Studie über Rassismus bei Polizei spaltet die Bundesregierung
Die Frage einer wissenschaftlichen Studie zu Rassismus in der deutschen Polizei spaltet die Bundesregierung.

Das Wichtigste in Kürze
- Seehofer hält trotz Lambrechts Drängen an Ablehnung fest.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach sich am Freitag für eine solche Untersuchung aus, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hielt an seiner Ablehnung fest. In dieser Frage gebe es «offenbar Unterschiede innerhalb der Regierung», sagte ein Sprecher Seehofers. Die SPD-geführten Bundesländer stellten derweil eine eigenen Studie zu Extremismus bei der Polizei in ihren Ländern in Aussicht.
Justizministerin Lambrecht appelliert in den Sendern RTL/ntv an ihren Kabinettskollegen Seehofer: Er müsse einsehen, dass es bei einer Untersuchung zu rassistischen Einstellungen in der Polizei gerade nicht darum gehe, die Polizisten «unter Generalverdacht zu stellen». Vielmehr sei es in deren «ureigenem Interesse, dass wir mehr wissen».
Die Frage einer Studie zu Rassismus bei der Polizei sorgt seit Monaten für Dissens in der Koalition. Das Bekanntwerden von Ermittlungen gegen Polizisten in Nordrhein-Westfalen wegen rechtsextremistischer Umtriebe gibt der Debatte nun neue Nahrung.
Ministerin Lambrecht verwies auf diesen Fall: «Wir haben mittlerweile Verhältnisse und Vorfälle, die schon sehr bedenklich sind.» Sie glaube, dass schon lange nicht mehr nur von Einzelfällen geredet werden könne. Nun müsse geklärt werden, ob die Probleme strukturell seien.
Seehofer blieb aber bei seiner Ablehnung. Der Minister sei «nicht der Meinung, dass man eine bestimmte Berufsgruppe untersuchen muss», sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich in dieser Frage weiterhin nicht positionieren. Ihr Sprecher Steffen Seibert verwies auf die Arbeit des Kabinettsausschusses zum Rechtsextremismus. Thema dort seien auch «Überlegungen, wie man die Datenlage über Rechtsextremismus in Deutschland verbessern kann», sagte er. Die Arbeit im Ausschuss werde «unter dem Eindruck» von Fällen wie nun in NRW fortgeführt.
Angesichts dieser Fälle stellte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Georg Maier (SPD), eine eigene Studie der SPD-regierten Bundesländer zu Rassismus bei Polizisten in Aussicht. Die SPD-Innenminister seien sich einig, dass sie eine Studie zum Vorwurf des Rassismus in der Polizei wollten - und dies «notfalls auch allein», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitagsausgaben).
Der thüringische Innenminister betonte: «Die schiere Zahl von Einzelfällen wird langsam mal zu viel.» Für die SPD-Ressortchefs gehe es nur noch um die Frage, wie die Studie genau aussehen solle. Was er nicht wolle, sei «eine Gesinnungsprüfung» bei den Beamten, sagte Maier. Deshalb sollten die Polizeigewerkschaften in die Untersuchung einbezogen werden.
Seehofer hat nach Angaben seines Sprechers keine Einwände gegen eine derartige Länderstudie: «Der Bundesinnenminister wird keinem Landesminister verbieten, sich mit seiner Polizei zu beschäftigen.»
Seehofer seinerseits sagte der "Süddeutschen": "Dieser Vorgang bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen tut weh." Er sei aber davon überzeugt, "dass die überwältigende Mehrheit unserer Polizistinnen und Polizisten derartige "Machenschaften" ablehne.
Die Gewerkschaft der Polizei unterstützte Seehofers Haltung. Ihr Vorsitzender Rainer Wendt lehnte eine Rassismus-Studie nur über die Polizei ab. Es müsse der Eindruck vermieden werden, «unseren Kolleginnen und Kollegen, die rund um die Uhr tadellos ihre Arbeit machen, erst einmal generell Rassismus und Gewaltbereitschaft zu unterstellen», erklärte er.