Weiter Suche in London nach Wegen zu einem geordneten Brexit

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Grossbritannien,

In London suchen Regierung und Opposition unter Hochdruck nach einem Kompromiss, um einen Chaos-Brexit ohne Abkommen doch noch zu verhindern.

Kritik hagelt es sowohl für May wie auch für Corbyn
Kritik hagelt es sowohl für May wie auch für Corbyn - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Unterhändler von May und Corbyn beraten - Unterhaus stimmt für Aufschub.

Nach Angaben des Büros von Premierministerin Theresa May führten Unterhändler beider Seiten am Donnerstag «intensive Gespräche». Die britischen Abgeordneten hatten zuvor für einen neuen Aufschub des Austrittstermins votiert, um einen Chaos-Brexit zu verhindern. Die Brexit-Sorgen standen auch beim Irland-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ganz oben auf der Tagesordnung.

Die Gefahr, dass Grossbritannien am 12. April ohne ein Abkommen aus der EU austritt, ist nach wie vor nicht gebannt. Nachdem ihr mit Brüssel ausgehandeltes Brexit-Abkommen drei Mal im britischen Parlament durchgefallen war, hatte sich May am Mittwoch zu einem ersten Gespräch mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn getroffen, um einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Nach Angaben beider Seiten verlief das Treffen «konstruktiv», brachte aber noch keine konkreten Ergebnisse.

Um einen harten Brexit auszuschliessen, verabschiedete das britische Unterhaus am Mittwochabend ein Gesetz, das die Regierung zu einer Verschiebung des Austrittstermins über den 12. April hinaus verpflichtet. Die Vorlage passierte das Unterhaus mit denkbar knapper Mehrheit: 313 Abgeordnete votierten für den Text, 312 dagegen. Das Oberhaus muss dem Gesetz noch zustimmen.

May hatte bereits am Dienstag angekündigt, die EU um einen erneuten Aufschub des Brexits über den 12. April hinaus zu bitten. Ihr Plan ist es, den Termin auf den 22. Mai zu verschieben und damit rechtzeitig vor Beginn der Wahlen zum Europaparlament. Eine Teilnahme ihres Landes an den Wahlen will sie vermeiden.

Die EU hat für den 10. April einen weiteren Sondergipfel zum Brexit angesetzt. Ob sie einer neuerlichen kurzfristigen Verschiebung des britischen Ausstiegs zustimmen wird, ist ungewiss. Sie könnte May auch dazu zwingen, eine deutlich längere Frist zu akzeptieren. Falls sich beide Seiten nicht einig werden, stünde auch die Option eines ungeordneten Brexits am 12. April erneut im Raum.

Ob es May und Corbyn gelingen wird, sich auf einen Kompromiss zu einigen, ist angesichts des heftigen Widerstands in ihren eigenen Lagern und ihrer bisher völlig gegensätzlichen Positionen fraglich. Vertreter beider Seiten deuteten nach dem Treffen vom Mittwoch gegenüber der «Times» eine gewisse Ernüchterung an. Ein Regierungsverterter sagte der Zeitung, Mays Regierung halte ein Scheitern der Gespräche für wahrscheinlicher als eine Einigung.

Der EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, begrüsste die Gespräche. «Es ist an der Zeit für Entscheidungen», schrieb er bei Twitter. Vize-EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans sagte der «Welt», es wäre «ausserordentlich wichtig», dass sich May und Corbyn über die Grundsätze der künftigen Beziehungen zur EU einigten und der Austrittsvertrag im Unterhaus «endlich verabschiedet» werde.

Merkel sicherte den Iren bei ihrem Besuch in Dublin ihre Unterstützung für eine offene Grenze zum britischen Nordirland zu. «Ich persönlich komme aus einem Land, das viele Jahre durch eine Mauer getrennt war. Ich habe 34 Jahre hinter dem Eisernen Vorhang gelebt. Ich weiss, was es bedeutet, wenn Mauern fallen, wenn Grenzen verschwinden», sagte Merkel nach ihrem Treffen mit dem irischen Regierungschef Leo Varadkar.

Viele Iren befürchten, dass durch den Brexit wieder eine «harte» Grenze zu Nordirland und damit auch neue Gewalt entstehen könnte. Das Karfreitagsabkommen von 1998, das den jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt beendet hatte, sieht eine Grenze ohne Kontrollen vor.

Das Karfreitagsabkommen müsse daher «weiter gelten» und auch die Integrität des europäischen Binnenmarktes müsse gewahrt bleiben, sagte Merkel. «Wir wollen bis zur letzten Stunde alles tun, um einen ungeregelten Austritt Grossbritanniens abzuwenden.»

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