Carlos Alcaraz: «Trainer-Knall ist eine gute Chance!»
Die Tenniswelt staunt: Weltnummer 1 Carlos Alcaraz und sein langjähriger Erfolgstrainer Juan Carlos Ferrero gehen getrennte Wege. Welche Folgen hat das?

Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch gab Carlos Alcaraz überraschend die Trennung von seinem Trainer bekannt.
- Ist das eher eine Chance oder ein Risiko?
- Auf der Nau.ch-Sportredaktion hält man beide Szenarien für möglich.
Carlos Alcaraz überraschte am Mittwoch mit einer emotionalen Nachricht: Die 22-jährige Weltnummer 1 trennt sich nach sieben Jahren von Erfolgstrainer Juan Carlos Ferrero!

Unter Ferreros Führung wurde der Andalusier 2022 zur jüngsten Nummer 1 der Geschichte. Dem damaligen US-Open-Triumph folgten seither fünf weitere Grand-Slam-Titel.
In den letzten beiden Jahren feierte Carlos Alcaraz je zwei Major-Siege, heuer wurde er mit einer Traumsaison wieder zur Weltnummer 1.
Nun die überraschende Trennung vom Trainer, der einst selbst die Nummer 1 der Welt war. Es stellt sich die Frage, was das Ferrero-Aus bei Alcaraz auslösen wird. Bleibt der Spanier auf seinem hohen Niveau – oder geht es ohne Ferrero rückwärts?
Einigkeit herrscht auf der Sportredaktion von Nau.ch diesbezüglich nicht.
Nicola Wittwer, Sport-Redaktor
«In der Netflix-Doku über Carlos Alcaraz, die im Frühling dieses Jahres erschien, war bereits zu erahnen, dass es die Zusammenarbeit mit Ferrero wohl nicht für immer geben wird.
Dass sie schon jetzt endet, ist eine Überraschung. Für Alcaraz auch?

Die spanische Weltnummer 1 ist seit Jahren stabil und zeigte in diesem Jahr eine enorme Konstanz. Trat Alcaraz bei einem Turnier an, stand er nur selten nicht im Final. Meistens gab es sogar den Titel.
Eine solche Leistung zu erbringen, zeugt von grosser Reife. Dabei ist die jüngste Nummer 1 der Geschichte erst 22-jährig.
Aufgrund dieser Stabilität und Konstanz nehme ich nicht an, dass es nach der Trennung vom Erfolgstrainer abwärts geht. Die grössten Spieler, zu denen Alcaraz gehört, sind zu gut, um ohne einen langjährigen Coach in ein Leistungsloch zu fallen.

Viel mehr sehe ich für den sechsfachen Grand-Slam-Champion eine gute Chance, neue Wege einzuschlagen – um noch besser zu werden!
Schliesslich zeigen die Beispiele Federer, Djokovic oder Nadal: Im Tennis muss sich der Spieler stets weiterentwickeln, sonst fährt der Zug ab. Wenn das einer kann, dann der hochbegabte Carlos Alcaraz. Auch ohne Ferrero.»

Ronny Reisch, Sport-Redaktor
«Von aussen ist schwer zu beurteilen, warum es zur Trennung zwischen Carlos Alcaraz und Juan Carlos Ferrero gekommen ist. Egal, was der Grund war: Rein sportlich ist der Trainer-Knall ein grosses Risiko.
Unter Ferreros Fittichen ist Alcaraz in Windeseile zum Top-Spieler gereift. Schon in seinem zweiten Profijahr gewinnt er den ersten Grand-Slam-Titel und wird zur Nummer 1. Im US-Open-Final gegen Casper Ruud verliert er den zweiten Satz 2:6 und fängt an, zu hadern.

Eines von vielen Spielen, in denen Ferrero von aussen beständig auf ihn einredete und Alcaraz den richtigen Weg in der Folge wieder fand. Kein anderer Spieler hat von der Regeländerung, die Coaching während des Spiels erlaubte, so profitiert wie er.
Als junger Spieler hat Alcaraz seinem gewieften Coach blind vertraut und einen steilen Aufstieg hingelegt. Mit 22 Jahren nabelt er sich jetzt aber von seinem Tennis-Vater ab.

Alcaraz hat alle Attribute, die ein Top-Spieler braucht. Er ist das Schweizer Taschenmesser – mit Tools für jede Aufgabe. Doch Ferrero hat dieses geführt und Alcaraz stets die richtigen Werkzeuge an die Hand gegeben.
Jetzt braucht es den nächsten Entwicklungsschritt. Zur kühlen Maschine wie Jannik Sinner wird der emotionale Spanier aber kaum werden. Ich sage: «Carlitos» wird seinen Mentor mehr als einmal vermissen und zunächst häufiger scheitern als 2025.

Der Spanier bleibt ein Ausnahmespieler und wird auch noch weitere Grand-Slam-Titel gewinnen. In diesem Jahr ist aber der Weg frei für Sinner. Denn: Rivale Alcaraz hat seine rechte Hand verloren – und die ist im Tennis nicht unwichtig.»

















