Angesichts hunderter obdachloser Flüchtlinge im Nordwesten Bosniens hat sich die Europäische Union besorgt geäussert.
Flüchtlinge verlassen das Camp Lipa am 29.12.2020
Flüchtlinge verlassen das Camp Lipa am 29.12.2020 - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Pro Asyl fordert EU-Staaten zum Handeln auf.

«Die Situation ist vollkommen inakzeptabel», sagte der EU-Sondergesandte für Bosnien, Johann Sattler, am Samstag nach einem Treffen mit dem bosnischen Sicherheitsminister Selmo Cikotic. Derweil kritisierte am Sonntag die Organisation Pro Asyl in einer Mitteilung die EU und ihre Mitgliedstaaten für ihr «Totalversagen» in der Krise.

Sattler fügte hinzu, dass das Leben und die Grundrechte von hunderten Menschen «ernsthaft in Gefahr» seien. Die EU teilte mit, die Situation sei «extrem besorgniserregend»; eine Lösung müsse dringend gefunden werden.

Das ehemalige Flüchtlingslager bei Lipa war am 23. Dezember durch einen Grossbrand zerstört worden. Die Infrastruktur des Lagers wurde dabei vollständig von den Flammen vernichtet. Die Polizei geht davon aus, dass ehemalige Bewohner das Lager anzündeten, um gegen eine Entscheidung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zu protestieren.

Die Helfer der IOM hatten sich einen Tag vor Heiligabend aus dem Lager zurückgezogen, da es nicht ausreichend mit Strom, Wasser und Heizwärme versorgt wurde. Das Camp in Lipa war im April als provisorische Unterkunft eingerichtet worden. In dieser Gegend gibt es nun keine andere reguläre Unterkunft für die Flüchtlinge mehr.

Der EU-Gesandte wurde bei seinem Treffen mit dem bosnischen Minister von den Botschaftern Deutschlands, Österreichs und Italiens begleitet. Bei dem Gespräch wurden nach EU-Angaben Notfallmassnahmen für die unter Kälte und Schnee leidenden Flüchtlinge erörtert.

Die Organisation Pro Asyl erklärte, in «Zelten vor den Toren der EU» gebe es «keine Chance auf Schutz und Asyl». In einer Mitteilung forderten die Aktivisten, die Grenzen zu öffnen und die «frierenden Menschen» in der EU aufzunehmen. Zudem riefen sie dazu auf, die Flüchtlinge «sofort» in eine Notunterkunft in Bihac zu verlegen.

Die EU-Kommission und die IOM fordern die Wiedereröffnung eines Flüchtlingslagers in einer verlassenen Fabrik in Bihac, doch die örtlichen Behörden sperren sich dagegen. Vergangene Woche hatten die Behörden versucht, die Flüchtlinge mit Bussen in eine ehemalige Kaserne im Süden des Landes zu bringen. Die Flüchtlinge konnten die Busse an ihrem Zielort jedoch nicht verlassen, da Anwohner dort gegen ihre Ankunft protestierten.

Pro Asyl warnte auch, dass der interne Machtkampf der deutschen CDU um den Vorsitz die Reaktion der Politik auf die Krise lähmen könnte. Zuvor hatte sich der CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz gegen eine Aufnahme der Flüchtlinge ausgesprochen. Die Organisation charakterisierte dies als «Provokation» eines «CDU-Hardliners».

Bosnien liegt auf der sogenannten Balkanroute, die seit 2018 von zehntausenden Flüchtlingen genutzt wurde. Sie fliehen vor Krieg und Armut aus dem Nahen Osten, Asien und Afrika nach Westeuropa. In Bosnien leben derzeit etwa 8500 Flüchtlinge.

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