Unruhe in der CDU nach Nominierung Maassens als Bundestagskandidat
Die Nominierung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen als CDU-Bundestagskandidat in Thüringen sorgt für Zündstoff in der Union.

Das Wichtigste in Kürze
- Generalsekretär Ziemiak fordert «scharfe Abgrenzung zur AfD».
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak forderte am Wochenende eine «scharfe Abgrenzung zur AfD». Bundesvorstandsmitglied Karin Prien nannte Maassen eine «Randfigur im demokratischen Spektrum». Scharfe Kritik kam von der Linkspartei. Auch SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz hält die Personalie für problematisch.
«Ich erwarte von jedem Kandidaten: Klares Bekenntnis zu den Werten und der Politik der CDU sowie eine scharfe Abgrenzung zur AfD», sagte Ziemiak den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Jede Zusammenarbeit mit dieser Partei sei ausgeschlossen. Zugleich äusserte sich der CDU-Generalsekretär zurückhaltend zu der Nominierung in Thüringen: «Wir sind eine dezentral und föderal organisierte Partei.» Die Mitglieder vor Ort hätten eine demokratische Entscheidung über ihren Wahlkreiskandidaten getroffen.
CDU-Bundesvorstandsmitglied Karin Prien sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Maassen sei «eine Randfigur im demokratischen Spektrum, mit dem die meisten Christdemokraten wenig gemein haben». Die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein mahnte, auch für Maassen gelte «das Gebot der nicht verhandelbaren Abgrenzung zur AfD ? erst recht nach seiner Nominierung».
Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Thorsten Frei erklärte, es könnten in der CDU «auch betont konservative Positionen eine Heimat finden, wie Hans-Georg Maassen sie vertritt». Jeder Kandidat müsse sich aber in eine «übergeordnete Gesamtlinie» der Partei einfügen, zu der auch gehöre, «dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gibt».
Scharfe Kritik kam von Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow. «Die CDU hat aus dem Dammbruch von Erfurt nichts gelernt», sagte sie den Funke-Zeitungen mit Blick auf die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten in Thüringen mit Stimmen der CDU und der AfD im Februar 2020.
Maassens Aufstellung sei «eine rote Linie», erklärte Hennig-Wellsow. «Die Brandmauer nach rechts ist weg. Maassen ist Höcke im Dreiteiler. In Südthüringen wird es nun einen Wettlauf um den rechten Rand geben.»
Vizekanzler Olaf Scholz betrachtet die Bundestagsnominierung von Maassen ebenfalls mit Sorge. «Die Nominierung von Herrn Maassen ist sicherlich ein schlechter Tag für die CDU, aber leider auch für uns alle», sagte Scholz den Sendern RTL und ntv. Die CDU habe keinen Plan für die Zukunft. «Deshalb hat sie Schwierigkeiten mit Leuten, die weggehen von dem, was wir für einen Zusammenhalt in Deutschland brauchen.»
Maassen war am Freitagabend bei einer Vertreterversammlung in Suhl von vier CDU-Kreisverbänden mit grosser Mehrheit als Direktkandidat für die Bundestagswahl im September nominiert worden. Der umstrittene Ex-Verfassungsschutzpräsident engagiert sich seit längerem am rechten Rand der CDU, er ist Mitglied in der besonders konservativen Werte-Union und tritt für einen harten Kurs in der Migrationspolitik ein.
Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Maassen stand von 2012 bis 2018 an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz. 2018 geriet er nach relativierenden Äusserungen über rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz in die Kritik. Als Verfassungsschutzchef abgelöst wurde er schliesslich, als er später zudem von «linksradikalen Kräften» in der SPD sprach.