Das zweite Deutschland-Spiel in der Geschichte der NFL hat das Potenzial, zum Klassiker zu werden. Hier kommt die Vorschau eines richtungsweisenden Duells.
NFL
Die NFL macht erneut Halt in Deutschland. Die Kansas City Chiefs trainieren hier vor ihrem Spiel in Frankfurt gegen die Miami Doplphins. - dpa
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim Frankfurt-Spiel geht es um die Vormachtstellung in der AFC.
  • Die Nummer-1-Offensive der Dolphins trifft auf eine Top-5-Chiefs-Defensive.
  • Diese Eins-gegen-Eins-Matchups werden das Spiel entscheiden.
  • Das Spiel startet am Sonntag um 15.30 Uhr.

Knapp 15 Minuten lang hat der Vorverkauf gedauert, dann waren alle Tickets für das erste Frankfurt-Spiel zwischen den Kansas City Chiefs und den Miami Dolphins restlos ausverkauft. 48'000 Fans dürfen das zweite NFL-Spiel auf deutschem Boden am Sonntag live im Deutsche Bank Park in Frankfurt mitverfolgen. Rund eine Million Ticketanwärter gingen leer aus.

Der enorme Ansturm auf das zweite Deutschlandspiel der NFL-Geschichte ist Zeugnis des Popularitätsschubs, den die Sportart im deutschsprachigen Raum zuletzt erlebt hat. Das München-Spiel im vergangenen Jahr war ein Volksfest. Jetzt treffen in Frankfurt mit den Chiefs und den Dolphins ausgerechnet zwei AFC-Hochkaräter aufeinander. US-Experten prognostizieren Rekordzuschauerzahlen.

Ein Spiel von enormer Bedeutung

Auf dem eigens für die NFL-Spiele eingebauten Hybridrasen im Deutsche Bank Park treffen am Sonntagnachmittag zwei Super-Bowl-Favoriten aufeinander. Es ist ein Duell auf Augenhöhe: Nach acht Spieltagen stehen beide Teams bei einer Bilanz von sechs Siegen zu zwei Niederlagen und führen ihre jeweilige Division an.

Es geht also um nichts weniger als die Vorherrschaft in der AFC. Viele sehen in diesem Aufeinandertreffen einen Testlauf für das AFC-Championship-Spiel.

Tua Tagovailoa nfl
NFL: Quarterback Tua Tagovailoa tritt mit den Miami Dolphins in Deutschland an. - dpa

Die Partie ist für beide Mannschaften von enormer psychologischer Bedeutung. Mit einer peinlichen Divisionsniederlage gegen die Denver Broncos im Gepäck reisten die Kansas City Chiefs am Freitag nach Deutschland. Für die Chiefs gilt es, die Kurve zu kriegen und zurückzufinden zu einer zuletzt starken Form.

Wer gewinnt das Spiel in Frankfurt?

Die Miami Dolphins sind schon am Dienstag in Frankfurt angekommen. Für sie bietet sich die Partie gegen den Super-Bowl-Champion als Bewährungsprobe an. Alle sechs Saisonsiege der Dolphins kamen gegen Mannschaften, die eine negative Bilanz aufweisen.

Gegen gute Mannschaften, namentlich gegen die Buffalo Bills und Philadelphia Eagles, setzte es derweil zwei klare Niederlagen. Einige Experten muten den Dolphins darum keine Super-Bowl-Chancen zu. Mit einem Sieg gegen die Chiefs könnten sie solche Stimmen verstummen lassen.

Unaufhaltsam trifft auf undurchdringbar

Das Spiel am Sonntag ist auch ein Kampf zwischen Superlativen. Die Offensive der Miami Dolphins ist die Einheit der Stunde. In den ersten acht Spielen der Saison erzielen die Dolphins von allen NFL-Mannschaften die mit Abstand meisten Yards (453) und Punkte pro Spiel (34).

Quarterback Tua Tagovailoa führt die Passstatistiken an und seine Lieblingsanspielstation Tyreek Hill macht die meisten Receiving-Yards. Hill hat die berüchtigte 1000-Receiving-Yards-Marke bereits nach acht Spielen übertroffen.

Für Tyreek Hill ist es eine Rückkehr der etwas anderen Art: Er wurde 2016 von den Chiefs gedraftet und spielte fünf Saison für die Mannschaft von Chefcoach Andy Reid. Dabei war er massgeblich am Super-Bowl-Sieg 2020 beteiligt. Seine Wiederbegegnung mit den ehemaligen Teamkollegen beim Chiefs-«Heimspiel» in Frankfurt ist die Geschichte des Spieltages.

Tyreek Hill vor dem Wiedersehen mit den Chiefs: «Ich freue mich darauf, meinen alten Quarterback zu trashtalken.»

Seine ehemaligen Mannschaftskollegen werden am Sonntag alles daransetzen, Hills Explosivität in Schach zu halten. Die Chiefs-Defensive, in vergangenen Jahren oft als Schwachstelle im Team ausgemacht, gehört heuer zu den besten der Liga.

Die Einheit von Defensiv-Koordinator Steve Spagnuolo lässt nur knapp über 16 Punkte pro Spiel zu – einzig die Ravens erlauben weniger (15). Grossen Anteil daran hat die statistisch fünftbeste Pass-Defensive der Liga, allen voran L’Jarius Sneed, der in seiner vierten NFL-Saison zum Shutdown-Corner gereift ist. Höchstwahrscheinlich wird er es sein, der sich am Sonntag Tyreek Hill in den Weg stellt.

Wer stoppt Travis Kelce?

Auf der anderen Seite des Balles sieht es nicht minder rosig aus für die Kansas City Chiefs: Auch die Offensive, geleitet von Chefcoach Andy Reid, ist in den Top-5 der Ligastatistiken. Patrick Mahomes, nach Grippeschwächung wieder «zu Hundertprozent fit», ist einmal mehr auf MVP-Kurs.

Die Analyseplattform PFF bewertet ihn mit 88.6 von 100 möglichen Punkten als drittbester Quarterback der bisherigen Saison. Vor ihm: Tua Tagovailoa (88.7) und Josh Allen (90.0). Travis Kelce bedient Mahomes nach wie vor am liebsten: Der Superstar-Tight-End – dessen Freundin Taylor Swift wahrscheinlich nicht im Stadion sitzen wird – erzielte bislang insgesamt 583 Receiving-Yards.

Patrick Mahomes
Star der Kansas City Chiefs: Patrick Mahomes. - dpa

Ihm gegenüber stellt sich eine zuletzt bröckelige Dolphins-Defensive. Die Abwehr von Defensiv-Koordinator Vic Fangio ist anfällig gegen den Pass. Umso wichtiger, dass Star-Cornerback Jalen Ramsey nach auskurierter Knieverletzung wieder fit ist. Bei seiner Rückkehr vergangenen Sonntag gegen die Patriots fing er sogleich eine Interception.

Dass ein Cornerback die Manndeckung eines Tight Ends übernimmt, ist eher ungewöhnlich. Realistischerweise gibt es in der Dolphins-Secondary allerdings nur einen, der Kelce stoppen kann – und das ist Jalen Ramsey.

Ramsey hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er es in wichtigen Spielen mit grossen, explosiven Tight Ends aufnehmen kann: Den damaligen Patriots Tight End Rob Gronkowski hielt Ramsey als Jaguar-Rookie im AFC-Championship Game 2017 gut unter Kontrolle. Wird Vic Fangio das Experiment wagen?

Der «Schemata-Super-Bowl» in Frankfurt

Es sind also zahlreiche Eins-gegen-Eins-Duelle im Spiel zwischen den Kansas City Chiefs und den Miami Dolphins in Aussicht, die den Spielverlauf entscheiden könnten: Tyreek Hill gegen L’Jarius Sneed, Travis Kelce gegen Jalen Ramsey und natürlich – wenn auch indirekt – Tua Tagovailoa gegen Patrick Mahomes, beide MVP-Aspirationen hegen.

Doch nicht nur auf, auch neben dem Platz stehen sich Grössen der Liga gegenüber. Der junge Dolphins-Chefstratege Mike McDaniel wirbelt die NFL mit aufregenden Spielzugdesigns auf, die man sonst nur von Chiefs-Übungsleiter Andy Reid kennt. Er wird am Sonntag gegen den Veteran-Defensiv-Koordinator Steve Spagnuolo taktieren.

Andy Reid bekommt es derweil mit Defensiv-Guru Vic Fangio zu tun. Nicht zu Unrecht sprechen amerikanische Experten darum von einem «Schemata-Super-Bowl» in Frankfurt. Eines steht fest: Das zweite Deutschland-Spiel verspricht reichlich Spektakel.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Philadelphia EaglesDenver BroncosDeutsche BankTaylor SwiftStadionJaguarSchachSwiftLigaNFL