Bei der internationalen Geberkonferenz für Syrien ist deutlich weniger Geld eingesammelt worden als von der UNO erhofft.
Bürger im kriegszerstörten Syrien
Bürger im kriegszerstörten Syrien - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zusagen von 6,4 Milliarden Dollar - Deutschland leistet grössten Beitrag.

Die beteiligten Staaten wollen insgesamt 6,4 Milliarden Dollar bereitstellen, wie die EU am Dienstag zum Abschluss der Konferenz in Brüssel mitteilte. Die Zusagen lagen damit weit unter dem von der UNO ausgegebenen Ziel von zehn Milliarden Dollar. Deutschland leistete mit 1,7 Milliarden Euro den grössten finanziellen Beitrag.

Von den Hilfsgeldern seien 4,4 Milliarden Dollar für das laufende Jahr vorgesehen, sagte der EU-Kommissar für Krisenhilfe, Janez Lenarcic. Die übrigen zwei Milliarden Dollar sollen ab 2022 verwendet werden. Neben den Hilfsgeldern sagten internationale Finanzinstitutionen und Geldgeber nach EU-Angaben zinsgünstige Kredite in Höhe von sieben Milliarden Dollar zu.

Die Hilfsorganisation Oxfam äusserte sich enttäuscht über das Ergebnis der Konferenz. Es hätten sich die Befürchtungen bestätigt, «dass die Geldgeber nicht die Rufe der Millionen Syrer hören, die ihre Häuser verlassen mussten und deren Leben durch den zehnjährigen Konflikt zerstört wurden», erklärte die NGO.

Die Zusage Deutschlands machte fast ein Drittel der bei der Konferenz angekündigten Finanzhilfen aus. Weitere wichtige Geldgeber sind Frankreich mit 560 Millionen Euro und die USA mit umgerechnet gut 500 Millionen Euro.

«Die syrische Tragödie darf nicht noch ein weiteres Jahrzehnt fortdauern», sagte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) per Videobotschaft. Die Hilfen Deutschlands seien daher «bitter nötig». Die Führung in Damaskus rief er zu ernsthaften Bemühungen zur Befriedung des Landes auf. Machthaber Baschar al-Assad und seine internationalen Unterstützer müssten «endlich begreifen», dass die Lösung nur in einem «ernsthaften Engagement im Rahmen internationaler Diplomatie» liegen könne.

Die zweitägige Video-Konferenz wurde von der UNO und der EU organisiert. Nach EU-Angaben nahmen 77 Delegierte aus mehr als 50 Ländern an der fünften Ausgabe der Veranstaltung teil.

Den Bedarf an Hilfen hatte die UNO auf 8,5 Milliarden Euro (rund zehn Milliarden Dollar) beziffert. Sie verweist auf die wegen der Corona-Pandemie noch schlechtere Lage von Millionen Vertriebenen. 4,2 Milliarden Dollar sind demnach für humanitäre Hilfe in Syrien selbst nötig. Weitere 5,8 Milliarden Dollar würden gebraucht, um Flüchtlinge zu unterstützen, die in Nachbarländer in der Region geflohen seien.

«Zehn Jahre lang haben die Syrer Tod, Zerstörung, Vertreibung und Entbehrung ertragen», sagte UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Videobotschaft. Und trotz nachlassender Kämpfe werde es «eher schlimmer als besser». Demnach sind mit über 13 Millionen Syrern 20 Prozent mehr auf humanitäre Hilfe angewiesen als im vergangenen Jahr.

2020 hatte die Geberkonferenz Hilfszusagen von insgesamt 6,9 Milliarden Euro erbracht. Zwei Drittel der Zusagen kamen damals aus der EU, alleine 1,6 Milliarden Euro aus Deutschland. Die EU selbst steuerte in diesem Jahr nach Angaben ihres Aussenbeauftragten Josep Borrell jeweils 560 Millionen Euro für 2021 und 2022 aus dem Gemeinschaftshaushalt bei.

Seit dem Beginn des Syrien-Konflikts 2011 wurden mehr als 388.000 Menschen getötet. 6,7 Millionen Menschen wurden nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) im Land selbst vertrieben. Weitere 6,6 Millionen Syrer flohen ins Ausland. 5,6 Millionen von ihnen befinden sich in Nachbarländern wie der Türkei, Libanon und Jordanien. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 waren hunderttausende Menschen aus Syrien auch nach Europa geflüchtet.

Die von Russland unterstützten Regierungstruppen haben mittlerweile den grössten Teil des Landes zurückerobert. Während Moskau Assad zum Sieger erklärt hat, bestehen die USA und ihre europäischen Verbündeten darauf, eine politische Lösung des Konflikts zu finden und schwere Verbrechen zu ahnden.

«Ohne Gerechtigkeit kann es keinen Frieden geben und auch keine politische Lösung», sagte der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian. Solange die syrische Regierung weiter lediglich zur Instabilität in der Region beitrage, werde es seitens Frankreichs und der EU weder Hilfe für den Wiederaufbau, noch eine Normalisierung der Beziehungen oder Lockerungen von Sanktionen geben.

Der Vorsitzende des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, kritisierte diesen Ansatz. «Ohne Frieden will man im Westen keinen Wiederaufbau finanzieren. Wir sind in dieser Logik gefangen.»

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