Vor 100 Jahren war Ernest Hemingway im Schwarzwald in Deutschland, um Forellen zu fischen. Die gewonnenen Impressionen flossen in seine Bücher ein.
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Ein Meer aus Hügeln und Bergen, einsamen Gehöften und üppig grünen Wiesen. Auch wenn Hemingway kaum ein gutes Haar am Schwarzwald ließ, flossen die gewonnenen Impressionen dennoch in seine Bücher ein. - Rolf Haid/dpa/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Jahr 1922 kam der US-Schriftsteller Ernest Heminway zum Fischen in den Schwarzwald.
  • Erinnerungen an seine Reise verarbeitet er im Buch «Schnee auf dem Kilimandscharo».
  • Forellen, ein Rössle und das Parkhotel hatten es ihm besonders angetan.

Auf der Felsen-Tour rund um das deutsche Oberprechtal präsentiert der Schwarzwald viel heile Welt. Kühe grasen auf Wiesen voller Wildblumen. Ziegen turnen über höllisch steile Hänge. Mannshohe Ginsterbüsche säumen den Weg, Bäche glucksen.

Oben beim Huberfelsen – ein stattlicher Granitfelsen, der wie ein Monolith über den Schwarzwaldwaldhöhen thront – schweift der Blick über das Meer aus Hügeln und Bergen, bleibt an einsamen Gehöften und malerischen Dörfern hängen, trifft auf dunkle Tannen und üppig grüne Wiesen.

Womöglich hat auch Ernest Hemingway diesen Anblick genossen, damals im Jahr 1922, als der Amerikaner zum Forellenfischen in den «Black Forest» kam.

Statt Paris in den Schwarzwald: Ernest Hemingway beim Wandern

Mit seiner Ehefrau Hadley und Freunden flüchtet der damals 23-Jährige im August aus der stickigen Sommerhitze in Paris nach Triberg, dem Herz des mittleren Schwarzwaldes in Deutschland, das gern als «weltbekannter Höhenluftkurort» beworben wird.

Mit den Menschen in Kinzig- und Elztal wird der Geschichtenerzähler aus Illinois nicht richtig warm, wohl aber mit der lieblichen Natur, der frischen Landluft und den kristallklaren Gebirgsbächen voll fetter Forellen.

Schwarzwald Fahnen Restaurant Fussgängerzone
Was hat der Schwarzwald mit Ernest Hemingway zu tun? Vor rund 100 Jahren verbrachte der Schriftsteller ein paar einprägsame Tage in der Region. - Roswitha Bruder-Pasewald/dpa-tmn

Einen Angelschein hat der Jungspund zwar nicht, doch er umgeht die bürokratischen Vorschriften auf seine Weise.

Mal besänftigt er die aufgebrachten, mit Mistgabeln bewaffneten Bauern mit einigen Dollarscheinen, mal steht die Ehefrau Schmiere, wenn er seine Angel auswirft und vier prächtige Forellen aus der Elz herausholt, jede ein dreiviertel Pfund schwer.

Man kann sich das Aufeinandertreffen dieser beiden Welten lebhaft vorstellen: Hier die reisemuntere, oft auch weintrunkene Gesellschaft aus Paris, die Geld wie Heu hat, weil man im August des Jahres 1922 für einen einzigen Dollar 850 Mark (heute circa 415 Schweizer Franken) bekommt;

dort die recht einsilbigen, gelegentlich auch ruppigen Schwarzwälder, die mit dem Ausgang des Krieges hadern und den grossspurigen Fremden mit Ressentiments begegnen.

Hemingway wenig begeistert von Gasthäusern

An den Gasthöfen, die vornehmlich «Rössle», «Adler» und «Sonne» heissen, arbeitet sich der gutsituierte Amerikaner besonders wortreich ab.

Von aussen sähen sie ordentlich und sauber aus, aber «innen sind sie schmutzig und heruntergekommen, eins wie das andere», fasst der Schriftsteller seine Schwarzwald- Impressionen zusammen, die Jahre später im Buch «49 Depeschen» Eingang finden.

In Triberg erinnert eine Plakette nahe am Wasserfall an den Besuch des Literaten, an seinen Weg hinunter nach Oberprechtal, vorbei an grossen Schwarzwaldhäusern und an seinem Fischwasser.

Wasserfall See Wald Schwarzwald
Der Wasserfall im Schwarzwald zieht zahlreiche Touristen in die Region. Ob auch Ernest Hemingway einst staunend davor stand? Der Schriftsteller verbrachte vor rund 100 Jahren seine Ferien in der Region. - RoswithaBruder-Pasewald/dpa-tmn

Den Besuch des höchsten Wasserfalls Deutschlands, wo die wild-schäumende Gutach über sieben Kaskaden 160 Meter tief ins Tal stürzt, hat der Amerikaner aus Paris nicht erwähnt, wohl aber das noble Parkhotel Wehrle, wo er sich seine Forellen zubereiten liess.

Oberprechtal: wie einst im Jahr 1922

In Oberprechtal, wo Hemingway seine Angel auswarf, sieht es fast noch so aus wie damals im August des Jahres 1922.

Hühner stolzieren umher, Ziegen machen sich über das Grün her. Die Elz plätschert wie seit Urzeiten dem Rhein entgegen, die Ufer von überhängenden Bäumen bewacht, die Flusskiesel glatt geschliffen von der Strömung.

Die «Sonne», wo sich Hemingway um einen Angelschein bemühte, hat zwar geschlossen, doch der Landgasthof Rössle existiert noch. Als Trampeltier und Kamelgesicht hatte er einst die Wirtsleute verunglimpft, die Zimmer als verdreckt beschrieben.

Nur das gute Essen fand Gnade in den Augen des jungen Schriftstellers.

Kirche Dach Dorf Schwarzwald
Bergidyll, Natur und ganz viel Spuren von Ernest Hemingway. Vor und 100 Jahren verbrachte der Schriftsteller einprägsame Ferientage in der Region. - Roswitha Bruder-Pasewald/dpa-tmn

Die heutigen Besitzer haben dem nassforschen Reporter seine Schimpfkanonade offenbar verziehen.

Man ist sogar ein wenig stolz auf den Umstand, dass Hemingway im «Rössle» abgestiegen ist. Eine kleine Ecke im Speisesaal, wo sich Wanderer, Radfahrer und Biker für ihre Touren stärken, ist dem leidenschaftlichen Fliegenfischer gewidmet.

Die Erinnerungen an die Reise in einem Buch verarbeitet

Hemingway kehrte nie wieder in den Schwarzwald zurück, weder mit Hadley, noch mit einer seiner drei späteren Ehefrauen. Stattdessen verarbeitete er seine Erinnerungen an Triberg, an den Black Forest und dessen Menschen im Buch «Schnee auf dem Kilimandscharo».

Vielleicht wäre er mal besser wiedergekommen und hätte sich bei einem guten Glas Wein und alkoholgeschwängerter Kirschtorte mit den Wirtsleuten des «Rössle» ausgesöhnt. Er hätte womöglich erkannt, dass die Schwarzwälder auch anders können.

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