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Pro-europäischer Regierungschef in Bulgarien durch Misstrauensvotum gestürzt

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Bulgarien,

Nach nur sechs Monaten im Amt hat das bulgarische Parlament die Regierung von Ministerpräsident Kiril Petkow durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt.

Kiril Petkow
Kiril Petkow - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Staatschef Radew könnte Petkows Partei erneut mit Regierungsbildung beauftragen.

123 Abgeordnete und damit zwei mehr als erforderlich votierten am Mittwochabend in Sofia für den von der grössten Oppositionspartei Gerb unter Petkows Vorgänger Bojko Borissow eingebrachten Misstrauensantrag, wie Vize-Parlamentspräsident Miroslaw Iwanow mitteilte. Petkow kündigte an, seinen Kampf für das Land fortsetzen zu wollen.

Der pro-europäische Petkow hatte nach seiner Wahl angekündigt, die unter seinem konservativen Vorgänger grassierende Korruption im ärmsten EU-Mitgliedstaat zu bekämpfen. Nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum machte Petkow unter anderen Borissow, einen bekannten Oligarchen sowie die russische Botschafterin in Sofia für seine knappe Abwahl verantwortlich.

«Diese Abstimmung ist ein kleiner Schritt auf einem langen Weg», sagte Petkow, der von Staatspräsident Rumen Radew erneut mit der Regierungsbildung beauftragt werden könnte. «Sie haben nicht verstanden, dass dies nicht der Weg ist, das bulgarische Volk zu gewinnen.» Petkow versprach, seinen Kampf fortzusetzen. Bei seinem Amtsantritt hatte er gesagt, er wolle, dass Bulgarien ein «normaler» europäischer Staat wird - «erfolgreich, ohne Mafia».

Am Abend demonstrierten tausende Bulgaren für Petkow und dessen Reformbestrebungen.

Erste Risse in Petkows Regierungskoalition hatte es nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine Ende Februar gegeben. Trotz der starken Abhängigkeit Bulgariens von russischem Gas und Öl widersetzte sich Petkow der Forderung Moskaus, ein Rubelkonto für russisches Gas zu eröffnen - eine Reaktion auf die Sanktionen der Europäischen Union. Das Land sah sich als Reaktion darauf mit einer Kürzung der russischen Lieferungen konfrontiert.

Die erst Ende vergangenen Jahres gebildete bisherige Regierungskoalition war Anfang Juni zerbrochen, als die populistische ITN-Partei des Sängers Slawi Trifonow aus dem von Petkow angeführten Vierer-Bündnis ausstieg.

Trifonow hatte den Rückzug seiner Partei aus der Regierungskoalition in einer im Internet veröffentlichten Ansprache bekannt gegeben. «Mit dem heutigen Tag ziehe ich die Minister der ITN zurück und bereite dieser Koalition und dieser Qual ein Ende», sagte er damals. Den Schritt begründete er mit Meinungsverschiedenheiten der Koalitionäre über Haushaltsfragen und die Beziehungen zum benachbarten Nordmazedonien.

Ministerpräsident Petkow hatte zuletzt eine Politik der Annäherung an Nordmazedonien verfolgt und sich mit dessen Regierungschef getroffen. In Nordmazedonien verbanden sich mit dem Treffen Hoffnungen, dass Sofia seinen Widerstand gegen die EU-Beitrittsbestrebungen Skopjes aufgeben könnte. Die mögliche Aufnahme des Nachbarlandes in die EU ist in Bulgarien höchst umstritten.

Es war das erste erfolgreiche Misstrauensvotum in der demokratischen Geschichte Bulgariens. Präsident Radew hat nun drei Versuche, eine neue Regierung bilden zu lassen. Zunächst dürfte er Petkows Partei erneut beauftragen, bei einem Scheitern dann die Gerb-Partei. Scheitern auch sie und eine weitere Partei nach Radews Wahl, wird das Parlament aufgelöst. Neuwahlen müssen dann binnen zwei Monaten stattfinden. Es wäre bereits der vierte Urnengang seit vergangenem Jahr in dem Land mit 6,5 Millionen Einwohnern.

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