt hat. - Keystone

Es war trotz steigender Ausgaben der Regierung das langsamste Wachstum seit 2016. In der Vergangenheit ist die US-Wirtschaft mitunter deutlich schneller gewachsen: Ende der 90er-Jahre etwa gab es unter Bill Clinton vier Jahre in Folge ein Wachstum von mehr als 4 Prozent. 1984 wiederum waren es sogar 7 Prozent.

Behauptung: «Die Arbeitslosenquote ist die niedrigste seit mehr als einem halben Jahrhundert.»

Bewertung: Das stimmt, der Aufschwung am Arbeitsmarkt begann aber schon vor Trumps Amtszeit.

Fakten: Die US-Arbeitslosenquote liegt bei 3,5 Prozent, dem niedrigsten Stand seit einem halben Jahrhundert. Der Rückgang begann allerdings nicht erst mit Trumps Amtsantritt, sondern bereits vor mehr als zehn Jahren unter Vorgänger Barack Obama.

Damals war die Quote im Zuge der weltweiten Finanzkrise zeitweise auf bis zu 10 Prozent gestiegen. Bis zum Amtsantritt von Donald Trump im Januar 2017 hatte sich die Arbeitslosenquote aber wieder auf 4,7 Prozent halbiert.

Behauptung: «Wir werden die Aids-Epidemie in Amerika bis Ende des Jahrzehnts ausmerzen.»

Bewertung: Das ist extrem unwahrscheinlich.

Fakten: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in den USA geht der Gesundheitsbehörde CDC zufolge seit vielen Jahren nur langsam zurück. 2008 gab es noch 48 000 Neuinfektionen, fünf Jahre später waren es noch 39 000. Seit 2013 scheint die Zahl allerdings zu stagnieren.

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Auch Elizabeth Warren, demokratische Wahlkampfgegnerin von Donald Trump, hat sich den Kampf gegen HIV zur Aufgabe gemacht. - Keystone

2018 gab es erneut 38 000 Neuinfektionen. Trotz eines politischen Aktionsplans der Regierung gibt es also kaum Gründe, die einen plötzlichen Rückgang auf Null bis 2020 nahelegen würden. Das HI-Virus löst die Immunschwächekrankheit Aids aus.

Behauptung: «Dank unserer mutigen Kampagne zum Abbau von Regulierungen sind die Vereinigten Staaten bei Weitem der grösste Produzent von Öl und Erdgas geworden.»

Bewertung: Das stimmt, ist aber zum Teil übertrieben.

Fakten: Der US-Energieagentur (EIA) zufolge sind die USA der weltgrösste Produzent von Rohöl und Erdgas. Das kann Donald Trump allerdings nur sehr eingeschränkt als seinen Erfolg verbuchen, weil dies bereits unter Obama der Fall war.

Die Förderung der Rohstoffe in den USA ist wegen der Anwendung der Fracking-Methode über viele Jahre rasant angewachsen. Die USA sind der EIA zufolge seit 2009 vor Russland der grösste Gasproduzent und haben inzwischen auch Saudi-Arabien als grössten Ölproduzenten überholt.

Behauptung: «Ich habe die Beiträge der anderen Nato-Mitglieder um mehr als 400 Milliarden erhöht.»

Bewertung: Das ist irreführend und in der Sache wohl zu optimistisch.

Fakten: Donald Trump fordert die übrigen Nato-Staaten seit Beginn seiner Amtszeit auf, ihre Verteidigungsausgaben anzuheben - er kann diese allerdings nicht selbst «erhöhen», wie er es formuliert hat. Trump will, dass die Nato-Länder das Ziel des Bündnisses erfüllen, mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftleistung fürs Militär auszugeben.

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Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (2.v.l.) würde Donald Trump in dieser Behauptung wohl widersprechen. - Keystone

Dazu hatten sich die Mitgliedsstaaten allerdings bereits 2014 verpflichtet. Im November hatte die Nato neue Zahlen präsentiert, die wohl auch Donald Trump besänftigen sollten. Demnach soll sich die Summe der Mehrausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas von Anfang 2016 bis Ende 2020 auf 130 Milliarden US-Dollar belaufen. Bis Ende 2024 sollen es rund 400 Milliarden Dollar sein.

Behauptung: «Die Zahl der Drogentoten ist zum ersten Mal seit 30 Jahren zurückgegangen.»

Bewertung: Das stimmt im Wesentlichen.

Fakten: Die Zahl der Menschen, die infolge einer Überdosis Drogen ums Leben gekommen sind, ist 2018 erstmals seit knapp drei Jahrzehnten wieder rückläufig gewesen. Die Zahl der Drogentoten sank der US-Gesundheitsbehörde (CDC) zufolge im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent auf 67 367 Menschen.

Behauptung: «Während wir sprechen, wird eine lange, hohe und sehr mächtige Mauer gebaut. Wir haben jetzt mehr als 100 Meilen fertiggestellt und werden mehr als 500 Meilen komplett fertig haben bis Anfang nächsten Jahres.»

Bewertung: Das stimmt, ist aber wahrscheinlich übertrieben.

Fakten: Der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko war eines der zentralen Versprechen Trumps vor seiner Wahl zum Präsidenten. Bis Mitte Januar waren nach Angaben des Heimatschutzministeriums aber erst rund 160 Kilometer der neuen Grenzmauer fertiggestellt - das entspricht etwa 5 Prozent der rund 3200 Kilometer langen Grenze.

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Erst rund fünf Prozent der Mauer zu Mexiko konnten bisher fertiggstellt werden. Dies entspricht der Behauptung von Donald Trump nicht ganz. - Keystone

Der langsame Fortschritt liegt unter anderem an Rechtsstreitigkeiten und am Widerstand der Demokraten im Kongress. Um den Mauerbau schneller voranzutreiben, leitet Donald Trump nun mit Hilfe einer Notstandserklärung Mittel aus dem Verteidigungshaushalt dafür um. Bis Anfang 2021 bis zu 800 Kilometer fertigzustellen, scheint aber übermässig optimistisch.

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