Im Ringen um eine Wahlrechtsreform fordern Oppositionsvertreter die Koalition zu neuen Verhandlungen auf.
Der Reichsratg ist der Sitz des Bundestags
Der Reichsratg ist der Sitz des Bundestags - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • FDP nennt Haltung von Union und SPD «Armutszeugnis».

In einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden der Koalition bitten die Fraktionschefs von FDP, Linken und Grünen um einen Gesprächstermin - «gerne auch kurzfristig». Der FDP-Wahlrechtsexperte Stefan Ruppert sprach Union und SPD am Mittwoch die Bereitschaft ab, überhaupt ernsthaft eine Lösung zu suchen.

In ihrem Brief an die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Ralph Brinkhaus (CDU) und Rolf Mützenich, beziehen sich FDP-Fraktionschef Christian Lindner, die Linke-Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch sowie die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter auf die Forderung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) nach einer Einigung in Sachen Wahlrechtsreform noch im Januar.

«Ein gemeinsamer Vorschlag unserer Fraktionen liegt als Gesetzentwurf vor», heisst es in dem am Dienstag verschickten Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. «Wir sind aber offen, über alternative Lösungen zu sprechen, gerne auch kurzfristig in dieser Woche.»

Die Unterzeichner hofften auf Nachricht, «ob wir mit einem gemeinsamen Termin in dieser Woche rechnen können». Sie baten Brinkhaus und Mützenich, sich vor der für Mittwochnachmittag angesetzten Aktuellen Stunde im Bundestag zur Wahlrechtsreform zu melden.

Die drei Oppositionsfraktionen hatten bereits im Oktober ihren gemeinsamen Reformvorschlag vorgelegt, der unter anderem weniger Wahlkreise als bislang vorsieht. Von Union und SPD gibt es bisher keine gemeinsame Position. Lediglich eine Gruppe von 24 Unionsabgeordneten legte Ende des Jahres einen Vorschlag vor, den sich die Koalition bisher aber nicht zu eigen machte.

FDP-Wahlrechtsexperte Ruppert sagte vor Journalisten in Berlin, es sei «ein Armutszeugnis, dass Union und SPD bis heute keinen Vorschlag vorgelegt haben». Schliesslich hätten alle Beteiligten seit der jüngsten Bundestagswahl zweieinhalb Jahre Zeit gehabt, das Problem anzugehen.

«Alles liegt auf dem Tisch», verschiedene Reformmodelle seien hinlänglich bekannt, sagte Ruppert. Dass es nun zu einer «High-Noon-Situation» mit Lösungsversuchen in letzter Minute komme, sei «bedauerlich».

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte der «Rheinischen Post», mit jedem weiteren Tag sinke die Wahrscheinlichkeit, dass eine Wahlrechtsreform noch gelingt. Das neue Gesetz müsse «spätestens am 24. März im Bundesgesetzblatt stehen», sonst habe die Reform vor der nächsten Bundestagswahl keine Chance mehr. «Sollte eine Einigung nicht mehr gelingen, dann haben das vor allem CDU und CSU zu verantworten», betonte Kubicki.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte in Berlin, die Sozialdemokraten wollten gemeinsam mit CDU und CSU zu einer Lösung kommen - «das ist aber sehr schwer». Die Union habe bei dem Thema keine einheitliche Position.

Schneider sagte, die SPD wolle einen «Deckel» für die Zahl der Bundestagsabgeordneten, damit das Parlament nach der nächsten Wahl nicht noch grösser werde. Die Zahl der Wahlkreise solle hingegen vorerst gleich bleiben. Über die Ausgestaltung des «Deckels» gebe es noch Gespräche.

Ruppert kritisierte diesen Ansatz. Eine reine Begrenzung der Abgeordnetenzahl beseitige keine der Ursachen für den übergrossen Bundestag, sagte er.

Aktuell gibt es 709 Bundestagsabgeordnete. Gesetzlich vorgesehen sind lediglich 598. Grund für das übergrosse Parlament sind vor allem Überhang- und Ausgleichsmandate.

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