Einmal in der Woche fährt ein alter Zug von Nairobi zum Fusse des Mount Kenya. Wer diesen Bummelzug nimmt, kommt bereits erholt am Reiseziel an.
Mount Kenya Mann Wanderer Vegetation Hochland
Die felsigen Gipfel des Mount Kenya immer im Blick: Der Guide gibt den Weg vor, der über einen Rundweg hinauf zum Gipfel führt. - Julian Hilgers/dpa-tmn
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Mount-Kenya-Bergmassiv ist nach dem Kilimanscharo das zweithöchste in Afrika.
  • Die Anreise erfolgt am besten mit dem Bummelzug, der wunderbar entschleunigt.
  • Es lohnt sich eine Tagestour zum 4000 m hohen Gipfel oder ein Ausflug in den Nationalpark.

Jeden Freitag um 9 Uhr rollt ein Zug aus Kenias Hauptstadt Nairobi Richtung Nanyuki am Fusse des Mount Kenya. Die alte Lokomotive hupt pünktlich und verlässt ratternd den Hauptbahnhof der Millionenmetropole.

So viel vorweg: Wer schnell ans Ziel kommen will, fährt nicht mit dem Zug nach Nanyuki. Der Bummelzug braucht für die knapp 180 Kilometer rund 7,5 Stunden, mit dem Bus sind es nur gut drei. Dennoch lohnt sich die längere Anreise.

Zug Landschaft Kuhherde Industriegebäude
Auf der rund 7,5 Stunden langen Bahnfahrt von Nairobi aus in Richtung Nanyuki bekommt man vom Land viel mit. Hier grast eine Kuhherde direkt neben den Zuggleisen. - Julian Hilgers/dpa-tmn

Die Tickets verkauft ein Mitarbeiter direkt am Bahnsteig. «Kenya Railways erwartet, dass die Fahrgäste mindestens eine Stunde oder früher vor der Abfahrtszeit einchecken», steht auf der Webseite. Nötig scheint das nicht. Bei der Abfahrt sind die fünf Wagons kaum gefüllt.

Zugfahrt: Wechsel zwischen Industrie und Feldern

Der Zug lässt die Hochhäuser Nairobis hinter sich und rollt langsam durch die Aussenbezirke der Hauptstadt, vorbei an Industriegeländen, Wohnsiedlungen und Müllbergen. Staub und Gestank dringen durch die Fenster in die Wagons.

Irgendwann weicht die Industrie grünen Feldern mit Mais, Bohnen und Kohl. Und der Zug füllt sich.

«Für viele Menschen auf den Dörfern ist der Zug günstiger», erklärt der Lokführer. Die Fahrt in der zweiten Klasse kostet 200 Kenia-Schilling, umgerechnet etwa 1,60 Franken.

Weide Zebra Landschaft Afrika
Am Mount Kenya in der Nähe grasen friedliche Zebras. Die Region ist bisher von Touristen noch wenig erschlossen. - Julian Hilgers/dpa-tmn

Dort sitzen Männer, Frauen und Kinder nun in zwei Sitzreihen wie in einer U-Bahn eng nebeneinander. Um sie herum Taschen, eine grosse Topfpflanze und Proviant für die Fahrt.

Die Fahrt im Bummelzug durch Kenia entschleunigt. Je näher der Zug Nanyuki kommt, desto grüner und hügeliger wird die Landschaft.

Auf der schmalen einspurigen Strecke wirkt der Zug wie eine Attraktion in einem Freizeitpark. Dazu passen die Reaktionen der Menschen entlang der Gleise. Einige Erwachsene schiessen Fotos mit ihren Handys, die vielen Kinder in ihren Schuluniformen winken.

Die Stadt Nanyuki ist bei Touristen noch wenig bekannt

Der Zug erreicht Nanyuki pünktlich. Bei Touristen ist die Stadt noch relativ unbekannt. Gerade mal 50'000 Menschen leben hier.

Doch selbst für eine kenianische Kleinstadt wirkt Nanyuki überraschend ruhig und entspannt. Am Horizont komplettiert der Mount Kenya die Kulisse.

Nanyuki Stadt Afrika Kenia
Selbst für eine kenianische Kleinstadt wirkt es hier ruhig: Nanyuki zählt 50.000 Einwohner und liegt etwa 180 Kilometer von der Hauptstadt Nairobi entfernt. - Julian Hilgers/dpa-tmn

Der Batian-Gipfel liegt auf 5199 Metern Höhe und verschwindet am Nachmittag meist in dichten Wolken.

Das Mount-Kenya-Bergmassiv ist nach dem Kilimandscharo das zweithöchste in Afrika. Die Besteigungen dauern zwei bis sechs Tage, je nach Gipfel, Route und Erfahrung.

Auch eine Tagestour kann sich lohnen. Zum Beispiel über die Sirimon Route, die einige Kilometer nordöstlich von Nanyuki startet.

Die Tour beginnt am Camp Moses auf 3300 Metern. Das Thermometer zeigt 13 Grad, der Wind bläst stark, doch die Sonne scheint vom wolkenklaren Himmel und beleuchtet die Gipfel Bergmassivs. Perfektes Wanderwetter.

«Hier im Nationalpark gibt es Elefanten, Zebras, Paviane und sogar Leoparden», erklärt Guide Desmond. Nur leben sie entweder nicht auf dieser Höhe oder scheinen sich gut zu verstecken. Bloss ein Murmeltier schreit aus der Ferne.

Rundweg führt zum Gipfel in 4000 Meter Höhe

Der Weg führt durch eine Berglandschaft mit Gräsern, Felsen und verschiedene Arten von Lobelien. Die Pflanzen lassen die Landschaft wie die mexikanische Steppe wirken. Nur eben auf inzwischen mehr als 3500 Metern.

Ausblick Landschaft Kenia Mount Kenya
Auf Mount Kenya verzaubert die Landschaft mit einem Blick über das weite Land. - Julian Hilgers/dpa-tmn

Der Weg ist weder besonders steil noch besonders anspruchsvoll. Die Anstrengung kommt mit der Distanz und der Höhe. Der Rundweg führt über 21 Kilometer auf bis zu 4100 Meter, die felsigen Gipfel des Mount Kenya immer im Blick.

Nur selten kreuzen andere Wanderer den Weg. Es ist Anfang Juni, Nebensaison. «Die meisten Gruppen kommen im August und September oder im Dezember», erklärt Desmond. Dann aber kann es am Mount Kenya richtig voll werden.

«Manchmal sind 350 Leute an einem Tag hier. Plus Guides und Träger. Dann ist es da oben wie ein Schlaf-Lager.»

Die letzten beiden Breitmaulnashörner leben hier

Doch die Region um Nanyuki hat touristisch mehr zu bieten als den Mount Kenya. Unter anderem das Ol Pejeta Conservancy. Der Park beherbergt die beiden letzten verbliebenen nördlichen Breitmaulnashörner auf der Welt und mehr als 140 der ebenfalls bedrohten Spitzmaulnashörner.

Dazu unter anderem Zebras, Elefanten und Giraffen und ein Schutzgebiet für Schimpansen. Der Ngare Ndare Forest bietet natürliche Pools zum Schwimmen, Wasserfälle und einen Baumkronenpfad und natürlich viele andere Tiere.

Gerade im Norden von Nanyuki befinden sich ausserdem viele weitere private Tierschutzgebiete.

Büffel Gebüsch Pflanzen Tier Afrika
Im Animal Orphanage leben zahlreiche Tiere, die in der Wildnis wohl nicht überleben würden. So wie dieser Büffel. - Julian Hilgers/dpa-tmn

Doch das Vergnügen hat seinen Preis: Denn ohne Eintritt, Guide und Auto geht in Kenia meistens nichts. Für den Mount Kenya kostet allein der Tagespass 52 US-Dollar (etwa 51 Franken).

Wer viele Tiere für wenig Geld und ohne Guide sehen will, kann das Animal Orphanage am Mount Kenya besuchen. Hier kommen Tiere unter, die in der freien Wildbahn wohl gerade nicht überleben würden.

Der Eintritt kostet für Touristen 2000 Kenia-Schilling, die Einnahmen sollen den Tieren zugutekommen.

Zurück nach Nairobi fährt der Bummelzug jeden Sonntag um 9 Uhr. Wer länger bleiben will, kann auch mit dem Bus oder Taxi zurückfahren. Das geht zwar mehr als doppelt so schnell, ist aber sicherlich nur halb so schön.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

AbfahrtFrankenSchlafDollarTaxiBahnReisemagazin Unterwegs