Wie YB-Spieler Mai-Käfer jagen mussten
Das Wichtigste in Kürze
- Als Grundbesitzer war YB 1909 verpflichtet, sich an der Maikäfer-Jagd zu beteiligen.
- Die Spieler lösten das Problem an einem Sonntagmorgen auf ihre Weise.
Mai 1909. YB ist auf dem Weg zur Meisterschaft. Doch jetzt beschäftigt die Berner vorerst etwas Aussergewöhnliches: die Maikäfer-Plage.
Die Maikäfer gehören zu den schlimmsten Pflanzenschädlingen in Garten, Feld und Wald. Bevor die Chemie mit all ihren Vor- und Nachteilen solche Plagen bewältigen half, musste Handarbeit verrichtet werden.
1909 ist eines der berüchtigtsten Berner Flugjahre im 20. Jahrhundert. Als Grundbesitzer war YB unter Buss- und Strafandrohung verpflichtet, eine bestimmte Menge toter Maikäfer abzuliefern. (Zum Vergleich: Im Kanton Zürich wurden im besagten Jahr 350 Millionen Käfer gesammelt.)
Im Buch „40 Jahre Young Boys“, erschienen 1938, blickt ein an der Jagd nach Maikäfern beteiligter YB-Spieler zurück – im sicheren Wissen, dass die Untaten längst verjährt sind.
Untaten? Der Reihe nach: Im samstäglichen Ausgang eröffnet ein Vorstandsmitglied den Spielern die rechtliche Situation. Schon am nächsten Morgen geht’s mithilfe von Junioren los. Treffpunkt für die Operation Maienkäfer ist das Breitenrainquartier. Vor dem damaligen YB-Stadion Spitalacker steigt ein Spieler auf einen Baum und beginnt zu schütteln.
Eine Frau lenkt ab
Das Resultat: Es stürzen mehr Äste als Käfer in die Tiefe. Zudem beginnt eine junge Frau die Männer von ihrem Auftrag abzulenken. Und wenn dann endlich mal ein paar Käfer im Sack verstaut sind, suchen sie, so der Chronist, «bei der geringsten sich bietenden Möglichkeit die Flucht».
Im Wylerwald geht die Fangaktion weiter. Auch dort wimmelts zwar von Maikäfern. «Doch fielen trotz vereintem, kräftigem Schütteln nur wenige zur Erde.» Die Ausbeute bleibt mager. «In Anbetracht der nun schon kräftig scheinenden Sonne» werden die Bemühungen eingestellt. Mit einer List im Hinterkopf geht’s zum Kontrolleur, um sich die geforderte Menge beglaubigen zu lassen.
Der Trick mit der Waage
Trotz Sonntagsruhe öffnet der amtliche Inspektor. Der kleine Sack kommt auf die Waage. Ein gewitzter Young Boy hilft nach, indem er seinen Fuss auf die Waage stellt. Währenddem der ungläubige Kontrolleur seine Brille holt, wird der Sack ganz schnell mit bereits dort deponierten Käfern nachgefüllt. «Wieder war das Glück uns hold.» Jetzt noch die Unterschrift, und das Soll ist erfüllt.
«Als wir ausser Hörweite waren, schwellte jedem von uns die Brust im Bewusstsein, seine Pflicht den YB gegenüber erfüllt zu haben.» Der Bericht schliesst mit dem Wunsch an das «verehrte Maikäferamt, von nachträglichen Sanktionen gütigst Umgang nehmen zu wollen».
Maikäfer bringen Glück. Am 6. Juni 1909 schlägt YB im Final Winterthur mit 1:0. Und legt den Grundstein zum ersten Meister-Hattrick in der Schweizer Fussballgeschichte.