Grossbritanniens Parlament hat sich am Mittwoch für einen wichtigen Teil der von London und der EU ausgehandelten Post-Brexit-Einigung für Nordirland ausgesprochen.
Abgeordnete im Parlament in London am 22. März
Abgeordnete im Parlament in London am 22. März - PRU/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • London kann Einigung trotz konservativer Widerständler vorantreiben.

515 Abgeordnete stimmten für die «Stormont-Bremse», 29 Parlamentarier votierten dagegen. Somit kann die britische Regierung das Vorhaben trotz des Widerstands von Ex-Premier Boris Johnson und anderen konservativen EU-Skeptikern gegen den Mechanismus vorantreiben. Für Freitag sind dazu weitere Gespräche des britischen Aussenministers James Cleverly mit EU-Vize-Kommissionspräsident Maros Sefcovic geplant.

Die Einigung zwischen London und der EU, das «Rahmenabkommen von Windsor», soll Frieden auf der irischen Insel garantieren und zugleich für einen leichteren Warenverkehr sorgen. Die kürzlich getroffene Vereinbarung stellt eine Neufassung des Nordirland-Protokolls dar, das Johnson seinerzeit mit der EU vereinbart hatte, das aber von den pro-britischen Unionisten in Nordirland vehement abgelehnt wird.

Zu dem neuen Kompromiss gehört der Mechanismus der «Stormont-Bremse», der vor allem die grösste unionistische Partei Democratic Unionist Party (DUP) besänftigen soll. Die DUP hatte die Regionalregierung im Streit um das Nordirland-Protokoll vor rund einem Jahr platzen lassen.

Benannt nach dem Sitz der dezentralen Regierung in Belfast, handelt es sich bei der «Stormont-Bremse» um eine Art Einspruchsrecht für das nordirische Regionalparlament. Es kann damit die Anwendung von neuem EU-Recht in Nordirland blockieren, wenn eine Gruppe von Abgeordneten einen formellen Antrag auf Einspruch stellt.

Unter dem Nordirland-Protokoll, das Teil des Brexit-Abkommens ist, bleibt Nordirland trotz des britischen EU-Austritts de facto Teil des europäischen Binnenmarktes. Damit muss sich die Region an einige EU-Regularien halten, die sonst nirgends im Vereinigten Königreich gelten.

Den Unionisten geht die neue Regelung mit dem Einspruchsrecht allerdings auch noch nicht weit genug. Sie lehnt die «Stormont-Bremse» ab, da sie ihrer Ansicht nach nicht genügend Garantien für die Souveränität Nordirlands gegenüber den EU-Regeln gibt.

DUP-Chef Jeffrey Donaldson erklärte in einer Debatte vor der Abstimmung am Mittwoch, das Rahmenabkommen löse die Bedenken bezüglich der Fähigkeiten Nordirlands nicht auf, mit dem Rest Grossbritanniens uneingeschränkt Handel treiben zu können. «Bis dies geklärt ist, kann ich der Regierung nicht zusagen, dass wir die politischen Institutionen wiederherstellen werden», sagte Donaldson.

Zugleich könnte das Abstimmungsergebnis von Mittwoch auch die politische Autorität des konservativen Premierministers Rishi Sunak infrage stellen. 22 Abgeordnete seiner Tory-Partei, darunter die früheren Regierungschefs Boris Johnson und Liz Truss, stellten sich gegen die «Stormont-Bremse». 48 stimmten nicht ab. Johnson hatte kritisiert, Nordirland bleibe mit dem Kompromiss «in der EU-Rechtsordnung gefangen».

Trotzdem war der Ausgang der Abstimmung erwartungsgemäss – die Mehrheit der Konservativen sowie die oppositionelle Labour-Partei hatten ihre Unterstützung angekündigt.

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