Warum reagieren manche Menschen scheinbar trotzig in Diskussionen zum Thema vegan? Die Sozialpsychologie hat dafür eine Erklärung.
Vegan Diskutieren: zwei Menschen
Vegan-Diskussionen gehen nicht immer friedlich aus. - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Haben Menschen das Gefühl, ihnen wird der Fleischkonsum verboten, reagieren sie trotzig.
  • Ein sozialpsychologisches Konzept erklärt, wie es zu dieser Reaktion kommt.
  • Wenn eine Möglichkeit besteht, einem Verbot zu entgehen, reagieren Menschen oft mit Trotz.
  • Eine Einschränkung wird eher akzeptiert, wenn sie als unausweichlich angenommen wird.
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Haben Sie sich schon mal dabei erwischt? Nach einer Diskussion zur veganen Ernährung hatten Sie erst recht Lust auf ein Schnitzel. Falls ja, sind Sie mit dieser Reaktion nicht alleine.

Denn: Haben Menschen das Gefühl, ihnen wird der Konsum von Fleisch verboten, essen manche aus Trotz erst recht Fleisch.

Die Sozialpsychologie hat für dieses Verhalten eine Erklärung.

Rationalisierung versus Reaktanz

Kristin Laurin und Aaron C. Kay haben 2012 in einer Studie untersucht, wie Menschen auf Verbote reagieren, die ihre Freiheit einschränken. Der Grad der Verbindlichkeit von Vorschriften entscheidet schliesslich darüber, ob Menschen sie akzeptieren oder ablehnen.

Das heisst: Wird ein Verbot als unverrückbar wahrgenommen, neigen wir dazu, es zu akzeptieren und zu rechtfertigen. Wenn jedoch eine Möglichkeit besteht, dass das Verbot noch verhindert werden kann, reagieren wir oft mit Trotz.

Frau und Mann vegan
Bei Diskussionen zum Thema vegan geht es nicht unbedingt um das bessere Argument: Wenn jemand das Gefühl hat, die persönliche Freiheit wird eingeschränkt, helfen auch Fakten oft nicht mehr. - Pexels

Die Wissenschaft nennt diese beiden Vorgänge Rationalisierung und Reaktanz. Dieser Effekt tritt vor allem auf, wenn Menschen persönlich von der Vorschrift betroffen sind.

Vegane Argumente führen zu Trotzreaktion

Derzeit gibt es kein Verbot tierischer Produkte. Wir können Fleisch, Fisch und Milch konsumieren, so viel wir wollen und ohne, dass wir dafür bestraft werden. Was passiert nun, wenn Menschen zum Beispiel in einer Diskussion das Gefühl haben, man will ihnen den Fleischkonsum dennoch verbieten?

Da es kein verbindliches Verbot gibt, werden sie aus Trotz erst recht zur Kalbswurst statt zum Tofu-Hotdog greifen.

Haben Sie auch schon mal eine Diskussion zum veganen Lebensstil geführt?

Was man auch oft in der Kommentarspalte vegan-freundlicher Artikel beobachten kann, sind Reaktionen wie: «Veganer nehmen mir mein Fleisch nicht weg!», oder «Ich lasse mir den Fleischkonsum nicht verbieten!»

Das ist verständlich, wenn man weiss, dass sich diese Menschen in ihrer Konsumfreiheit bedroht fühlen.

Verbindliches Gesetz hätte andere Reaktion zur Folge

Gäbe es aber ein neues Gesetz, das das Verbot von Fleisch in Stein meisseln würde, wäre die Reaktion eine andere: Menschen würden eher versuchen, das Verbot zu rationalisieren und schönzureden.

Die Rechtfertigung könnte lauten: «Es ist ja eh besser für die Umwelt und die Tiere, es ist ja doch gesünder für die Gesundheit.»

Das Verständnis dieses Musters kann helfen, die unterschiedlichen Reaktionen auf Veganismus besser zu verstehen. Solange es keine strikten Vorschriften gibt, muss die Entscheidung, kein Fleisch zu essen, aus persönlicher Überzeugung kommen.

Entsprechend kann auch die Strategie angepasst werden, wenn man dann tatsächlich mal jemand vom Veganismus überzeugen möchte.

Nau Vegan

Mirjam Walser Vegan
Die Autorin und Expertin zum veganen Markt, Mirjam Walser. - Portraitmacher / Maryl Vogel

Im Rahmen der Serie «Nau Vegan» schreibt Mirjam Walser Beiträge zum Thema Veganismus. Als Gründerin der Vegan Business School und langjährige Veganerin ist sie Expertin für Veganismus und den veganen Markt.

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