Mercedes verblüfft bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona mit einem Technik-Trick die Konkurrenz. Das System ist legal – aber nur in dieser Saison.
Mercedes Lewis Hamilton
Lewis Hamilton am Steuer des Mercedes W11 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Mercedes schockt die Konkurrenz bei den Formel-1-Testfahrten mit einem Technik-Trick.
  • Das neue System mit dem Spitznamen DAS – «Dual-Axis Steering» – ist legal.
  • Allerdings ist noch unklar, welche Vorteile die neue Lenkung mit sich bringt.
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Als die ersten Onboard-Aufnahmen von Mercedes am Donnerstag den neuesten Technik-Trick enthüllten, standen einige Münder offen. Über einen Mechanismus an der Lenksäule lassen sich am neuen Formel-1-Silberpfeil die Vorderräder verstellen. Der «Zaubertrick» sorgte für reichlich Spekulationen, aber eines ist sicher: Er ist legal.

Die Veränderungen an der Vorderradaufhängung von Lewis Hamiltons Mercedes im Detail. - Twitter/@SavlarSVK

Das neue System hört auf den Namen DAS – die Kurzform für «Dual-Axis Steering», also Zwei-Achsen-Lenkung. Die erwähnten Achsen beziehen sich dabei nicht auf Vorder- und Hinterräder, sondern auf die Bewegungsrichtung der Räder. Mit dem DAS lässt sich die Spur der Vorderräder verändern – was zur eigentlichen Lenkachse eine neue Dimension addiert.

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Potenzielle Vorteile lassen sich dem System einige zuschreiben, etwa verbesserte Stabilität auf den Geraden. Auch der geringere Luftwiderstand durch das schmalere Frontalprofil des Wagens – und deshalb bessere Höchstgeschwindigkeit – ist ein Thema. Auf die Reifentemperaturen und die Abnutzung könnte das System ebenfalls einen Einfluss haben. Mercedes hält sich aber bedeckt darüber, was genau der Anlass für die Erfindung war.

Mercedes schweigt über den Zweck von DAS

Mercedes-Technikchef James Allison äusserte sich sowohl in einem kurzen Video als auch bei einer Pressekonferenz am Donnerstag zu DAS. In Details geht er aber auch in diesen Erklärungen nicht. «Es ist einfach etwas, das dem Fahrer eine Extra-Dimension von Kontrolle am Steuer-System gibt. Warum wir das machen, wie genau es funktioniert – das behalten wir lieber für uns.»

Sorgen, dass das System illegal ist, muss man sich bei Mercedes indes nicht machen. Das Weltmeisterteam war während der Entwicklung in engem Kontakt mit dem Motorsport-Weltverband. Von der FIA kam grünes Licht für die Entwicklung – die damit in dieser Saison am Auto bleiben darf.

Damit stürzt Mercedes auch die Konkurrenz in einen Konflikt: Soll man das System kopieren oder nicht? Mehrere Teamchefs mutmassten bereits, es könnte bis zu sechs Monate dauern, DAS zum Einsatz zu bringen. Je nach Bauweise könnten sogar Änderungen am Chassis vonnöten sein. In der hochkomplexen modernen Formel 1 kommt das einem unüberwindbaren Aufwand gleich, zumindest innerhalb einer Saison.

Brachte erst die FIA Mercedes auf die DAS-Idee?

Und der Vorteil für die Zukunft ist nicht-existent – denn das System wird ab 2021 verboten sein. Das ist gar keine Reaktion auf die Mercedes-Entwicklung – das Reglement entstand bereits im Vorjahr. Artikel 10-5 untersagt explizit «die Neuausrichtung der gelenkten Räder» durch jede andere Funktion als das Drehen am Lenkrad. Damit ist DAS schon im kommenden Jahr wieder obsolet.

Kurios: Dass dieser Passus im neuen Reglement für 2021 inkludiert ist, könnte Mercedes erst auf die Idee zu DAS gebracht haben. Denn das klare neue Verbot impliziert, dass solche Systeme bisher legal gewesen wären. Gut möglich also, dass bei Mercedes jemand im Reglement für 2021 stöberte – und bei diesem Passus stutzig wurde.

Lewis Hamilton Mercedes W11
Lewis Hamilton am Steuer des Mercedes W11 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Charles Leclerc Ferrari SF1000
Charles Leclerc am Steuer des Ferrari SF1000 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Max Verstappen Red Bull
Max Verstappen am Steuer des Red Bull RB16 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Carlos Sainz McLaren MCL35
Carlos Sainz am Steuer des McLaren MCL35 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Fernando Alonso
Esteban Ocon am Steuer des Renault R.S.20 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Daniil Kvyat AlphaTauri AT01
Daniil Kvyat am Steuer des AlphaTauri AT01 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Lance Stroll Racing Point
Lance Stroll am Steuer des Racing Point RP20 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Kimi Räikkönen Alfa Romeo
Kimi Räikkönen am Steuer des Alfa Romeo C39 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
Kevin Magnussen Haas VF-20
Kevin Magnussen am Steuer des Haas F1 VF-20 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.
George Russell Williams FW43
George Russell am Steuer des Williams FW43 bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona.

Wie gross der Effekt von DAS wirklich ist, lässt sich vermutlich erst nach einigen Rennen beurteilen. Vor allem auf Kursen mit langen Geraden wäre das System ein Vorteil, etwa beim gestrichenen China-GP. Beim Saisonauftakt im Albert Park von Melbourne wird der Effekt dagegen voraussichtlich gering ausfallen.

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